Das Zeugnis zur Saison 2023/24: Die obere Tabellenhälfte

Vorbei ist sie, die 16. Drittliga-Saison – sicherlich ein Kapitel, das aufgrund teils historischer Entwicklungen lange in Erinnerung bleiben wird. Zeit für ein Zeugnis zu allen 20 Teilnehmern der Saison 2023/24. Wer holt die Bestnoten, wer ist durchgefallen, gab es positive und negative Überraschungen? Im zweiten Teil schauen wir auf die obere Tabellenhälfte inklusive zweier Sensations-Aufsteiger.

So gerade eben in der oberen Hälfte eingetrudelt, ist das der neue Anspruch des FC Ingolstadt? Wer die Möglichkeiten und die Infrastruktur des FCI kennt, der stellt sich diese Frage gar nicht erst. So geht eine abermalig enttäuschende Spielzeit für die Schanzer sehr unspektakulär zu Ende – wenigstens ohne Abstiegssorgen wie im Vorjahr und mit der Qualifikation für den DFB-Pokal, könnte man unken. Dass die langfristig angelegte Idee mit Trainer Michael Köllner aufgegeben wurde, schmerzte. Ist nun Sabrina Wittmann als erste Cheftrainerin im deutschen Fußball die glückliche Profiteurin? Falls die Wahl auf die 32-Jährige fällt, wird auch der übliche Druck bei den Rot-Schwarzen erwarten: Ein Zweitliga-Kader muss endlich die dazugehörige Platzierung erreichen. Im Starterfeld der 3. Liga 2024/25, in dem die halbe Liga aufsteigen möchte, wird das richtig schwer.

Note: 4-

 

Während 15 von 20 Drittliga-Trainern vor der Saison auf den SV Sandhausen als Aufsteiger setzten, gab es natürlich keine vergleichbare Umfrage für die potenziellen Absteiger. Aber wenn: Haching wäre wohl mehr als einmal genannt worden. Umso erstaunlicher, was dieser Mix aus Altgedienten und hochspannenden Talenten ablieferte – obere Tabellenhälfte, nur ein Zähler hinter dem SVS, glänzende Zukunftsperspektiven für Spieler wie Maurice Krattenmacher und Aaron Keller. Millionen-Ablösesummen in Aussicht. Solch eine entspannte Runde mit 55 Punkten zu spielen, nie in Abstiegsgefahr zu geraten, dafür lässt sich nur der Hut ziehen. Ein Klub wie Unterhaching haben es absolut verdient, in der 3. Liga zu spielen.

Note: 2

 

Der SVS durfte froh sein, dass er ein Verein von eher regionalem Interesse ist, der in der Krise nicht allzu viele Blicke auf sich zieht. So blieb es den Verantwortlichen erspart, sich deutlich mehr Kritik infolge einer gescheiterten Mission anhören zu müssen: Selbst mit beeindruckenden Transfers wie Rouwen Hennings, Alexander Mühling und Tim Knipping hatte Sandhausen zu keinem Zeitpunkt die Qualität, um den Aufstieg mitzuspielen – wohlgemerkt in einer Saison, in der zwei Ex-Regionalligisten direkt durchmarschiert sind und damit an alle vermeintlichen Favoriten eine Ohrfeige verteilten.

Note: 4-

 

Ein bisschen Frust musste an der Hafenstraße verdrückt werden – die Möglichkeit zur Relegationsteilnahme war lange da, doch RWE versagten die Nerven. Chance vertan! Und wer weiß, wann sie wiederkommt. Aber dennoch: Vor einem Jahr zitterte die Großstadt zwischen Rhein und Ruhr um den Verbleib in der 3. Liga, die vermeintlich schwere zweite Saison ging nun mit einer phasenweisen Leistungsexplosion einher – herbeigeführt von Trainer Christoph Dabrowski, der anders als viele seiner Vorgänger eine ganz schwere Phase überstanden hatte. Klar ist aber auch: Ein Verein wie RWE wird Platz 7 als Grundlage sehen, um sich weiter vorzuarbeiten und den Traum von der 2. Bundesliga wahr werden zu lassen. Ohne Schlüsselspieler wie Marvin Obuz und Felix Götze wird die nächste Verbesserung aber nicht leicht.

Note: 2

 

So unspektakulär die Saison für die Veilchen nach dem tollen Auftakt war, so bemerkenswert ist das Endresultat, das manchem erst auf den zweiten Blick auffiel: Die Dotchev-Elf hat die Relegation nur um drei Pünktchen verpasst – und das mit einer Mannschaft, die stark verjüngt daherkam und vom Etat her allerhöchstens einen Mittelfeldplatz belegt. Wer sich dann noch zurückerinnert, wie provisorisch der FCE über weite Strecken seinen Spieltagskader besetzen musste – eine schmale Planung und einige Verletzte taten ihr Übriges – der weiß die Leistung umso mehr zu schätzen. Der Geist des Erzgebirges lebt wieder auf, weil der Großteil des Teams den Malocher-Charakter aus dem Schacht widerspiegelt. Eine starke Basis, vielleicht sogar eine Grundlage, um in 2024/25 noch positiver zu überraschen.

