Dammeier-Interview lässt Preußen-Sieg in den Hintergrund rücken
3:1 gegen den Chemnitzer FC gewonnen, der Sprung auf Platz 10 in der Tabelle und der fast sicher geschaffte Klassenerhalt – eigentlich könnte die Stimmung beim SC Preußen Münster kaum besser sein. Aber auch nur eigentlich. Tatsächlich interessierten sich nur die wenigsten Fans und Freunde der Münsteraner nach Abpfiff für die so wichtigen drei Punkte gegen einen direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt. Stattdessen rückte ein Interview eines großen Hoffnungsträgers der Adlerträger in die Schlagzeilen.
„Große Respektlosigkeit gegenüber der Mannschaft“
„Ich empfinde das als große Respektlosigkeit, Respektlosigkeit gegenüber der Mannschaft und dem ganzen Trainerteam, das hier hart und erfolgreich arbeitet“, so Chefcoach Ralf Loose in den "Westfälischen Nachrichten", der keinen Hehl aus seiner Enttäuschung machte. Wenige Stunden zuvor wurde in der Bildzeitung ein Interview mit Detlev Dammeier veröffentlicht, indem der neue sportliche Leiter der Preußen klar machte, was er von Loose hält. Die Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags mit dem 51-jährigen Chefcoach habe keine hohe Priorität, zudem werde auf Looses Meinung bezüglich der Kaderplanung keine große Rücksicht genommen. Spielern mit auslaufenden Verträgen werden wohl zudem keine Steine in den Weg gelegt werden – wohl auch deshalb, weil er im aktuellen Kader kein Potential für die Verwirklichung seiner Philosophie sehe, nämlich „früh attackieren, gut gegen den Ball arbeiten und dann blitzschnell umschalten.“
Nicht nur Loose, auch die Spieler selbst reagierten darauf verständlicherweise sehr gereizt. Den "Westfälischen Nachrichten" zufolge soll in der Kabine des SCP das besagte Interview gehangen haben, Dammeier dabei unkenntlich gemalt worden sein. „Wieso werden gerade jetzt Hierarchien in Frage gestellt?“, so Keeper Daniel Masuch. „Das ist schade für die Jungs, die hier seit Jahren spielen.“ Einer dieser Spieler ist Stefan Kühne. Der 33-Jährige kündigte nach dem Spiel an, die Preußen im Sommer zu verlassen. Der Abgang des „Capitanos“ ist keine direkte Reaktion auf Dammeiers Interview, aber dennoch ein erstes Indiz dafür, wie viel Lust die Kicker auf den „Neuen“ in der Chefetage hat.
Die Preußen zerfleischen sich wieder einmal selbst
Der Haussegen an der Hammer Straße hängt also wieder einmal schief. Interne Querelen sorgten in der jüngeren Vergangenheit immer wieder für viele Probleme: Der verpasste Aufstieg im vergangenen Sommer, der komplett verkorkste Saisonstart, von dessen Auswirkungen sich der Kader auch nach fast neun Monaten noch nicht vollständig erholt hat sowie die zwischenzeitlichen Suspendierungen und Kaderstreichungen von etablierten Akteuren wie Schöneberg, Schmidt und Kara. Gerade jetzt, als sich der SCP von diesen Negativschlagzeilen befreien konnte und durch den beeindruckenden Erfolg gegen Spitzenreiter Heidenheim vor eineinhalb Wochen sogar wieder höhere Ansprüche anmeldete, zerfleischt sich der Verein nun wieder einmal selbst.
Dabei gibt es dafür sportlich gesehen wenig Gründe. Die Mannschaft bewies gegen den Chemnitzer FC große Moral, kam nach dem 0:1-Rückstand nach knapp 20 Minuten noch zu einem verdienten 3:1-Erfolg. Der Wille, der Kampf, die Leidenschaft – beim den Adlerträgern stimmt wieder vieles von dem, was man zu lange in dieser Spielzeit hat vermissen lassen. Sieben Spieltage vor Schluss beträgt der Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz nun komfortable neun Zähler, mit einem weiteren Sieg am Samstag bei Borussia Dortmunds zweiter Mannschaft kann sogar noch ein Angriff auf die besseren einstelligen Tabellenplätze folgen. Die Stimmung beim SC Preußen Münster könnte eben eigentlich kaum besser sein. Aber eben auch nur eigentlich…
FOTO: Flohre Fotografie