BVB II meldet sich mit perfekter Minute im Abstiegskampf zurück
Es waren die wohl spektakulärsten 60 Sekunden der Saison für Dortmunds Zweitvertretung: Als Torhüter Zlatan Alomerovic in der 76. Spielminute den durchgebrochenen Hachinger Lucas Hufnagel per Notbremse stoppt, scheint die Saison endgültig gelaufen. Der BVB-Keeper fliegt mit Rot vom Platz, die Gäste bekommen mit dem Elfmeter die Chance auf den 1:0-Führungstreffer. Jetzt ist Ersatzkeeper Bonmann gefordert, dem Nikolaos Ioannidis noch mit einer innigen Umarmung Mut zuspricht. Mit Erfolg. Bonmann pariert. Doch die Szene läuft weiter: Kefkir nimmt den Ball auf, spielt auf den Flügel zu Ioannidis, der gibt die Kugel flach herein, wo Tammo Harder goldrichtig steht und das Leder über die Linie grätscht. Spiel gewonnen. Der schon totgeglaubte „Patient“ BVB meldet sich zurück im Abstiegskampf.
"Dafür spiele ich Fußball“
"Das sind Sachen, von denen träum ich nachts, und wenn ich davon träume, dann kriege ich eine Gänsehaut. Dafür spiele ich Fußball und arbeite mein Leben lang. Es gibt nichts Geileres als diesen Moment hier", so ein strahlender Hendrik Bonmann. Dortmunds Held des Tages konnte sich nach dem Schlusspfiff vor Glückwünschen kaum retten. Selten zuvor in seiner Karriere stand er dermaßen im Mittelpunkt. Kraft gekostet hat die nervenaufreibende Schlussphase aber auch den „Dortmunder Jungen“ wie Bonmann sich selbst beschreibt. "Ich bin von den zehn Minuten spielen fix und fertig. Ich glaube, ich lasse mich erst mal eine Woche krankschreiben“, witzelte er nach der Partie.
„Das war für uns ein Endspiel“
Auch Tammo Harder wusste um die Bedeutung des Sieges für den Saisonendspurt. "Das war ein Befreiungsschlag“, meinte Harder nach dem Spiel. "Jetzt sind wir punktgleich mit Unterhaching und haben noch drei Punkte auf Mainz II“, sieht der Siegtorschütze der Borussia wieder deutlichere bessere Chancen, die Klasse zu halten. Harder hofft zudem, dass die Torflaute der Schwarzgelben endlich ein Ende hat: „In letzter Zeit haben wir ja generell nicht so viele Tore geschossen. Auch in der ersten Halbzeit wollten die Bälle einfach nicht reingehen, auch bei dem Lattentreffer (Anmerkung: Stankovic/11.). Ich hoffe, jetzt ist der Knoten auch mal geplatzt und die Bälle gehen wieder einfacher rein“, so noch einmal Harder, der seinen zehnten Saisontreffer markierte. Kapitän Marc Hornschuh bestätigte die Aussagen seines Teamkollegen: "Das war genau das, was wir gebraucht haben, geil das `Henne` (Anmerkung: Hendrik Bonmann) den Elfer hält. Direkt im Gegenzug machen wir das Tor. Ich würde sagen, das war ein Zeichen und jetzt muss es weitergehen.“ Hornschuh wird den Verein am Saisonende verlassen und zum FSV Frankfurt wechseln. Mit dem Klassenerhalt will er sich aus Dortmund verabschieden. Die Chance ist seit Sonntagnachmittag definitiv wieder etwas größer. "Das war für uns ein Endspiel, wir haben das vorher in der Woche gesagt, dass wir das Spiel als Endspiel sehen und gewinnen müssen. Egal wie, wir haben es gemacht", zeigte sich Hornschuh erleichtert.
Verein steht zusammen
An diesem Sonntagnachmittag zeigte sich auch noch einmal der Stellenwert der „Amateure“ für den gesamten Verein. 2.785 Zuschauer waren in die Rote Erde gekommen. Während woanders den Zweitvertretungen wenig Aufmerksamkeit auch im eigenen Klub zuteilwird, stehen bei Borussia Dortmund alle zusammen und hoffen auf den Klassenerhalt. In Großkreutz und Ginter standen erneut zwei Weltmeister auf dem Feld und in Person von Mats Hummels und Erik Durm sahen zwei weitere bei rund 15 Grad und bestem Fußballwetter von der Tribüne aus zu. Auch Profi-Coach Jürgen Klopp machte sich in der Roten Erde ein Bild vom Nachwuchs und sah dabei auch Jeremy Dudziak zu, der einen Tag zuvor noch in Gladbach in der Bundesliga zum Einsatz kam. Die dramatischen Sekunden, in denen der BVB II erst der K.o. für die ganze Saison drohte und dann zurückschlug, dürften ganz nach dem Geschmack von Klopp gewesen sein. Es scheint, als hätte die Emotionalität Klopps auf die komplette Haupttribüne abgefärbt, denn was es nach dem gehaltenen Strafstoß in der Roten Erde für ein Alarm auf den Rängen gab, hatte es zuvor hier lange nicht gegeben. Als Kefkir den Ball nach dem Strafstoß aufnahm und ihn zum Griechen Ioannidis weiterleitete, wurde dieser regelrecht nach vorne gebrüllt – mit Erfolg: Ioannidis tankte sich durch und Harder drückte den Ball über die Linie. Was folgte, war ein Ausnahmezustand auf den Rängen.
Der Glaube ist zurück
Bei einer Heimniederlage gegen Unterhaching wären der Abstieg wohl so gut wie besiegelt gewesen, doch mit dem knappen 1:0-Sieg ist die Dortmunder Reserve wieder mittendrin im Kampf um den Klassenerhalt. 29 Punkte hat die Borussia (18.) und liegt damit drei Zähler hinter dem FSV Mainz II (17.) auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz. Leicht wird der Klassenerhalt bei vier Auswärtsspielen aus sechs ausstehenden Partien zwar trotzdem nicht, doch das Einzige, was nach den 90 Minuten gegen Unterhaching für alle Schwarzgelben zählte: Der Glaube an die eigene Stärke ist nach zuvor zehn sieglosen Spielen mit dem zweiten Rückrunden-Sieg zurück.