Alles, was ihr zum 1. Spieltag wissen müsst

Fast die halbe Liga will den Aufstieg, die andere Hälfte muss mindestens einmal aufpassen, im kommenden Sommer nicht wieder aus dem Profifußball verschwunden zu sein: Es sind tolle Vorzeichen vor der bereits 15. Drittliga-Saison. Wie bewährt blicken wir gemeinsam mit Euch auf die Spieltage der Saison 2022/23 – und nehmen dabei ausgewählte Partien in den besonderen Fokus.

Die Ausgangslage

Alles auf Null! Der heutige Donnerstag ist zugleich der letzte ohne Vorteile und Lasten, die durch die Saison geschoben werden müssen. 20 Mannschaften auf dem Papier gleichauf und doch so verschieden. Denn wer sich als Aufstiegskandidat herauskristallisiert, ist zumindest für die Trainer der Teams ziemlich klar: 19 von 19 Übungsleitern – Dresdens Coach Markus Anfang wollte sich nicht festlegen – nannten in der Umfrage bei liga3-online.de die SGD als Favoriten, dahinter fanden sich mit Ingolstadt (13 Nennungen) und Erzgebirge Aue (10 Nennungen) die weiteren Absteiger. Erster und einziger bewährter Drittligist, der regelmäßig von den Experten genannt wurde, war 1860 München. Das passt, denn so offensiv wie die Löwen sprach vor dem Auftakt kein anderer über die Aufstiegsmission. Kaum bis gar nicht genannt wurden der 1. FC Saarbrücken, der VfL Osnabrück und Waldhof Mannheim. Doch auf der Rechnung haben sollte man diese ebenso wie den SV Wehen Wiesbaden, oder wird es ein Überraschungsteam wie der mächtige Aufsteiger Rot-Weiss Essen?

Und wie oft haben wir zugleich erlebt, dass mindestens einer der Genannten böse stolpert, sich in jenem Schicksal wiederfindet, das eine Reihe anderer Klubs von vornherein einplant: nah am Tabellenende zu stehen und gegen den Abstieg zu kämpfen. Die Aufsteiger Bayreuth und Oldenburg, der SC Verl, der SV Meppen und der FSV Zwickau gelten als heiße Kandidaten, sie alle müssen über sich hinauswachsen. Und auch Freiburg II, der MSV Duisburg sowie der Hallesche FC sollten vorgewarnt sein, gerade MSV und HFC wissen aus jüngerer Vergangenheit, wie schnell der Absturz eintreten kann. Beide schrammten im Mai haarscharf am Abstieg vorbei.

 

Fünf Spiele im Fokus

Die Eröffnung: VfL Osnabrück gegen den MSV Duisburg

Ein feiner Zug des DFB war es, diese attraktive Partie erneut für den Saisonauftakt anzusetzen, nachdem die Eröffnung der Saison 2021/22 wegen eines Corona-Ausbruchs beim MSV vertagt werden musste – im Nachholspiel siegte Duisburg an der Bremer Brücke mit 1:0. Und auch das Rückspiel schrieb ja ungewöhnliche Schlagzeilen: Erst der vermeintliche Rassismusvorfall um Aaron Opoku, der sich nach umfangreichen Ermittlungen nicht bestätigte, die Absage des Spiels beim Stand von 0:0 blieb natürlich bestehen. Im Wiederholungsspiel zog der VfL über die Duisburger her, siegte spektakulär mit 6:3.

Irgendwo dazwischen wird sich das Ergebnis am Freitagabend auch einpendeln, die bessere Vorbereitung hatten gewiss die Lila-Weißen, weil bei Duisburg sehr wenig zusammenlief und der Kader gegenüber dem schlimmen Vorjahr kaum an Qualität gewonnen hat. Doch auch Osnabrück, das sich des gewohnten Zuschauervorteils im engen Stadion erfreuen kann, hat Personalprobleme: Verteidiger Maurice Trapp hat Corona, Timo Beermann ist just nach langer Verletzungspause zurück. Zudem drohen auch Lukas Kunze und Oliver Wähling auszufallen. In der zentralen Defensive muss also experimentiert werden – vielleicht ist das die Zebra-Chance.

Das erste Derby: VfB Oldenburg gegen den SV Meppen

12.000 Zuschauer waren dabei, als der VfB Oldenburg gegen den BFC Dynamo in die 3. Liga aufstieg. Und natürlich war darunter eine geraume Anzahl derer, die primär wegen des Ereignisses kamen, nicht wegen einer spontanen Liebe zum Drittliga-Neuling aus dem hohen Norden. Das spürt dieser nun vor dem wohl attraktivsten Spiel der Saison, dem Auftaktderby gegen den SV Meppen. Bis Mittwoch waren nach Angaben der "Nordwest-Zeitung" gut 6.000 Karten verkauft, einiges wird noch dazukommen. Doch könnte, nein sollte dieses außergewöhnliche Premierenspiel nicht ausverkauft sein?

