Das sind Gründe für den Abstieg des MSV Duisburg

Seit Sonntagabend ist es amtlich: der MSV Duisburg ist abgestiegen. Ein letztes Strohfeuer haben die Zebras fahrlässig mit der Niederlage in Lübeck selbst zertreten. Doch die Gründe für den Absturz in die Regionalliga liegen viel tiefer im Verein. liga3-online.de analysiert den Niedergang eines Traditionsklubs.

Grund 1: Finanzieller Rahmen

Es fing schon im Sommer 2013 an. Kosta Runjaic war gerade Trainer der Zebras und hatte den Verein, der damals auch im Unterhaus strauchelte, im Endspurt stabilisiert. Anschließend bastelte er mit Ivica Grlic an einem Kader, der für die 2. Bundesliga vielversprechend werden sollte. Die Fans waren überzeugt. Doch dann aufgrund von finanziellen Problemen kam der Zwangsabstieg, der durch einen wahnsinnigen Kraftakt von Fans und Verantwortlichen damals "nur" in die 3. Liga führte. Davon hat sich der Verein aber nie dauerhaft erholt, weil der MSV Duisburg diese Spielklasse nie angenommen hat. Jetzt erhalten die Meidericher die Quittung dafür, dass es keine echte Alternative zur Rückkehr ins Unterhaus gab.

Die finanzielle Situation ließ auch gar nichts anderes zu. Daraus hat der MSV nie einen Hehl gemacht – doch die Folgen sind womöglich gravierender, als es auf den ersten Blick scheint. Denn die Schlagworte "Zebrastreifen", "weiß & blau" und "Geldnot" sind wohl die ersten drei Dinge, die dem neutralen Beobachter in Bezug auf den Meidericher Spielverein einfallen. Der MSV hat sich in den letzten Jahren erfolgreich als klammer Klub etabliert. Alles sah danach aus, dass die Not von Saison zu Saison immer größer wurde. Wäre das Licht ohne die Bereitschaft der Fans und Sponsoren vielleicht schon länger ausgegangen? Fakt ist: der MSV hat kein Geld – und das schreckt seit Jahren vom Standort Duisburg ab. Den Willen, das zu ändern, kann man den Verantwortlichen nicht abstreiten. Aber für einige ambitionierte Spieler war das vermutlich ein K.O.-Kriterium in der Vereinswahl.

Grund 2: Personalentscheidungen

Trotzdem konnten die Zebras immer wieder namhafte Spieler an die Wedau locken. Marvin Compper, Dominik Schmidt, Marvin Bakalorz, Alexander Esswein, Daniel Ginczek – das sind die jüngsten Beispiele für erfahrene Spieler, die in ihrer besten Form die komplette Liga abreißen könnten. Dazu kamen einige Talente, die das vermeintlich starke Gerüst ausschmücken. Zweimal (in elf Jahren) ging der Plan zwar auf, doch darüber hinaus ist selten ein harmonierendes Team entstanden. Sportlich wirkte die Planung zuletzt dann ähnlich limitiert wie die wirtschaftlichen Eindrücke, weil der MSV fast schon mit Ansage nach Schema F auf dem Transfermarkt agierte. Den Fans bereitete jedenfalls jeder verpflichtete Ü30-Spieler mit Bundesliga-Erfahrung eher Kopfzerbrechen als Freude.

Auf dem Trainerposten probierte der MSV hingegen fast alles. Das Theater begann mit der Entlassung von Torsten Lieberknecht, der nach seinem Engagement an der Wedau kaum ein gutes Haar am Verein ließ. Die Rückkehr von Gino Lettieri kam einer der größten Fehlentscheidungen überhaupt gleich, danach wurde mit Pavel Dotchev ein Rekordtrainer in der 3. Liga und mit Hagen Schmidt ein ambitionierter Novize verschlissen. Torsten Ziegner und Boris Schommers werden Randnotizen in der MSV-Historie bleiben. Fünf verschiedene Trainer holten zusammen nur 146 von 393 möglichen Punkten seit November 2020. Das macht 1,11 Punkte pro Partie, weshalb des MSV stets in den unteren Tabellenregionen anzusiedeln war. Ein echtes Konzept war in der Personalentscheidungen nicht erkennbar, da half auch die Installation von sportlichen Beratern im Vorstand nichts.

