Der große Drittliga-Saisonrückblick #1
Die Drittliga-Saison 2017/18 ist Geschichte, 380 Spiele haben die Clubs absolviert und dabei Aufsteiger wie Absteiger ermittelt. Grund genug, ein Fazit zu ziehen. Wer konnte überzeugen? Wer übertraf die Erwartungen? Wer enttäuschte? Und was für eine Zukunftsperspektive besitzen die 20 Vereine? Im ersten Teil schauen wir auf die letzten sieben Teams der diesjährigen Tabelle.
Im Vorfeld dieser Spielzeit hätte sich bei der SG Sonnenhof Großaspach wohl fast jeder mit dem 14. Platz zufriedengegeben. Wieder einmal waren eine Reihe von Stammspielern verabschiedet worden, noch dazu Oliver Zapel. Sascha Hildmann – wieder so ein Typ, den fast niemand vorher kannte – übernahm das Ruder souverän und sorgte mit einem 4:1-Auftaktsieg über den späteren Meister aus Magdeburg für Furore. Überhaupt war die Hinrunde klasse, 31 Punkte sammelte die SGS aus ihren 19 Spielen und befand sich damit rein theoretisch sogar noch im Verfolgerfeld um den dritten Platz. Es folgte jedoch ein sehr enttäuschendes bisheriges Jahr 2018: Nur noch drei Siege holte Großaspach in der Rückserie, 16 Zähler insgesamt. Nur die späteren Absteiger holten noch weniger Punkte. Den höchsten Auswärtssieg aller Drittligisten verbuchte Großaspach allerdings inmitten dieser Phase: Einen 6:0-Erfolg beim in seine Einzelteile zerfallenen FC Rot-Weiß Erfurt.
Note: 3-
Prognose: Die Negativentwicklung muss die SGS im Sommer schnell stoppen. Allerdings könnte der übliche Aderlass folgen – Joseph-Claude Gyau, Daniel Hägele, Sebastian Schiek und Pascal Sohm haben ihren Abschied schon verkündet. Gut möglich, dass Großaspach in der neuen Saison mehr Probleme bekommt als bisher.
Nur noch 41 Punkte holte der FSV Zwickau. Ein Wert, der in manchen Drittliga-Jahren für den Ligaverbleib nicht gereicht hätte. Die Westsachsen spielten eine sehr mäßige Hinrunde inmitten des Abstiegskampfes, waren nach der Hälfte der Saison nur hauchdünn vor den letzten drei Plätzen. Geringfügig besser, aber längst nicht so beeindruckend wie im Vorjahr verlief die Rückrunde, in der Zwickau immerhin fünf Zähler mehr holte als im ersten Halbjahr. Zehn von 38 Spielen wurden nur gewonnen – das ist nicht die Welt. Noch dazu kam kurz vor Ende der Spielzeit Chaos auf, als sich Erfolgstrainer Torsten Ziegner erst seinen Abschied im Sommer verkündete und dann mehrmals (zu) offen darüber sprach, einige Spieler zu seinem kommenden Arbeitgeber, dem Halleschen FC, mitnehmen zu wollen. Er wurde vor wenigen Wochen freigestellt. Joe Enochs, ehemals beim VfL Osnabrück, wird zum Trainingsauftakt übernehmen.
Note: 4
Prognose: Der FSV Zwickau ist finanziell wie sportlich im Drittliga-Vergleich eher schwach aufgestellt. Ein kleiner Umbruch wird kommen – und die Lage noch komplizierter, weil es bald durch Auf- und Abstiege bedingt bedeutend weniger Ostduelle geben wird, Zuschauereinnahmen wegfallen. Zwickau ist ein Kandidat, der 2018/19 stark um den Ligaverbleib zittern muss.
Über diese Saison werden die Sportfreunde Lotte sicherlich gern den berühmten schweigenden Mantel legen. Ruhmreich hat sich der kleine Dorfverein ganz im Gegensatz zur Spielzeit davor nicht präsentiert, zumindest nicht im sportlichen Sinn. Statt des großen Glücks im DFB-Pokal und positiver nationaler Bekanntheit erlangten die SFL zweifelhaften Ruhm, als sie nach wenigen Spieltagen bereits ihren dritten (!) und noch während der Hinrunde ihren vierten (!) Trainer präsentieren mussten. Ismail Atalan ging (erfolglos) nach Bochum, Oscar Corrochano fand keinen gemeinsamen Nenner mit dem Team und Marc Fascher wählte eine Taktik, die dem zuvor Gespielten zu stark widersprach. Erst Andreas Golombek brachte wieder Ergebnisse, die sich dann aber im Verlauf der Rückrunde wieder mäßigten. Was für Zwickau gilt, gilt damit auch für die 40 Punkte der Sportfreunde: Damit hätte Lotte auch absteigen können.
