Das Zwischenzeugnis #2: Die obere Tabellenhälfte
Fünf Spieltage sind es noch bis zur kurzen, einmonatigen Winterpause in der 3. Liga. Die nun begonnene, letzte Länderspielpause des Jahres bietet nicht nur den Klubs eine Chance, durchzuschnaufen: liga3-online.de analysiert die bisherige Saison aller 20 Vereine kurz und knackig – und stellt am Ende des Zwischenzeugnisses auch eine Note aus. Im zweiten Teil blicken wir auf die Klubs aus der oberen Tabellenhälfte.
Die BVB-Reserve zählt in dieser Saison zu den unspektakulären Vertretern der 3. Liga. Zu Saisonbeginn trotzten die Dortmunder erheblichem Personalmangel, dann entwickelte sich ein Auf und Ab ohne positive wie negative Serien. Die Konsequenz ist ein Rang im grauen Mittelfeld mit ausgeglichenem Torverhältnis. Dass dieses erst bei 18:18 Treffern steht, ist wiederum schwer zu erklären, denn an Abschlussgelegenheiten sowohl für die Dortmunder als auch ihre jeweiligen Gegner mangelt es eigentlich selten. Während der BVB in Marcel Lotka einen mindestens zweitligatauglichen Keeper bei sich weiß, sind die Stürmer reihenweise verletzt ausgefallen (Butler, Otuali, Besong). Duisburg-Neuzugang Julian Hettwer ist mit fünf Toren und Vorlagen aber gut eingeschlagen.
Note: 3+
Nicht der beste, nicht der schlechteste Absteiger – und doch viel, viel zu wenig. Der SV Sandhausen hat schon einen Trainertausch hinter sich und mag auch deshalb auf die Konkurrenz doch etwas arg verbissen wirken, zurück in die 2. Bundesliga zu stürmen. Präsident Jürgen Machmeier machte mit einem Schiedsrichter-Rempler ziemlich miese Schlagzeilen, was zum unentspannten Eindruck am eigentlich beschaulichen Hardtwald passt. Man mag sich, auch mit Blick auf die Personalentscheidungen vergangener Jahre, nun vorstellen können, welcher Erfolgsdruck beim selbsternannten Aufstiegsfavoriten vorherrscht. Die Mannschaft, die in der Spitze toll und in der Breite mittelmäßig besetzt ist, wird dem bislang nicht gerecht. Vor allem die nur zwei Heimsiege schadeten der Gesamtbilanz gehörig.
Note: 4
In unmittelbarer Nähe der bekannten deutschen Autofabrik fallen auch beim FCI zwar Tore wie am Fließband – bereits 50 in den ersten 15 Spielen! Allerdings verteilt auf beiden Seiten. Und das ist angesichts der Defensivqualität, die Ingolstadt mit Kickern wie Simon Lorenz, Lukas Fröde und Ryan Malone im Sommer ergatterte, nicht genügend. Das 0:4 in Bielefeld, das 2:4 daheim gegen Regensburg waren nur zwei Beispiele für heftige Niederlagen, die nicht zum Eigenanspruch eines Mitfavoriten passen. Bekommt Michael Köllner, der mit einem weiterhin sehr verletzungsanfälligen Kader arbeiten muss, dies in den Griff? Bislang lebte er auch von Glücksgriff Jannik Mause, der von Viertligist Aachen kam und angesichts von neun Toren voll einschlug. Trotzdem ist der direkte Aufstieg (13 Punkte Rückstand auf Platz 2) schon in weiter Ferne – eine Folge chronischer Inkonstanz.
Note: 3-
Eigentlich lässt sich über die ersten 15 Spieltage des FC Erzgebirge in der Summe nicht viel Schlechtes sagen: Die Bilanz ist positiv, der Abgang einiger langjähriger Spieler wurde gut kompensiert, die vielen Neuzugänge aus der Regionalliga machen Mut, auch wenn sich mit Ausnahme von Verteidiger Niko Vukancic noch keiner zum durchgängigen Leistungsträger aufgeschwungen hat. Die Tendenz ist nach dem furiosen Start (14 Punkte aus sechs Spielen) etwas zu stark nach unten gekippt – schade um die gute Ausgangslage in einer Liga, die ab dem 3. Platz abwärts perspektivisch hart umkämpft ist. Ob die Veilchen dort noch einmal mitmischen? Derzeit deutet vieles eher aufs Mittelfeld hin, denn aus einer Menge Ballbesitz entsteht regelmäßig viel zu wenig Gefahr vorm gegnerischen Tor.
Note: 2-
260 Jahre Lebenserfahrung bringen acht Unterschiedsspieler der Hachinger zusammen: René Vollath, Josef Welzmüller, Manuel Stiefler, Markus Schwabl, Sebastian Maier, Simon Skarlatidis, Mathias Fetsch und Patrick Hobsch bilden das breite Fundament voller Erfahrung – den Rest regeln die vielen jungen Hüpfer um sie herum. Trainer Marc Unterberger passt als 34-Jähriger auch altersmäßig voll in die Führungsriege seiner Mannschaft, dazu geht das erstaunliche Konzept mit nur einem externen Sommer-Neuzugang bislang richtig gut auf. Talente wie Maurice Krattenmacher und Ben Westermeier könnten irgendwann die Kassen füllen. Vollath ist der stete Rückhalt, seine sieben weißen Westen toppt kein anderer Keeper. Die Mischung macht es beim Neuling, der den halben Klassenerhalt schon eingetütet hat.
