David Wagner: "Ich habe zu keinem Zeitpunkt gezweifelt“

Seit 2011 ist David Wagner Trainer der U23 von Borussia Dortmund. In seinem ersten Jahr schaffte er mit dem BVB II den Aufstieg in die Dritte Liga. In den vergangenen beiden Spielzeiten gelang es ihm mit seinem Team der Klassenerhalt. Dies wollen die Schwarzgelben auch in diesem Jahr erreichen. Im Gespräch mit liga3-online.de verrät Wagner, was das Besondere an der Arbeit beim BVB ist, woran in der Länderspielpause gearbeitet werden soll und warum die Fans ein wichtiger Faktor bei Vertragsverhandlungen sind.

liga3-online.de: Herr Wagner, wie erleichtert sind Sie, dass die Sieglos-Serie gegen Cottbus endlich ein Ende gefunden hat?

David Wagner: Um das zu fühlen, was wir nach dem Cottbus-Spiel gefühlt haben, muss man eine solche Durststrecke selbst einmal mitgemacht haben. Es war keine einfache Zeit, wir haben zwölf Spiele in Folge nicht gewonnen. So eine Erfahrung wird den Jungs aber für ihre Laufbahn helfen. Sie wissen jetzt, dass nicht immer nur die Sonne scheint, sondern, dass es auch mal bewölkt und regnerisch wird. In solchen Phasen muss man beharrlich bleiben, das zahlt sich irgendwann aus.

Hatten Sie zwischenzeitlich Zweifel, noch der richtige Trainer für die Mannschaft zu sein?

Nullkommanull, ganz im Gegenteil: Es waren auch in den vergangenen Wochen viele gute Spiele dabei, nur die Ergebnisse stimmten nicht. Die Dritte Liga ist eng, das hat auch die Begegnung gegen Cottbus gezeigt. Gezweifelt habe ich zu keinem Zeitpunkt.

Die Situation war vergleichbar mit der von Jürgen Klopp, der sich jüngst in der Öffentlichkeit dafür bedankt hat, dass der Verein ruhig geblieben ist und ihm weiter das uneingeschränkte Vertrauen geschenkt hat…

Das ist der große Vorteil beim BVB II, es ist etwas ruhiger und die branchenüblichen Mechanismen greifen hier vielleicht weniger. In der ersten oder zweiten Liga wäre es unwahrscheinlich, dass man nach zwölf sieglosen Partien in Serie noch Trainer ist. Die handelnden Personen im Verein können unsere Situation schon einschätzen, und wissen, was Dritte Liga heißt. Wir lassen uns nicht aus der Bahn werfen, solche Serien sind nicht unser Thema. Kiel hatte in der vergangenen Saison auch eine Phase, in der sie 13 Spiele hintereinander nicht gewonnen haben. Am Ende haben sie trotzdem die Klasse gehalten. Ich glaube, dass diese Ruhe und Kontinuität uns auch auszeichnet und von anderen abhebt.

Hat der 5:1-Kantersieg gegen Regensburg  vor drei Monaten im Nachhinein vielleicht sogar eher geschadet? Nach diesem Spiel begann die Krise.

Ich denke nicht, dass das Regensburg-Spiel ausschlaggebend für die anschließende Krise war. Die Probleme lagen in anderen Bereichen. Wir hatten viele Verletzungsprobleme und viele Spieler durchliefen altersbedingte Formschwankungen.

Zwischenzeitlich mussten einige Spieler den Bundesliga-Kader ergänzen. Sind Sie froh darüber, dass Sie keine Spieler mehr abgeben müssen und somit wieder mehr Alternativen haben?

Ich wollte diesen Punkt ganz bewusst nicht als Grund für unsere Krise anführen, denn in erster Linie ist es ja unsere Aufgabe, die Talente an die „Profis“ heranzuführen. Wir freuen uns immer, wenn es jemand schafft. Klar, wenn Klopp jemanden von uns braucht, dann sind das auch nicht die Blindesten, die Qualität dieser Spieler fehlt dann bei uns schon.

Wegen der Länderspielpause haben Sie mit der Mannschaft jetzt 14 Tage Zeit. Worauf liegt der Fokus im Training?

Wir wollen diese Gelegenheit nutzen, um den einen oder anderen wieder näher an die erste Elf zu bringen. Jeremy Dudziak und Nick Weber waren mit Verletzungen lange raus, nun wollen wir sie wieder integrieren. Sowohl an unserem Spiel in Ballbesitz als auch gegen den Ball können wir noch Verbesserungen vornehmen. Wir stehen recht weit unten in der Tabelle, da  gibt es für uns viel zu tun. Natürlich ist nach dem Sieg gegen Cottbus das Lächeln im Gesicht zurück.

Stürmer Tim Väyrynen kam mit der Empfehlung als Torschützenkönig der finnischen Liga im  Januar zum BVB. Nach einer Anpassungszeit in der vergangenen Rückrunde sollte er diese Saison durchstarten, stattdessen muss er häufig um seinen Kaderplatz fürchten. Wenn er auf dem Platz steht, wirkt er wie ein Fremdkörper. Woran liegt das?

