Christian Benbennek: „Der Verein passt zu mir und ich zum Verein“

Mitte Mai dieses Jahres wurde beim SV Babelsberg 03 Christian Benbennek als Nachfolger für den beurlaubten Dietmar Demuth vorgestellt. Im Interview mit liga3-online.de berichtet der 39-jährige Trainer über die neue Mannschaft, den Wechsel zu Babelsberg und über die Ziele in der neuen Saison.

liga3-online: Haben Sie sich schon in Potsdam eingelebt? Konnten Sie etwas von der Stadt sehen?

Christian Benbennek: Leider konnte ich bisher nur wenig von Potsdam sehen, abgesehen vom Stadion und der Geschäftsstelle. Aber selbst  im Vorbeifahren, auf dem Weg vom Hotel zum Stadion sieht man, dass es wunderschön hier ist, wie viel Wasser es hier gibt. Bisher blieb aber zu wenig Zeit, es gibt viel zu tun. Und an den freien Tagen war ich bei meiner Familie in Braunschweig. Aber das wird alles noch kommen, noch gibt es aber wichtigeres zu tun.

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Können Sie uns kurz Ihren Werdegang als Trainer schildern? Ihr Name ist bisher wohl nur Fußball-Kennern bekannt.

Bisher war ich im Nachwuchsfußball als Trainer tätig. Leider bekommt die Öffentlichkeit nicht mit, welch professionelle Arbeit auch in der A-Jugend geleistet wird. Ich war über zehn Jahre in Wolfsburg und habe dort alle Jugendmannschaften als Trainer durchlaufen, bin Co-Trainer bei der U23 gewesen, die vollkommen unter Profi-Bedingungen arbeitet.

Der Höhepunkt war dort sicherlich die Meisterschaft in der Bundesliga Nord und die deutsche Vize-Meisterschaft. Im Finalspiel gegen den SC Freiburg hat es leider nicht gereicht. Aber schon der Sieg gegen den VfB Stuttgart im vorherigen Spiel war ein riesiger Erfolg. Dort sind wir als ein Team aufgetreten und konnten so überzeugen. Und das ist auch ein Grundgedanke oder eine Grundvoraussetzung für die Arbeit hier in Babelsberg.

Nach der Zeit in Wolfsburg kamen dann zwei Jahre Braunschweig, wo wir mit der U23 im ersten Jahr gleich aufgestiegen sind. Im zweiten Jahr sind wir leider wieder abgestiegen. Das hatte eher finanzielle Gründe, da sich alles der ersten Mannschaft unterordnen musste. Aber ich wollte immer in den Profibereich und Babelsberg ist jetzt meine große Chance, und die werde ich nutzen.

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Sie kamen in einer nicht einfachen Situation zu 03. Besonders die Art und Weise der Trennung von Dietmar Demuth erhitzte die Gemüter der Fans. Wie geht man als Trainer damit um und versucht die Herzen der Fans zu erobern. Einige werden Ihnen sicher skeptisch gegenüber stehen.

Ich glaube, ich kann die vergangenen Dinge gut einschätzen und die Unruhe der Fans auch nachvollziehen. Besonders wenn man bedenkt, dass man als Fan den neuen Trainer noch gar nicht kennt. Aber das darf mich bei meiner Arbeit nicht beeinflussen, da die Entlassung auch nicht in meiner Verantwortung stand.

Interessant ist, dass es Parallelen zu meiner Zeit in Braunschweig gibt, wo Uwe Hain wahrscheinlich noch mehr Idol oder lebendes Denkmal war als Dietmar Demuth hier in Babelsberg. Damals war es auch so, dass sich die Fans mich als Schwarzen Peter ausgesucht hatten. Aber innerhalb von 14 Tagen hatten die Fans den Neustart akzeptiert und gesehen, dass der Trainer gute Arbeit leistet.

Das Gleiche erhoffe ich mir auch hier, dass die Arbeit als solche bewertet wird. Ich weiß, dass ich unter Druck stehe, und ich kann auch damit umgehen. Das Einzige, was nicht passieren darf, ist dass die Mannschaft dort reingezogen wird. Vor daher hoffe ich, dass die Fans die Mannschaft unterstützen, denn das brauchen wir, um Erfolg zu haben.

