Alles, was ihr zum 1. Spieltag wissen müsst

76 Tage Leidenszeit haben ein Ende! Ab Freitag rollt in den Stadien der 3. Liga endlich wieder der Ball. Dann heißt es wieder fleißig Punkte sammeln, um sich im Kampf um die heiß begehrten Aufstiegsplätze zu positionieren beziehungsweise um sich einen Puffer auf die gefährliche Zone zu erarbeiten. Endlich wird wieder gerechnet, ob diese verrückte Liga den Zuschauerrekord knacken kann und wie viele Reiseverrückte ihren Herzensverein auf Auswärtsfahrt begleiten. Ach, wir haben es vermisst! Unsere Vorschau auf den 1. Spieltag.

Die Ausgangslage

So ausgeglichen wie vor dem ersten Spieltag wird die Tabelle in den nächsten 10 Monaten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr aussehen. Noch klafft überall die gähnende Null. Doch das wird sich bereits am morgigen Abend ändern, wenn entweder 1860 München oder der 1. FC Saarbrücken – oder beide – ihrem Konto die ersten Punkte hinzufügen. Am Samstag und Sonntag wird dann auch der Rest der Klubs nachziehen. Dabei gibt unter anderem die Alemannia aus Aachen ihr Comeback in der höchsten DFB-Spielklasse: Elf Jahre nach dem bitteren Abstieg in die Regionalliga gastiert der TSV bei Rot-Weiss Essen an der stimmungsvollen Hafenstraße. Tags darauf meldet sich auch Energie Cottbus zurück. Die Lausitzer mussten zwar "nur" fünf Jahre auf ihr nächstes Drittliga-Spiel warten, dennoch fühlte sich diese Zeit wie eine Ewigkeit ein. Im Gegensatz zur Alemannia haben die Brandenburger das Vergnügen, sich gegen Arminia Bielefeld vor heimischen Publikum zu präsentieren.

Neu gegen neu heißt es in Rostock, wo Zweitliga-Absteiger F.C. Hansa Regionalliga-Meister Stuttgart II begrüßt. Beides sind altbekannte Gesichter der 3. Liga, kommen sie doch gemeinsam auf stolze 18 Spielzeiten in Liga 3. Hannover 96 II ist dagegen ein echter Neuling. Die Niedersachsen sind als erste Zweitvertretung eines Zweitligisten mit von der Partie und starten im Erzgebirgsstadion in ihr neues Abenteuer. Im rechtsrheinischen Sportpark Höhenberg treffen mit Viktoria Köln und Dynamo Dresden zwei etablierte Drittligisten aufeinander, die im Sommer beide einen Umbruch moderiert haben. Wer hat diesen besser verkraftet? Alle Augen sind zudem auf die Sonntagabendpartie gerichtet. Dort wird sich Sabrina Wittmann als erste festinstallierte Cheftrainerin in die Geschichtsbücher des deutschen Profifußballs eintragen.

 

Fünf Spiele im Fokus

Drittliga-Establishment zum Auftakt: 1860 München vs. Saarbrücken

Viel würdiger könnte der Rahmen für eine Saisoneröffnung nicht sein. Im mit 15.000 Fans – darunter 1.500 Gäste – gewohnt ausverkauften altehrwürdigen Grünwalder-Stadion eröffnen mit 1860 München und dem 1. FC Saarbrücken zwei Traditionsvereine die 3. Liga, zu deren Establishment sich beide Kontrahenten längst entwickelt haben. Nur zu gerne würden sie eben dieses zum Ende der Saison endlich verlassen – in Richtung 2. Bundesliga versteht sich.

Während bei den Löwen nach der äußerst enttäuschenden Vorsaison allerdings erst einmal Wunden lecken angesagt ist, bläst der FCS zum Angriff. Das überragende Abschneiden im DFB-Pokal hat viele namhafte Neuzugänge möglich gemacht, darunter Goalie Phillip Menzel oder Italien-Talent Jacopo Sardo. Auch Sechzig hat nicht weniger als zehn externe Spieler neu dazugeholt – darunter gleich drei Spieler aus Unterhaching. Gut möglich, dass Löwen-Dompteur Giannikis am Freitag eine völlig erneuerte Mannschaft ins Rennen schicken wird.

Stimmungsvoller Westschlager zum Comeback: Essen vs. Aachen

Ein Westschlager zum Comeback! Da ist den Spieltagsplanern definitiv ein besonderes Highlight geglückt. Knapp 20.000 Fans werden im ausverkauften Stadion an der Hafenstraße live mit dabei sein, wenn Alemannia Aachen nach elf Jahren Abstinenz wieder in der 3. Liga dem Ball hinterherjagt. Die meisten davon werden es allerdings nicht den Schwarz-Gelben, sondern mit den Rot-Weissen halten. Nach der bockstarken Vorsaison, die beinahe auf einem Aufstiegsplatz geendet hätte, sind die Essener Fans erwartungsvoll. Können ihre Lieblinge an die starke Performance anknüpfen? Viele namhafte Abgänge wie Felix Götze und Vinko Sapina sowie eine durchwachsene Vorbereitung mit Ladehemmung in der Offensive sorgen für Fragezeichen, wenngleich mit Ahmet Arslan und Manuel Wintzheimer nun doppelt nachgelegt wurde.