Das Problem liegt darin, dass unsere Spielidee nicht optimal auf die Qualitäten von Väyrynen zugeschnitten ist. Unsere Spielweise ist nicht dominant, wir kombinieren eher und leben vom schnellen Umschaltspiel. Tim bräuchte Flanken von außen, um seine Stärken einzubringen. Leider prallen da momentan zwei Philosophien aufeinander, sodass er es aktuell nicht leicht hat, bei uns ins Spiel zu finden. Wir müssen versuchen, seine Qualitäten mehr einzubringen und ihn mehr in Szene zu setzen.

Erwarten Sie mehr Einsatz im Training von ihm?

Tim muss unsere Art Fußball zu spielen weiter verinnerlichen. Dieser Prozess dauert leider etwas länger als erwartet. Er ist ein guter Junge, dem ich eigentlich wenig vorzuwerfen habe. Wir haben die Hoffnung, dass er sich unserem Stil anpassen kann. Er ist ein junger Spieler, der sich noch entwickeln kann.

Sehr zufrieden dürften Sie hingegen mit den Leistungen von Tammo Harder sein. Nach 17 Spielen hat er bereits 13 Scorerpunkte auf dem Konto. Wie bewerten Sie seine Entwicklung?

Tammo hat bereits in der vergangenen Saison ,seiner ersten bei den Senioren, acht Tore erzielt. Er ist ein intelligenter Spieler, verfügt über eine gute Grundlagenausdauer sowie über eine gute Qualität im Torabschluss. Tammo Harder hat ein großes Potenzial, doch auch er kann sich noch in vielen Bereichen verbessern.

Wie schwer wiegt der Ausfall von Joseph Claude Gyau und wann rechnen Sie mit seiner Rückkehr?

Dass Gyau ausfällt, tut natürlich weh. Er ist beeindruckend in die Saison gestartet, egal ob bei uns, bei den Profis oder in den Länderspielen mit den USA unter Jürgen Klinsmann. Leider kam dann die Verletzung. Wenn er zurück ist, dann wird es sich fast anfühlen, als sei er ein Neuzugang. Die Operation ist aber gut verlaufen, auch die Reha schlägt gut an. Wir hoffen, dass er noch in diesem Jahr wieder zum Einsatz kommen kann.

Für Marvin Ducksch, der den BVB II in der letzten Saison zum Klassenerhalt geschossen hatte, läuft es in Paderborn noch nicht rund. Stehen Sie mit ihm in Kontakt und geben Tipps?

Ja, wir schreiben uns immer mal wieder SMS. „Duckschi“ macht gerade eine normale Entwicklung für einen jungen Spieler durch. Er muss da jetzt dranbleiben, beißen und seine Chancen nutzen. Marvin ist außer Frage ein herausragendes Talent. Ich werde seinen Werdegang mit Spannung verfolgen.

Der SC Paderborn wird am folgenden Samstag Gegner der Mannschaft von Jürgen Klopp. Sie kennen viele Spieler wie Bakalorz, Ducksch oder Vrancic von den Amateuren. Hat Klopp Sie schon um Rat gefragt?

Nein, Jürgen Klopp kennt die Jungs ja genauso gut wie ich. Die Verantwortlichen in Paderborn haben offensichtlich ein gutes Auge. Auf der anderen Seite zeichnet es unsere gute Arbeit mit der zweiten Mannschaft aus. Ich wünsche ihnen alles Gute, nur nicht in denen zwei Spielen gegen unsere „Profis“, da sollen die Punkte schon hierbleiben.

Sie haben vor einem Jahr gleich bis 2017 verlängert. Haben Sie nicht das Verlangen, einmal einen höherklassigen Verein zu coachen?

Nein, derzeit nicht. Ich fühle mich total wohl in Dortmund. Ich bin glücklich mit meiner Aufgabe hier. Es ist die Jobzufriedenheit, über die ich mich definiere und nicht die Liga, in der ich eine Mannschaft trainiere. Ich hatte bereits Optionen, höherklassige Teams zu trainieren, aber aktuell bin ich froh hier zu sein.

Der Abstiegskampf droht erneut lang zu werden. Wie wichtig wird da die Unterstützung der Fans?

Wir sind super glücklich über die außergewöhnliche Unterstützung der Fans. Wenn es keine Parallel-Ansetzung gibt, sind bei uns regelmäßig 3.000 Zuschauer. Die Atmosphäre bei unseren Spielen ist auch ein Grund, warum ich mich hier so wohlfühle. Selbst bei Vertragsverhandlungen sind die Fans ein wichtiger Trumpf für uns, da wir vom Fan-Zuspruch keine „normale“ zweite Mannschaft ist. Das kommt an. Leider hat die sinnlose Aktion von einigen Fans gegen Rostock dem DFB Argumente für Parallel-Ansetzungen geliefert. Wir hoffen, dass es nicht zu viele werden, um weiter die tolle Unterstützung erfahren zu können.

Mit den Teams aus Dresden, Münster, Erfurt, Kiel und Wehen warten bis zur Winterpause ausschließlich Gegner aus dem oberen Tabellenbereich auf den BVB II. Wie lautet die Zielsetzung bis Weihnachten?

Jetzt müssen wir erstmal nach Dresden. Wir wollen Dynamo vor Aufgaben stellen, die so groß sind, dass sie keine Lösungen parat haben. Wir freuen uns auf das absolute Auswärts-Highlight der Saison. Unser Ziel ist es, einen Überraschungscoup zu landen und die drei Punkte mitzunehmen. Alles, was danach kommt, wird man dann sehen.

Vielen Dank für das Interview!

 

FOTOS: FU Sportfotografie // ef-pixx.de

   

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