 

Was hat den Ausschlag für Babelsberg gegeben? Was gefällt Ihnen am Verein und dessen Umfeld?

Wenn ich es mir hätte aussuchen können, wie mein zukünftiger Verein aussehen soll, dann wäre es einer wie Babelsberg  geworden, unabhängig davon, wo sich dieser befindet. Ohne mich anbiedern zu wollen, kann ich sagen, dass der Verein zu mir passt und ich zum Verein. Es ist ein familiärer Verein, ein außergewöhnlicher Verein. Das hat vor allem damit zu tun, wie ich hier aufgenommen wurde. Alles ist sehr bodenständig und locker und die Mitarbeiter kommen gerne zur Arbeit. Bisher war das ein absoluter Glücksfall. Nach den ersten Wochen fühle ich mich hier sehr wohl.

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Auf der Informationsveranstaltung des Vereins vor einigen Wochen wurden Grundzüge des neuen sportlichen Konzepts besonders der Jugendarbeit vorgestellt. Die erwünschte Spielweise der Nulldreier wurde am Beispiel des FC Barcelona erklärt. Welche Eigenschaften des Barcelona-Spiels sollen nach Babelsberg transferiert werden?

Den Vergleich habe ich selbst nie in den Mund genommen. Wenn wir über Barcelona und Babelsberg reden, sprechen wir über zwei verschiedene Sportarten. Aber was heißt eigentlich Konzept? Wir gehen doch ins Stadion, weil wir Fußball lieben und ein gutes Spiel sehen wollen. Und kein Fan der ins Karli geht, hat etwas dagegen, wenn das Fußballspiel schön anzusehen ist. Die Zuschauer wollen sehen, wie sich die Spieler auf dem Platz zerreißen für ihren Verein. Diese Leidenschaft und das Herz müssen die Grundvoraussetzungen sein für unseren Fußball.

Dann geht es auch um die Art und Weise des Spiels, wie der Ball erobert wird, dass man Laufbereitschaft zeigt und in das Angriffsspiel umschaltet. Also darum wie die Mannschaft bei Ballbesitz agiert. Flankt man den Ball einfach nach vorne und drückt die Daumen, dass der zweite Ball einem Mitspieler vor die Füße fällt oder agiert man mit einem Spielplan? Es geht darum, dass wir Angriffe effektiv vortragen und dabei nichts dem Zufall überlassen.

Wir wollen den Fans einen Fußball bieten, dass sie nach einem Spiel sagen können, es war ein toller Nachmittag und die Mannschaft hat alles gegeben.

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Nun einige Fragen zum Team. Wie geht es Kofi Schulz? Er hat sich beim Spiel gegen FC Internationale Berlin verletzt und bis dahin durchgespielt. Planen Sie trotz der Freigabe mit ihm?

Kofi geht es zum Glück gut. Es sah böse aus und er braucht jetzt zwei, drei Wochen, aber dann geht es wieder weiter.

Er hat vorher schon beim Test gegen Chemie Leipzig gespielt und das sehr gut gemacht. Jetzt kommt leider die Verletzung dazu. Allgemein sieht es so aus, dass Kofi Vertrag bei uns hat und wir diesen natürlich einhalten. Und solange er bei uns trainiert, hat er auch die Chance, sich ins Team zu spielen. Jetzt wollen ihn aber erst einmal wieder fit bekommen.

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Kommen wir zu Süleyman Koc. Wie steht es um seinen Fitnesszustand, ab wann kann er der Mannschaft helfen? Wie wird der Tagesablauf im offenen Vollzug aussehen, besonders bei Auswärtsspielen? Darf er mit ins Trainingslager?               

