Analyse zum Saisonende: Das Zeugnis für die Drittligisten #1
Die 15. Spielzeit in der 3. Liga ist in den Büchern, drei Aufsteiger und vier Absteiger sind gefunden. Mancher überragte, andere enttäuschten bitter. liga3-online.de stellt ein Zeugnis für die Leistungen der 20 Drittligisten aus. Im ersten Teil richtet sich der Fokus auf die Plätze 11 bis 20.
Manchmal fühlen sich viereinhalb Monate wie Jahre an. Denn erinnert sich noch jemand daran, dass der FC Ingolstadt zum Jahreswechsel als Tabellenvierter in Reichweite der Aufstiegsplätze stand? Es folgte, gemeinsam mit dem TSV 1860, ein kolossaler Einbruch, der in Ingolstadt aber noch viel später gestoppt wurde. Ende Januar wurde Rüdiger Rehm als Trainer freigestellt, Nachfolger Guerino Capretti versuchte zwei Monate lang vieles, musste dann Anfang April seinen Hut nehmen. Absurd hohe Ausfallraten durch Verletzte und Sperren taten ihr Übriges dazu, dass der FCI als Etatkrösus tatsächlich den Abstiegskampf ausrufen musste. Ernst wurde es zwar nicht mehr, aber die Rückrunde (Platz 20) war grausig und zerstörte vieles.
Hinrunde: 2-
Gesamtnote: 4-
Tabellarisch zeigte der MSV eine unspektakuläre Saison, die Hinrunde war leicht besser als die zweite Saisonhälfte. Vor allem, weil die Duisburger um Torsten Ziegner dort öfter die Punkte teilten und nur noch vier Spiele für sich entschieden. Auch die Heimbilanz – ebenfalls nur vier Dreier in 19 Anläufen – ist ein Thema, das zur kommenden Saison angepackt werden muss. Ernsthaft abstiegsgefährdet waren die Meidericher im Vergleich zum Jahr davor zumindest nicht, entwickelten dazu noch Eigengewächse wie Jander, Hettwer und Mogultay weiter. Es wird der Weg der Zukunft sein, denn in der 3. Liga kann der MSV auf "normalem" Kurs nicht ewig überleben. Und vom Status eines Aufstiegskandidaten ist der frühere Bundesligist mittlerweile weit entfernt. Dennoch soll es 2025 zurück in die 2. Liga gehen.
Hinrunde: 3-
Gesamtnote: 3
Bis zum 27. Spieltag war diese Saison eine glatte Fünf, wenn überhaupt. Der BVB II, gesegnet mit so viel Talent und Expertise in der Nachwuchsarbeit, bekam mit einer merkwürdig passiven und auf Konter ausgelegten Spielphilosophie kein Bein auf den Boden. Doch Trainer Jan Zimmermann, der den glücklosen Christian Preußer im Februar beerbt hatte, brachte das Schiff noch auf Kurs: Mit einem 4:0-Sieg über Zwickau war das Selbstverständnis zurück, der BVB holte in elf Spielen 21 Punkte und damit fast so viele wie in den 27 Partien bis dato (24 Zähler). Dazu bewies er Sportsgeist, machte dem VfL Osnabrück im Saisonfinale das Leben so schwer wie möglich. Und doch ist der Anspruch ein anderer, dieses Jahr muss aufgearbeitet werden.
Hinrunde: 4
Gesamtnote: 4+
Ein Wechselbad der Gefühle für alle Fans der Erzgebirger: erst der Katastrophenstart, dann das langsame Stabilisieren – doch auch als die frühzeitige Rettung vor dem Durchmarsch in die Regionalliga feststand, gab es immer wieder schwere Rückschläge. Wie labil war diese Mannschaft wirklich? Mal gewinnt sie bei Spitzenreiter Elversberg, dann kriegt sie etwa in Halle (2:5) oder im Landespokal in Chemnitz (0:3) Haue. Auch wenn Aue eher nicht so gut zahlt wie andere Zweitliga-Absteiger, so war das obere Drittel doch vorsichtig angepeilt worden. So klar, wie dies verfehlt wurde, dürfte ein weiterer Umbruch bevorstehen. Eine Aufgabe, die auch in der kommenden Saison Pavel Dotchev verantworten wird. Gerüchte über ein mögliches Aus waren schnell im Keim erstickt worden.
Hinrunde: 5-
Gesamtnote: 4+
Ein Aufsteiger schafft den Klassenerhalt und gewinnt den Landespokal. Tolle Sache! Nun, wäre es nicht Rot-Weiss Essen, wäre dieser Schluss vielleicht legitim. Doch RWE denkt größer, mit dem Sprung in die 3. Liga liegen die Pläne zur 2. Bundesliga längst in den Schubladen, auch das Stadion soll wachsen, denn die Fans kamen zahlreich. Kleines Problem: So weit war die Mannschaft trotz einiger Verstärkungen längst noch nicht. Das wurde in der Rückrunde schmerzhaft deutlich, denn mal fehlte Effizienz, mal die Qualität, mal die Breite im Kader, um auf Ausfälle zu reagieren. Vieles blieb an Trainer Christoph Dabrowski haften, die Atmosphäre war vergiftet. Aus RWE-Sicht muss konstatiert werden: Zum Glück ist die Saison jetzt vorbei. Die Abstiegsränge waren nah. Und der Klub damit klar unter seinen Möglichkeiten.
