Arminia und eine Niederlage, die kein Weltuntergang ist
Verloren hat Arminia Bielefeld in den vergangenen zwei, drei Jahren ziemlich oft. Und die jüngsten Pleiten, die zum schlimmen Absturz in die 3. Liga führten, hatten die Wucht von Kanonenschlägen. Das Auftakt-1:3 bei Dynamo Dresden fügte sich angenehmerweise nicht ein, denn es brachte den Fans trotz aller Enttäuschung auch eine Portion Zuversicht mit.
Auf bittere Momente folgen starke Phasen
Rücksicht hatten Arminias Fans am Samstagabend bewiesen. Sicherlich wusste nicht jeder der schwarz-weiß-blauen Akteure, was sie dort erwarten würde: Fast ausschließlich Neuzugänge trafen auf eine Anhängerschaft, die zwei Abstiege in Folge erlebt hatte, bei der sich in der Relegation gegen Wiesbaden schon einmal ganz viel Frust entladen hatte. Und was kam jetzt, nach dem nächsten Negativerlebnis? Einem, zu dem der DSC mit einem Eigentor, einem Strafstoß und einer roten Karte gleich ein Trio berühmter selbstverschuldeter Knackpunkte beigetragen hatte? Unterstützung. Applaus. Aufmunterung. Mehr als 1.000 Anhänger bauten ihr Team um Kapitän Fabian Klos als einzig verbliebenem Namhaften auf. Sie wussten: Diese unverbrauchte Mannschaft nun niederzuwalzen, das wäre das falsche Zeichen. Und es wäre auch nicht gerechtfertigt gewesen.
Denn den Einsatz, den Mitch Kniat als neuer Trainer sehen wollte, zeigte die Arminia allemal. Sie suchte den mutigen Ansatz, das spielerische Element, und sie förderte damit durchaus Lücken beim Aufstiegs-Topfavoriten zu Tage. Vor allem aber machte Mut, dass die Bielefelder auf alle genannten Rückschläge mit kühlem Kopf reagierten, den Umständen entsprechend solide bis starke Spielphasen folgen ließen. Auf das Eigentor von Semi Belkahia zum 0:1 folgte eine Drangphase mit starken Flügelläufen, auf Stefan Kutschkes Strafstoßtor zum 2:0 (36.) erneutes Bemühen, das Merveille Biankadi mit seinem Premierentor für Arminia kurz vor der Pause belohnte. Und als der Japaner Kaito Mizuta beim Stand von 1:3 eine harte, aber so gerade vertretbare rote Karte sah und damit sein auffälliges Debüt frühzeitig beendete, da wehrte sich der DSC zumindest achtbar, anstatt – wie manches Mal in der Vorsaison – noch weitere kräftige Breitseiten zu erhalten.
Klos warnt vor dem Gefühl, "dass es so weitergehen darf"
"Die Fans haben ein gutes Gespür dafür", wird Fabian Klos im "Westfalen-Blatt" zitiert. "Aber das darf uns nicht das Gefühl geben, dass es so weitergehen darf." Denn die Anzahl der Fehler, die Arminia Bielefeld während der 90 Minuten begangen hatte, war zu hoch – Abstimmungsprobleme in einer völlig neu zusammengestellten Mannschaft hin oder her. Kniat verlangt viel von seiner Mannschaft, setzt im Mittelfeld ausschließlich auf ballsichere Offensivdenker, will seine Außenverteidiger hoch aufrücken sehen. Das führte in der Startphase mehrfach zu Dynamo-Akteuren, die sträflich freistanden und durch die offenen Schnittstellen bedient wurden.
"Unsere Restverteidigung war mehrfach nicht gut", sagte Kniat selbst dazu. Er weiß, dass seine Spielweise immer ein gewisses Risiko beinhalten wird. Doch so einfach wie Dresden soll es künftig kein Gegner haben. Kniat spricht von "ein paar Baustellen". Immer mit dem nötigen Optimismus, diese schnell abzustellen. Mizuta, Sam Schreck und Torschütze Biankadi trugen sich als Mittelfeldtrio im 4-3-3 allesamt in die Liste der auffälligeren Akteure ein, während nahezu die gesamte Defensivreihe noch an Sicherheit gewinnen muss.
Zwei Pflichtspiele bis zum Derby, in dem Punkte Pflicht sind
Klar ist, dass die Geduld schon bald auf erste Proben gestellt wird, denn am zweiten Spieltag wartet das Derby gegen Aufsteiger Preußen Münster. Von der Favoritenrolle und der Pflicht zu einem nicht nur energischen, sondern auch erfolgreichen Auftritt kann sich Arminia dann nicht mehr lösen. Bis dahin warten allerdings noch gleich zwei Pokalspiele auf den DSC: Erst gastiert er am Dienstagabend im Landespokal bei der nur wenige Kilometer entfernten SG Herringhausen-Eickum. Dann lockt im DFB-Pokal ein weiterer Westschlager gegen den VfL Bochum. Dort könnte Arminia mit einem Weiterkommen das begrenzte Budget aufstocken – und den gerade in der Defensive noch dünn bestückten Kader bis Ende August weiter aufrüsten.