Die Grundlagenausdauer von Süleyman Koc ist gar nicht so schlecht. Er hat viele Dauerläufe gemacht, konnte aber nicht mit der Mannschaft trainieren. Was die fußballspezifische Ausdauer angeht, da ist er noch etwas zurück. Im Gegensatz zu ihm haben wir aber Geduld, denn er wird über die Saison sehr wichtig für uns werden. Zum offenen Strafvollzug gibt es ein paar Sachen, die arrangiert werden müssen – das läuft alles über die offiziellen Wege, ins Trainingslager kann er mit. Süleyman Koc und ich haben die vergangenen Sachen aufgearbeitet. Wir sind jetzt soweit, dass wir alles auf Null schalten, ohne dass wir beide vergessen, was passiert ist.

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Mit Dominik Stroh-Engel und Marian Unger haben die beiden Spieler den Verein verlassen, die in der vergangenen Saison die Kapitänsbinde trugen. Beim Spiel gegen Internationale war Sergej Evljuskin Kapitän. Haben Sie schon einen Kandidaten für die neue Saison im Auge?

Beim Test gegen Chemie Leipzig waren Matthias Rudolph und Christian Groß Kapitän, gegen Internationale Sergej Evljuskin und in Deetz wieder Matthias Rudolph. Es ist wichtig, dass während der Testspiele die Spieler die Binde tragen, die schon länger im Verein sind. Gleichzeitig hat diese Frage für mich noch keine Relevanz, weil es mir vor allem darum geht, die Mannschaft zu entwickeln und die sich aus den Leistungen bildenden Hierarchien zu beobachten. Am Ende werde ich den Kapitän bestimmen und wer beim Testspiel gegen St. Pauli die Mannschaft anführt, wird auch weiterhin der Kapitän sein.

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Wie sieht es auf der Torwartposition aus? Daniel Zacher hat gegen Inter gespielt und Frederic Löhe beim Test gegen Deetz.

Da sieht es ähnlich aus. Das ist ein absoluter Zweikampf, der zurzeit auf Augenhöhe geführt wird. In bestimmten Bereichen hat Daniel Zacher Vorteile, in anderen Bereichen Frederic Löhe.

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Mit Alemannia Aachen, Hansa Rostock und dem KSC – um nur einige zu nennen – ist diese Drittligasaison so hochkarätig besetzt wie wohl nie zuvor. Was sind die Ziele für die Saison?

Neben den sportlichen Zielen hoffen wir natürlich, dass diese attraktiven Gegner sich auch im Zuschauerinteresse widerspiegeln. Im Hinblick auf die sportlichen Ziele passt es mir nicht, den Jungs einen Tabellenplatz als Ziel vorzugeben. Und nur den Klassenerhalt als Ziel auszurufen würde die Mannschaft limitieren. Das Wort „Klassenerhalt“ sollte gar nicht in den Köpfen der Spieler sein, ebenso wenig wie das Wort „Aufstieg“. Wenn der Spielplan herauskommt, soll sich die Mannschaft nur auf den ersten Gegner konzentrieren. Wir müssen in jedem Spiel an unsere Grenzen gehen, das ist der beste Weg für diese Mannschaft.

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Die Mannschaft und auch Sie sind auf Facebook aktiv. Auf wen geht diese Idee zurück, sich so den Fans zu öffnen?

Für die Stimmung innerhalb der Mannschaft sind die Facebook-Geschichten super. Es ist auch wichtig, dass wir uns den Fans öffnen und zeigen, wer wir sind. Die Idee kam aus der Marketing/Presse-Abteilung und ich hoffe, dass sie gut ankommt. Aber der Mannschaft und dem Trainer muss klar sein, dass die Arbeit auf dem Platz das Wichtigste ist. Der Auftritt soll auch keine Comic-Veranstaltung werden. Aber auch wenn ich am Anfang nicht davon überzeugt war, finde ich es gut, dass wir es machen, um Transparenz zu zeigen und Feedback von den Fans zu bekommen.

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Ihr Tipp für das EM-Finale? Wer wird Europameister?

Diesmal ist Deutschland an der Reihe, den Titel zu holen. Wir haben eine richtig gute Mannschaft, die tollen Fußball spielt. Die deutsche Mannschaft hat die Qualität und ist eigentlich auch dran.

Vielen Dank für das nette Gespräch und viel Erfolg für die kommende Saison.

Das Gespräch führte Torsten Elsner

 

FOTO: Benjamin Feller / bf-photography.de

   

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