Note: 2

 

Allein der 38. Spieltag, der völlig verdiente 1:0-Sieg beim späteren Aufsteiger aus Regensburg, zeigte dem FCS eins auf: Er hatte in dieser Spielzeit voll und ganz das Potenzial, aufzusteigen – womöglich sogar souverän. Ist er an der Doppelbelastung aufgrund einer herausragenden Pokalsaison gescheitert, an der Rasenproblematik und den damit verbundenen Spielabsagen oder an sich selbst? Saarbrücken kommt auf die zweitwenigsten Niederlagen, auf ein tadelloses Torverhältnis und steigerte sich in der Rückrunden-Punktebilanz sogar um ein gutes Stück. Das versöhnliche Saisonende inklusive Pokal-Qualifikation könnte nun der Startschuss sein, um als finanziell situierter Klub endlich den Angriff auf die 2. Bundesliga zu starten. Es wird Zeit an der Saar.

Note: 2

 

Sie werden sich schwarz ärgern an der Elbe. Haushoch und dominant im ersten Halbjahr, dann fiel eine Mannnschaft, die wohl doch keine wirkliche war, wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Immer wieder war es das gleiche Muster, hauptsächlich verursacht von eigener Ineffizienz, einer Prise fehlendem Spielglück und etlichen Nebenkriegsschauplätzen. Markus Anfang quälte sich lange durch das neue Jahr, bis auch er der Mega-Krise zum Opfer fiel. Hässliche Szenen wie die Morddrohungen gegen Kapitän Stefan Kutschke rundeten das traurige Bild ab, das die SGD in einer denkwürdig schlechten zweiten Saisonhälfte zeichnete. Kein Wunder, dass in diesem Sommer ein gründlicher Hausputz bevorsteht – dieser Kader, das zeigten nun zwei Jahre in Folge, ist nicht in der Lage, die 2. Bundesliga zu erreichen.

Note: 4

 

Das Jahr ging in jedweder Hinsicht an die Substanz des Jahn, der einen schweren Schicksalsschlag erlitt und noch dazu in der Hinrunde mit allem erdenkbarem Spielglück sichtbar überperformte. Trotzdem war zuweilen schwer erklärbar, wie dem SSV im Jahr 2024 die Puste ausging und er von seinem eigenen Absturz nachhaltig verunsichert wirkte. Umso bemerkenswerter, was in der Relegation geschah – und das bei einem Verein, der platt wirkte von dieser Spielzeit. Das Ende ist bekannt: Der Jahn zwang Wiesbaden mit ganz viel Kampfgeist und seinem größten Faustpfand, den pfeilschnellen Gegenstößen, in die Knie und feierte den direkten Wiederaufstieg. Der Erfolg gibt dabei allen Beteiligten, auch Trainer Joe Enochs, recht, auch wenn die Rückserie (Platz 18!) wohl die schlechteste war, die je ein späterer Zweitliga-Aufstieg gespielt hat.

Note: 1-

 

Nur in Ulm fanden Sascha Hildmann und seine Preußen ihre Meister, was die ebenso eindrucksvolle Rückrunde der Westfalen aber keineswegs schmälern soll. Mit sieben Siegen in Folge wurde aus dem Mittelfeldteam still und heimlich eine Spitzenmannschaft, die in ihrer Heimatstadt eine solche Wucht entfachte, dass die Zweitliga-Rückkehr nach 33 Jahren die einzig logische Konsequenz war. Als Neuling mit der Top-Offensive durchmarschiert (68 Tore), auch das kann sich so richtig sehen lassen. Klar: Die Konkurrenz spielte mit, weil sie geschlossen patzte – aber es braucht auch erst zwei Teams wie Ulm und Münster, die das derart auszunutzen wissen.

Note: 1

 

Wir können die Bilanz zum SSV Ulm 1846 kurz halten, oder? Auf eine schon phänomenale Hinrunde folgte eine bombastische Rückserie mit 44 Punkten aus 19 Spielen – der ursprünglich anvisierte Klassenerhalt wäre schon damit eingetütet gewesen. Doch angeführt vom entfesselten Leo Scienza, der künftig in der Bundesliga für Heidenheim spielen wird, schwebte die Elf von Thomas Wörle spätestens im Frühjahr über allen, verlor im Jahr 2024 kein einziges Punktspiel und schuf einen gigantischen 14-Zähler-Vorsprung auf den dritten Tabellenplatz. 78 Punkte als Aufsteiger – das ist nicht nur unfassbar, sondern auch ein Rekord. Eins mit Sternchen, keine Diskussion.

Note: 1+

 

Weiterlesen: Das Zeugnis zur unteren Tabellenhälfte

   

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