Note: 2+
Schwierige Phase für den SSV Ulm 1846: Nach drei Niederlagen in Serie ist die Euphorie erst einmal eingedampft. Die Realität trifft Thomas Wörle und seine Mannschaft nach starken Monaten, die sicherlich von einer leichten Überperformance begleitet waren. Die Ulmer stehen in der Marktwert-Tabelle ganz unten, haben abseits von ein paar alten Recken kaum Drittliga-Erfahrung und schlugen sich dafür umso auffälliger. "Die können ja richtig kicken!", dürfte manch gegnerischer Fan schon festgestellt haben. Weshalb die Elf um ihren liebenswerten, weil so charismatischen Kapitän Johannes Reichert sich auch eher keine Gedanken machen muss, nun völlig einzuknicken.
Note: 2+
Ein Dorf, das rockt: Nein, nicht das schleswig-holsteinische Wacken ist gemeint, sondern das ostwestfälische Verl – auch wenn es, das fügen wir gerne an, stolz den Status einer Kleinstadt trägt. Was aber zwischen Wiesen und Weiden an der Poststraße vor sich geht, ist fast schon unheimlich: 34 erzielte Tore und ein wöchentliches Wahnsinns-Spektakel, das Fußballfreunden das Herz aufgehen lässt, prägen den SCV im vierten Drittliga-Jahr. Trainer Alexander Ende hat die großen Fußstapfen Mitch Kniats problemlos ausgefüllt und übertrifft dessen Arbeit derzeit sogar noch. An der Drittliga-Tauglichkeit des Kaders muss niemand zweifeln, er ist klug und vielseitig zusammengestellt. Und solange es einen Oliver Batista Meier (aus Sicht der Verler leider nur bis Saisonende) gibt, der bereits 16 (!) Scorerpunkte gesammelt hat, ist die einzige, schöne Sorge: Wie soll ein Zweitliga-Szenario aussehen?
Note: 1-
Die 3. Liga ist eine kuriose – mit Rot-Weiss Essen als jüngstem Beispiel. Denn der Tabellendritte brauchte zuletzt den 2:0-Sieg über Mannheim auch, um das eigene Torverhältnis wieder in Waage zu bringen: Es hatte nach zwei hohen Niederlagen mit neun Gegentoren zwischenzeitlich arg gelitten. Doch irgendwie ist das Orchester an der Hafenstraße ein stimmiges geworden, das auch diese kurze wie knackige Krise – die fast schon obligatorische Suspendierung in dem Fall von Kapitän Felix Bastians inklusive – schnell abmoderiert hat. So träumt RWE, das nach statistischen Daten eigentlich nur 17 statt der 27 erreichten Zählern haben dürfte, dank der beeindruckenden fünf Siege in Folge, eines bockstarken Jakob Golz zwischen den Pfosten und ganz vieler Last-Minute-Schlüsselmomente plötzlich von der 2. Bundesliga. Verrückte Welt! Mal gucken, ob es hält…
Note: 2+
Acht Siege! Ein bisschen unheimlich ist die Serie von Jahn Regensburg ja doch. Nicht, weil der Jahn als Absteiger kein Anrecht darauf hätte, Mitfavorit zu sein, und auch die Startelf ist von nachgewiesener Klasse. Doch so oft verliefen die Partien eng, so oft gab der SSV mindestens eine Halbzeit lang das Geschehen an den Gegner ab. Der aber bekommt daraus, ob er nun Ulm heißt oder Münster oder 1860 München, nichts Zählbares zustande. Und der Jahn, bei dem Joe Enochs seinen allseits bekannten 4-2-3-1-Umschaltspiel-Stiefel zuverlässig wie ein Uhrwerk anwenden kann, setzt die Nadelstiche. Und Spieler wie Viet, Kother, Saller, Faber sind dann eben doch solche, die andere Drittligisten nicht haben. Der direkte Wiederaufstieg ist längst keine Illusion mehr, wenngleich die Oberpfälzer bislang überperformen und zehn Punkte mehr geholt haben als erwartet.
Note: 1
Manch einen Verein hätte ein auf so bittere Art und Weise verspielter Aufstieg wie jener von Dynamo Dresden im Mai 2023 völlig aus der Bahn geworfen. Die SGD schaffte es – als Klub dieser Größe durchaus erstaunlich wie bemerkenswert – einfach weiterzumachen. Und formte eine Mannschaft, die nun serienweise mit dem Selbstverständnis eines Aufsteigers auftritt. Ausrutscher wie das 0:3 in Essen passieren, wie es jedem Favoriten schon immer mal unterlief. In Summe aber ist Dresden ungeheuer abwehrstark (erst elf Gegentore), vorne immer in den richtigen Momenten zur Stelle – alles eben eine Sache der Qualität. Und die ist bei Dynamo, danach sieht alles aus, in diesem Jahr den berühmten Tacken höher als bei der gesamten Konkurrenz. Sieben Zähler Vorsprung auf Rang drei bei einem Nachholspiel in der Hinterhand sprechen Bände.
Note: 1
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