Für die Aachener geht es nach elf Jahren Abstinenz erstmal darum, wieder in der neuen alten Spielklasse anzukommen. "Wir haben viel zu gewinnen und wenig zu verlieren", gibt TSV-Coach Heiner Backhaus die Marschroute für den Westschlager vor. Von insgesamt 28 Aufeinandertreffen konnte Essen 13 für sich entschieden, die Alemannia dagegen nur neun.

Geballte Drittliga-Erfahrung meldet sich zurück: Hansa vs. VfB II

Drei Jahre musste die 3. Liga ohne zwei ihrer Gesichter auskommen. Während sich Hansa Rostock eine Spielklasse weiter oben versuchte, kämpften die jungen Stuttgarter zuletzt acht Jahre lang um die Rückkehr in eben jene Spielklasse, deren Gründungsmitglied sie einst waren und in deren ewigen Tabelle sie immerhin noch auf Platz 14 zu finden sind. Nun darf man gespannt sein, ob die neue Generation ähnlich talentierte Kräfte hervorbringt wie ihre Vorgänger, zu denen immerhin klangvolle Namen wie Timo Werner, Antonio Rüdiger und Bernd Leno gehören. So oder so ist zu erwarten, dass die jungen Wilden unbekümmert aufspielen werden. Stolze 128 Tore fielen in der Vorsaison unter Beteiligung der Schwaben.

Bei Hansa Rostock gilt es nach dem schmerzhaften Abstieg erst mal wieder Ruhe rein zu bekommen. Neu-Trainer Bernd Hollerbach steht dabei vor der großen Herausforderung, einen gewaltigen Umbruch (zehn externe Neuzugänge, 21 Abgänge) zu meistern. Noch wirkt der Kader nicht fertig, gerade im Sturm ist die Personaldecke dünn. Gelingt es Hansa dennoch, erfolgreich in die Saison zu starten?

Zwei umgekrempelte Dauerbrenner: Viktoria vs. Dynamo

1:5 hieß es im vergangenen November, als Dynamo das letzte Mal bei der Viktoria gastierte. Nach der Kutschke-Gala – der SGD-Kapitän erzielte seinerzeit einen Hattrick – deutete damals alles auf einen souveränen Aufstieg der Sachsen hin. Am Ende stand, auch wegen einer 0:2-Heimniederlage im Rückspiel, jedoch nur ein enttäuschender vierter Platz zu Buche. Nun ist Zeit für einen neuen Anlauf, für den sich Dynamo fleißig neu eingekleidet hat. Chefdirigent ist nun Thomas Stamm, der am Sonntag sein Pflichtspieldebüt in Schwarz-Gelb geben wird.

Sein Gegenüber Olaf Janßen ist der dienstälteste Cheftrainer der Liga. Seit nunmehr dreieinhalb Jahren hat der 57-Jährige bei der Viktoria das Sagen und dabei seine Truppe stets souverän ins Mittelfeld der Tabelle manövriert. Eine erneute Wiederholung dieser Leistung wäre wohl umso höher einzuschätzen, schließlich müssen die Kölner vor dieser Saison einen gewaltigen Aderlass verkraften. Umso gespannter darf man sein, wie sich die beiden neu aufgestellten Kontrahenten dieses Mal im direkten Vergleich präsentieren.

Ex-Bundesliga-Duell in der Lausitz: Energie vs. Arminia

Am Sonntagnachmitttag steigt in der Lausitz eine Partie, die in der Saison 2008/09 noch in der Bundesliga ausgetragen wurde: Energie Cottbus empfängt Arminia Bielefeld. Es ist auch das Aufeinandertreffen zweier Vereine, die in den letzten Jahren einiges mitgemacht haben. Der FCE meldet sich nach dem vielleicht bittersten Abstieg der Drittliga-Geschichte – 45 Punkte und das um ein Tor schlechtere Torverhältnis – nach fünf Jahren in der 3. Liga zurück, während Arminia Bielefeld erstmals nach drei Spielklassenwechseln in Folge wieder zwei Saison hintereinander in derselben Liga antritt.

Dafür muss der DSC auf eine der größten Konstanten der Vereinsgeschichte verzichten: Am Sonntag steht Spiel 1 der Post-Fabian-Klos-Ära an. Der Surinam-Niederländer Jeredy Hilterman und der Deutsch-Brasilianer André Becker sollen gemeinsam in die großen Fußspuren des Bielefelder Rekordtorschützen treten. Es gibt aber sicherlich angenehmere Aufgaben, als auswärts bei einem euphorisierten Aufsteiger in die neue Spielzeit zu starten.