40 Mal gab es dieses brisante Spiel in der Historie, und man staunt nicht schlecht: Die letzten vier hat der VfB allesamt gewonnen (11:1 Tore), darunter auch beide Duelle in Meppens Aufstiegsjahr 2016/17. Es gibt also einen Auftrag zur Wiedergutmachung für den neuen SVM-Trainer Stefan Krämer. Und wo wir schon beim Stichwort sind: Schon am darauffolgenden Mittwoch steigt die "Revanche" im Niedersachsenpokal, dann in Meppen. Mal gucken, wer sich dann bei wem rächen will…

Spitzenspiel in Sachsen: Dynamo Dresden gegen 1860 München

Der Terminus "Spitzenspiel" ist sicherlich ein gewagter – noch weiß niemand so genau, ob Dynamo Dresden und 1860 München tatsächlich einmal ganz oben mitmischen werden. Doch die Chancen, dass zumindest einer der beiden um den Aufstieg mitmischen wird, ist sehr groß. Erwarten werden darf beim live in der ARD übertragenen Kräftemessen der Schwergewichte nicht nur ein rappelvolles Rudolf-Harbig-Stadion, sondern auch feiner Fußball. Hier könnte der TSV einen Vorteil haben: Er ist eingespielt und weiß aus dem Vorjahr, wie dominanter Fußball in der 3. Liga funktioniert.

Allerdings gibt es durchaus Fragezeichen, Abgänge wie Dennis Dressel und Richard Neudecker wollen ersetzt werden, zudem ist Torschützenkönig Marcel Bär nach Erkrankung und Verletzung noch nicht bei 100 Prozent. Dynamo setzt Rückkehrer Stefan Kutschke und viel Zweitliga-Erfahrung dagegen, dazu will Trainer Markus Anfang endlich wieder sportliche Schlagzeilen schreiben. Aus der zweiten Liga bringt die SGD ein bis dato siegloses Jahr 2022 mit. Höchste Zeit, dies zu ändern.

Comeback an der Hafenstraße: Rot-Weiss Essen gegen die SV Elversberg

Zum Auftakt wollen wir den Neulingen eine Bühne bieten. Dass sich die beiden nominell stärksten Klubs gleich mal im Ruhrgebiet auf 90 Minuten möglichst hochklassigen Fußball verabreden, kommt da gerade recht. RWE hat fast 10.000 Dauerkarten verkauft, Zweitliga-Atmosphäre darf vorausgesetzt werden, wenn Essen zum ersten Mal seit 2008 wieder in der dritthöchsten Fußballliga Deutschlands spielt. Es gibt eine endlose Euphorie, die ein Auftaktsieg weiter befeuern kann.

Doch im Weg steht der Meister der Regionalliga Südwest, ein ziemlich ebenbürtiger Kontrahent aus Elversberg, der es genau wie Rot-Weiss seit Jahren gewohnt ist, Spiele zu dominieren. Wem gelingt die Umstellung in einem Teilnehmerfeld, in dem es plötzlich besser besetzte Mannschaften als die eigene gibt, besser? Horst Steffen auf Elversberger Seite hat die Drittliga-Erfahrung, Essens neuer Coach Christoph Dabrowski noch nicht. Ob dies die entscheidende Rolle spielt?

Ostduell auf Augenhöhe: FSV Zwickau gegen den Halleschen FC

Für die einen ist es ein prestigeträchtiges Spiel gleich zu Beginn, für die anderen mag es wie grauer Drittliga-Alltag klingen. Zwickau und Halle begegnen sich seit 2016 regelmäßig, folglich wird es das 13. Duell seit dem damaligen FSV-Aufstieg sein. Die Bilanz des vorherigen Dutzend: Vier Siege für beide sowie vier Unentschieden. Geht es noch ausgeglichener? Von ungefähr kommt all das nicht, Zwickau und Halle kämpfen seit Jahren mit ähnlichen Strukturproblemen – solides Drittliga-Mittelmaß ist ohne eine Ausreißer-Saison das Höchste aller Gefühle. Der gastgebende FSV hat in Joe Enochs einen Trainer gefunden, der dies mit bester Gelassenheit und Akribie managt, auch in Halle soll mit André Meyer Kontinuität einkehren. Wer diesen Startschuss allerdings in den Satz setzt, dem droht frühes Ungemach.

   

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