Grund 3: Identifikation fehlt

Wofür der MSV stehen soll, ist vielen Fans derzeit nicht klar. Anders dürfte es den Spielern auch nicht gehen. Viele Akteure aus dem aktuellen Kader werden nicht bleiben. Viele Spieler will das Publikum auch gar nicht mehr sehen, wird die Mannschaft doch schon seit geraumer Zeit als "Schande von Duisburg" betitelt. Eine echte Identifikation mit dem Verein machen die Fans bei wenigen Spielern aus. Bezeichnend ist wohl, dass zwei talentierte Eigengewächse bereits als feste Abgänge feststehen. Caspar Jander wird es zum 1. FC Nürnberg ziehen, Baran Mogultay zu Borussia Dortmund II. Während Jander durch eine Verletzung ausgebremst wurde, schoss sich Mogultay mit Abschiedsgedanken schon im Winter aus dem Kader. Es sind die einzigen Transfers, die schon feststehen.

Marvin Knoll positionierte sich jüngst als bislang einziger Spieler öffentlich, indem er einen Verbleib in der Regionalliga nicht ausschloss. Dem Innenverteidiger, der nach dem Kreuzbandriss von Sebastian Mai zum Kapitän aufstieg, wird die passende Leidenschaft für den Neuanfang zugetraut. Im Rückspiel gegen Freiburg II humpelte der 33-Jährige ab der 75. Spielminute mit einem Muskelfaserriss sichtlich angeschlagen im Mittelkreis herum, konnte aber nicht mehr ausgewechselt werden und blieb trotzdem auf dem Rasen. Ein Sinnbild dafür, was sich die MSV-Fans von den Spielern wünschen – natürlich nicht auf Kosten der Gesundheit. Aber den Willen, alles für den Meidericher Spielverein zu geben, den vermisste auch Interimscoach Uwe Schubert zuletzt. Die 3:5-Niederlage in Lübeck kam – trotz aussichtsloser Lage kurz vor Saisonschluss – einem Aufgeben gleich. Ein No-Go für die Malocher-Mentalität im Ruhrgebiet.

Grund 4: Fehlendes Spielglück

Das Spiel an der Lübecker Lohmühle war bezeichnend für den Abstieg des MSV, keine Frage. Eine 3:1-Führung so deutlich zu verspielen, dass die Anhänger danach vor Wut den Platz stürmen wollen, passt ins Saisonbild. Schon am 6. Spieltag gegen Verl lag der MSV mit zwei Toren nach 13 Minuten vorne, was die Zebras in der Nachspielzeit noch mit 2:3 verspielten – und das kostete letztendlich auch Ziegner den Job. Im Heimspiel gegen Essen (1:2) brachte der MSV einen sowieso schon spät geschenkten Punkt nicht über die Zeit, die roten Karten von Joshua Bitter in den Partien gegen Halle (2:3) und Münster (1:3) blieben ebenfalls als unglückliche Entscheidungen im Saisonverlauf in Erinnerung. Gerade in wichtigen Partien gab der MSV so gut wie alles aus der Hand.

Positiv überraschen konnten die Duisburger in dieser Saison eigentlich nur, wenn niemand etwas von der Mannschaft erwartete. Zu allem Überfluss kam das Verletzungspech noch hinzu. Niklas Kölle und Thomas Pledl verletzten sich zu Saisonbeginn schwer an der Schulter, Marvin Bakalorz und Caspar Jander zu Beginn der Rückrunde am Knie. Sebastian Mai fehlt wegen eines Kreuzbandrisses, auch Pascal Köpke war wegen Knieproblemen so gut wie nie eine Option. Köther, Feltscher, Pusch, Bakir, Anhari, Smarsch oder Ekene erwischte es auch mittel- bis längerfristig mal. Wessen Einsätze in welcher Phase geholfen hätten, da streiten sich die Geister. Fest steht nur, dass sich der MSV auch einfach kein Glück erarbeitet hat – oder erarbeiten konnte. In Summe ließ sich der am Ende zunehmend deutliche Abstieg nicht verhindern.

   

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