Arminia Bielefeld: Zwei blaue Augen sind Warnung genug
Dreimal absteigen, von der Bundesliga in die Regionalliga? Arminia Bielefeld war nicht weit davon entfernt – vielleicht nur einen Pfostenschuss des Halleschen FC in der Nachspielzeit, wer weiß. Die nächste Saison wird Chance und Verpflichtung zugleich für den DSC. Umso wichtiger, dass er ungeschicktes Verhalten aus der Vergangenheit nicht wiederholt. Ein Kommentar.
Erster Klassenerhalt seit 2021
Es gibt keinen anderen deutschen Profifußballverein, der in den vergangenen drei Jahren eine so starke Rückentwicklung hinter sich hat wie Arminia Bielefeld. Selbst über ihre Leidensgenossen im Schalker Königsblau könnten Fans der Schwarz-Weiß-Blauen nur müde lächeln. Feste feiern, wie sie fallen, heißt es also nach 37 Spieltagen. Der erste Klassenerhalt seit der Saison 2020/21, damals im Geisterbetrieb der Fußball-Bundesliga mit einem Auswärtssieg beim baldigen Champions-League-Teilnehmer VfB Stuttgart erlangt, lässt Bielefeld in der untersten Profiliga verbleiben. Na immerhin. Kein Rödinghausen, kein Gütersloh, kein Wiedenbrück. Keine Reisen zum SV Eintracht Hohkeppel oder Türkspor Dortmund. Doch nach der großen Party, zu der Legende Fabian Klos bei seiner offiziellen Verabschiedung das Stadion animiert hatte, war längst nicht jedem zumute.
Der DSC hat viel Mist fressen müssen. Er hat seinen eigenen Absturz mit wenigen, aber folgenreichen Entscheidungen auf Personal- und Spielerebene eingeleitet, und als sich dieser in einer gewaltigen Kettenreaktion wie von selbst beschleunigte, fand keiner der ehemalig Verantwortlichen einen Weg heraus aus der Spirale. Zurück in der 3. Liga schien, so abstrus das klingt, auch das Schicksal den Ostwestfalen noch einen Streich spielen zu wollen. Ständig diese Aluminiumtreffer. Ständig strittige Entscheidungen, die oftmals gegen die Arminia ausgelegt wurden. Ständig diese späten Gegentore. Alles, aber wirklich alles schien diesen Klub, der nach statistischer Grundlage (erwartete Tore und Gegentore) Platz 5 oder 6 hätte belegen müssen, in die Regionalliga verbannen zu wollen.
Stabilste Phase im letzten Saisondrittel
Wer sich dagegenstemmte? Die Mannschaft, die kühlen Kopf bewahrte und im gesamten Saisonverlauf nie so konstant spielte wie an den vergangenen neun Spieltagen. Das verdient Respekt. "Wir können stolz darauf sein, was wir in den vergangenen Wochen geleistet haben", rief Klos den Fans zu. Wer wüsste es besser als er?
Ob es nun Platz 14, 15 oder 16 in der Endabrechnung wird: Arminia hat die ohnehin gemäßigten Erwartungen an diese Saison unterboten und geht aus ihr mit zwei blauen Augen hervor. Umso wichtiger war, wie die Anhängerschaft darauf reagierte. Ja, die Voraussetzungen waren im Sommer 2023 abenteuerlich – neuer Sportchef, eine komplett neue Mannschaft samt Trainerteam. Kahlschlag am Teutoburger Wald. Das Team fand zusammen, aber machte zuweilen hanebüchene Fehler. Es erlebte Gegenwind und holte sich immer wieder aufmunternde und beipflichtende Worte am Zaun des Gästeblocks ab, in dem sich viele Menschen frustriert auf die Zunge bissen. Wohl fast jeder Fan erlebte eine Saisonphase, in der er sich mächtig am Riemen reißen musste, um nicht in Muster der Vorjahre zu verfallen.
Fans wuchsen über sich hinaus
Aber auch das gehört zur Geschichte dieser Saison: Die Fans wuchsen über sich hinaus, in den schweren wie den spannenden Momenten. 18.600 von ihnen kamen im Schnitt pro Spiel, ein meilenweiter Drittliga-Rekord für den DSC Arminia trotz des schlechtesten Abschneidens. Sie alle wussten nach wenigen Spieltagen, dass die Kost eine schwere wird. Und doch empfingen sie ihr Team mehrfach mit einem beeindruckenden Busempfang, der unter die Haut ging.
Alle haben aus den Vorjahren gelernt. Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel und Trainer Mitch Kniat erhielten trotz phasenweise mächtigen Drucks des Umfelds maximale Rückendeckung der Vereinsoberen. Das aus den Vorjahren gewohnte, große personelle Beben blieb deshalb aus. Der Auftrag ist nichtsdestotrotz klar: Arminia muss schnellstmöglich zurück ins Favoritenfeld. Eine Mannschaft, in der sich Namen wie Wintzheimer, Boujellab, Shipnoski, Wörl, Schreck, Corboz und Biankadi tummeln, hat nichts im unteren Tabellendrittel verloren. Dass mindestens die Hälfte der Genannten weit unter ihren Möglichkeiten blieb, muss von Mutzel aufgearbeitet werden. Wer nicht ausgeliehen ist, hat schließlich in der Regel noch ein weiteres Vertragsjahr vor sich – und muss sich enorm weiterentwickeln, damit der DSC nicht im Drittliga-Mittelfeld stehen bleibt.
Bitte kein fünftes Jahr Abstiegskampf
Weiterentwicklung, daran wird sich auch Trainer Kniat messen lassen müssen. Für den Fußball, den er zuletzt notgedrungen spielen ließ und den ein Rückrunden-Torverhältnis von 14:17 Treffern – Chancenverwertung hin oder her – illustriert, steht der 38-Jährige jedenfalls nicht. Sein Wasserzeichen auf der mutigen Spielidee ist verblasst, wohl auch angesichts einer Drucksituation, die Kniat in seiner Karriere so nicht kannte. Die zweite Chance wird es aller Voraussicht nach im Sommer geben. Verbunden mit dem klaren Auftrag der Fans: Bitte kein fünftes Jahr Abstiegskampf auf der Alm.