Hinrunde: 3+
Gesamtnote: 4+
24 Punkte aus 16 Spielen zeigt die Sreto-Ristic-Tabelle an: Diejenigen, die eine Verpflichtung des im Profibereich als Cheftrainer unerfahrenen Serben zunächst skeptisch sahen, durften aufatmen. Ristic legte stark los, war anfangs zehn Partien lang unbezwingbar und schaffte es so, einen Puffer zum späteren Absteiger-Quartett zu bilden. Unverdient war das keineswegs, denn Halle hätte im statistischen Vergleich deutlich mehr Tore schießen und acht Punkte mehr holen müssen. Ein Platz im oberen Bereich der unteren Tabellenhälfte wäre angemessen gewesen, die Leistungen passten zu den Möglichkeiten, die der günstige Kader hergab. Auch in diesem Sommer werden wieder Leistungsträger gehen, es bleibt im dann 12. Drittliga-Jahr eine Gratwanderung.
Hinrunde: 4+
Gesamtnote: 3
Eine Frage, die nach dem Saisonende immer wieder gestellt werden kann, ist: Hat es im Abstiegsfall die Richtigen erwischt? In diesem Jahr fällt die Antwort scheinbar leicht, denn das Quartett, das künftig in der Regionalliga antreten muss, fiel spielerisch doch ein gutes Stück ab. Doch der SV Meppen kämpfte, als Ernst Middendorp die anfängliche Anlaufzeit überwunden hatte, wie ein Löwe um die kleine Restchance. Ärgerte reihenweise Topklubs und begünstigte so maßgeblich etwa den Aufstieg des VfL Osnabrück oder den vorzeitigen Jubel in Elversberg. Die Fehler, die das Management zuvor begangen hatte, konnte "Power-Ernst" aber nicht mehr ausmerzen. 17 Spiele war Meppen unter Middendorps Vorgänger Stefan Krämer sieglos geblieben. Zu viel, um es im tollen, Mut machenden Endspurt noch aufzuholen.
Hinrunde: 5
Gesamtnote: 5+
Auf 19 Punkte nach 17 Spielen folgten im neuen Jahr nur 16 aus 21. Die Rechnung ist simpel, auf einen grünen Zweig kam der VfB Oldenburg im Abstiegskampf mit nur 35 Punkten nicht. Auch der Aufwind, als Trainer Fuat Kilic die Dienste von Dario Fossi übernahm, war nicht tragend genug. Vor allem die ernüchternde Heimbilanz – nur drei Siege, Letzter der Heimtabelle mit sieben Punkten Rückstand auf den Vorletzten – kostete den Aufsteiger das nächste Drittliga-Jahr. Natürlich war es im Nachhinein betrachtet auch eine Qualitätsfrage: Mit diesem Kader muss ein Team über sich hinauswachsen, Oldenburg schaffte das nicht.
Hinrunde: 3-
Gesamtnote: 5+
Der Ritt auf der Rasierklinge endete für den FSV Zwickau mit einem schmerzhaften Schnitt: Viele Jahre gelang das kleine Wunder, mit einem Mini-Etat und vielen Spielern, die bei anderen Klubs und Ligarivalen ausgemustert wurden, eine verschworene Einheit zu bilden. Diesmal nicht, unter anderem weil es auswärts (20:47 Tore, nur 13 Punkte) immer wieder heftige Rückschläge gab. Der Vorfall im Heimspiel gegen Essen passte ins Bild: Erst kosteten strittige Schiedsrichter-Entscheidungen die gute Ausgangslage, dann sorgte die Unbeherrschtheit eines Fans und Sponsors für den Spielabbruch und heftige Negativschlagzeilen. Kurzum: Nach sieben Jahren 3. Liga ist für die klammen Schwäne das Erwartbare eingetreten.
Hinrunde: 4
Gesamtnote: 5+
Wie groß die Leistungsunterschiede zwischen der teils umstrittenen, weil qualitativ abfallenden Regionalliga Bayern und der 3. Liga sind, merkte in diesem Jahr die SpVgg Bayreuth. Gekommen mit einem 100-Tore-Sturm, funktionierte davon in der Hinserie so gar nichts mehr. Elf Treffer standen im Jahr 2022 nur noch zu Buche! Das sollte sich zwar massiv ändern, doch die Balance stimmte nicht: Doppelt so viele Treffer führten seit dem Jahreswechsel auch zu fast doppelt so vielen Gegentoren. Letztlich war die Rechnung leicht: Die schlechteste Offensive (39 Tore), die Schießbude (81 Gegentore), die wenigsten Punkte (32) – in der "Oldschdod" wurde Lehrgeld gezahlt.
Hinrunde: 5+
Gesamtnote: 5