Analyse: Das nächste Osnabrücker Fahrstuhl-Team hat eine gute Basis

Rauf und runter, ganz putzmunter: Der VfL Osnabrück macht seinem Ruf als Fahrstuhlmannschaft auch 2024/25 alle Ehre. Klarer Vorteil des Ganzen: Etliche Spieler haben noch einen gültigen Vertrag – das macht die Personalplanung für Sportchef Philipp Kaufmann nicht leicht, aber leichter. Ein Zwischencheck zum Trainingsbeginn.

Viele Leistungsträger noch an Bord

Sechs Wochen bis zum Saisonstart und schon 22 Spieler im Training: Für Trainer Uwe Koschinat war es ein gelungener Trainingsauftakt am Montag – immerhin ist die Mission des 52-Jährigen, einen Absteiger aus der 2. Bundesliga wieder auf Kurs zu bringen. Doch die Mannschaft, die ihm zu diesem so frühen Zeitpunkt zur Verfügung steht, bringt schon beachtliches Potenzial mit. Allen voran deshalb, weil diverse Leistungsträger aus dem Vorjahr noch an Bord sind – und diese ja beim letztlich chancenlosen Tabellenschlusslicht zumindest in der Endphase der Saison wiederholt Zweitliga-Niveau offenbarten. Klar: Die Verträge von Torjäger Erik Engelhardt (Marktwert-Schätzung: 1,2 Millionen Euro) und dem pfeilschnellen Innenverteidiger Maxwell Gyamfi (1,3 Millionen Euro) könnten bis Ende August ebenso noch in sehr ordentliche Ablösesummen umgewandelt werden. Aber der Großteil ist fest einplanbar, darunter etliche aus dem Vorjahres-Kader, und das ist bei einem Absteiger nicht selbstverständlich.

Welche Abgänge schmerzten überhaupt? Linksverteidiger Florian Kleinhansl (Kaiserslautern), der flotte, aber im Abschluss limitierte Christian Conteh, der Abwehr-Hüne Oumar Diakhite und Torwart-Fanliebling Philipp Kühn (alle Ziel unbekannt) – ein Quartett, mehr nicht? Nun: Michael Cuisance erfüllte die riesigen Erwartungen kaum, über Lukas Kunze, Maxi Thalhammer und Charalambos Makridis wurde auch nicht mehr groß gesprochen. Torwart Lennart Grill patzte zu oft, John Verhoek war deutlich über dem Zenit – nein, über Ex-Spieler wie diese werden im lila-weißen Anhang nicht zu viele Tränen vergossen. Zumal der 30-jährige Sport-Geschäftsführer Kaufmann ja mit der frühen Gewissheit, in der Saison 2024/25 in der 3. Liga anzutreten, früh zielgerichtete Gespräche führen durfte. Und schon einige Ergebnisse präsentierte, die Mut machen.

Zwei Schweizer für die linke Seite

Fangen wir an mit denen, die für hiesige Experten besonders schwer einzuschätzen sind: das Duo, das naheliegenderweise vor allem durch die direkten Kontakte vom Schweizer Kaufmann in seine Heimat den Weg nach Niedersachsen fand. Linksverteidiger Bastien Conus (26) soll die Kleinhansl-Nachfolge antreten – er kommt mit der Empfehlung, Stammspieler in der zweithöchsten Schweizer Liga gewesen zu sein. Eine Reihe weiter vorn wirbelt Liridon Mulaj (25), zuletzt mit ordentlicher Saison in der Super League (31 Einsätze für Stade-Lausanne). Mulaj ist temporeich und kommt mit niedrigem Körperschwerpunkt – ein sehr interessantes Spielerprofil auch für die 3. Liga. Top-Transfer ist aber ein Niederländer: Joel Zwarts (25) kommt aus einem gültigen Vertragsverhältnis bei 1860 München, dürfte also eine Ablöse gekostet haben. Sein Potenzial ist unbestritten, doch in Deutschland wandelte Zwarts dies aus verschiedenen Gründen noch nie in konstante Leistung. Vielleicht gelingt das ja in Heimatnähe?

Ebenfalls von 1860 München wechselt Torwarttalent David Richter (21). Durchaus möglich, dass dieser Mann die lila-weiße Schlussmann-Vakanz voll für sich nutzt und so richtig durchstartet, gute Ansätze hat Richter definitiv schon gezeigt. Er wird in jedem Fall als Nummer 1 in die Saison gehen, darauf hat sich Koschinat bereits festgelegt. Die weiteren Neuzugänge fallen dann in die Kategorie "sinnvolle Ergänzungen": Talent Niklas Niehoff (19, Leihe von Holstein Kiel) soll Flügelspieler Noel Niemann nicht nur beim Namen nacheifern. In der Mittelfeldzentrale wird Aday Ercan (23, Wuppertaler SV) den Etablierten Robert Tesche und Dave Gnaase (sowie möglichen Neuzugängen, die auf Sechser- und Achterposition sicherlich noch vorgestellt werden) Feuer machen. Und Lion Semic (23, BVB II) ist hinten rechts erst einmal als Herausforderer des erfahrenen Bashkim Ajdini eingeplant. Alles in allem ist das eine ausgewogene und stimmige Mischung mit punktuell auffälliger Qualität.

Koschinat verspricht "Brücken-Spielstil"

"Leitmotiv unserer Kaderplanung war die Ausrichtung auf den optimalen Brücken-Spielstil", wurde Cheftrainer Uwe Koschinat kürzlich in der "NOZ" zitiert. "Aggressive Balleroberung, geradliniges Spiel nach vorne, hohes Tempo." Dass Kaufmann und er dafür durchaus bestimmte Ansprüche besitzen, zeigt übrigens auch, wer den VfL verlassen hat: Flügelstürmer Leandro Putaro wurde nach seiner Bielefeld-Leihe kürzlich gen Aachen ziehen gelassen, Außenverteidiger Florian Bähr an Konkurrent 1860 München ausgeliehen, auch Henry Rorig (Cottbus) und Thalhammer (Waldhof) sind künftig in gegnerischen Farben unterwegs. Und die ausgeliehenen Kwasi Wriedt, immerhin einstiger Drittliga-Torjäger für den VfL, und Tyger Lobinger waren auch nie ernsthaft in der Debatte für eine Weiterverpflichtung.

Kommen sollen nun noch ein bis zwei Offensive, vorstellbar ist ebenso ein Innenverteidiger und eben ein Mann fürs Mittelfeld. Druck hat der VfL zu diesem Zeitpunkt gut sechs Wochen vor Saisonbeginn allerdings nicht – und ist damit in bedeutend besserer Ausgangslage als etwa Mitabsteiger Hansa Rostock, wo bedeutend mehr Profis den Klub verlassen haben. Taugt dieses Fundament aber schon für Gedankenspiele, sich im Aufzug wieder nach oben orientieren? Für Prognosen ist es arg früh. Doch wer die 3. Liga über ihre 16 Jahre verfolgt hat, der weiß: Ein VfL Osnabrück fühlt sich hier fast immer pudelwohl, ist fast immer sehr gut vorbereitet – und ist genau deshalb höchst ernstzunehmen.

   

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