Note: 4-
Prognose: Bislang haben die SF Lotte nicht einmal einen Trainer für das kommende Jahr präsentiert. Dazu gehen fast alle Spieler, die immensen Wert für den Mannschaftsverbund besaßen: Benedikt Fernandez, Kevin Rodrigues Pires, Bernd Rosinger, Kevin Freiberger oder Moritz Heyer zum Beispiel. Einige Lotter Anhänger befürchten daher das Schlimmste für 2018/19. Zumindest die bisherigen Verpflichtungen, interessante Spieler aus den Regionalligen, lassen sich aber gut an.
So instabil, so destruktiv und schlichtweg schlecht hat sich der VfL Osnabrück viele Jahre nicht mehr präsentiert, erst recht nicht in der dritthöchsten Spielklasse. Mit 37 Punkten ist Lila-Weiß allenfalls über die Ziellinie gestolpert. Es ist ein kleines Wunder, dass der VfL mit dieser niedrigen Punktezahl an den letzten Spieltagen nicht einmal mehr zittern musste. Nachdem Joe Enochs in der Hinrunde teils einem Spießrutenlauf seitens kritischer Anhänger ausgesetzt war, wurde sein Engagement nach der 1:4-Derbyniederlage in Münster beendet. Nachfolger Daniel Thioune brachte in einigen Spielen, allen voran vor dem heimischen Publikum, einen Funken Hoffnung zurück. Aber der hat sich durch das peinliche Aus im Niedersachsenpokal sowie die desaströse Bilanz der letzten Saisonwochen längst verflüchtigt. Der VfL Osnabrück muss und wird im Sommer einen gewaltigen Neuanfang anstreben. Er muss lernen, aus einem deutlich geringeren Etat viel Ertrag zu holen.
Note: 5
Prognose: Als Viertletzter gibt es nur eine Option: Besser werden. Sonst wird der VfL Osnabrück absteigen. Allein sein Name ist aber noch immer deutlich größer, verspricht mehr als Drittliga-Abstiegskampf. Bringt Lila-Weiß Ruhe ins Umfeld, ist ein Mittelfeldrang, vielleicht auch die obere Hälfte wieder möglich.
Jetzt hat es die Werder-Reserve erwischt: Sie muss zurück in die Regionalliga Nord. Mehrfach hat sich Bremen in buchstäblich letzter Minute noch retten können, eine Negativserie von unfassbaren 28 Spielen – oder umgerechnet acht (!) Monaten – ließ sich nicht mehr umbiegen. Wie kam das zustande? Unter anderem, weil die junge Mannschaft nicht kontinuierlich geführt wurde. Florian Kohfeldt wurde zum (Erfolgs-)Trainer der Bundesliga-Mannschaft, Nachfolger Oliver Zapel hatte überhaupt kein Glück und ging ohne einen Sieg wieder. Sven Hübscher brachte seine Mannschaft dann immerhin zu einem ordentlichen Saisonabschluss. Nun wird die Mission "Wiederaufstieg" lauten.
Note: 5
Prognose: In einer Nord-Regionalliga ohne die ganz großen Namen ist Bremen Mitfavorit, wird sich aber mindestens mit den Reserven von Wolfsburg, Hamburg und vielleicht Hannover herumschlagen müssen.
Es ist bewundernswert, wie die Fans des CFC bis zum letzten Spieltag hinter ihrer Mannschaft, hinter ihrem Verein standen. Wo Abstieg draufsteht, steckt oft viel Frust drin, im schlimmsten Fall sogar Gewalt. Aber als der bittere Gang in Richtung Regionalliga feststand, da trauerten die Himmelblauen mit Anstand, sie verabschiedeten ihre Spieler mit Applaus und aufmunternden Worten. Klar: Die Saison war für den Eimer. Als Horst Steffen im Sommer kam, sollte er eine junge und hungrige Elf führen, bereinigt von überteuerten Stars, die sich Chemnitz nicht mehr leisten kann. Das Konzept ging nicht auf, weil vor allem in der Defensive der Anführer fehlte. Chemnitz wurde phasenweise zur Schießbude der Liga und verlor viele jener Spiele, in denen sie sich an die Nichtabstiegsplätze hätten herankämpfen können. Zum Knockout geriet schließlich der Insolvenzantrag im Frühjahr.
Note: 5
Prognose: Wie Mitabsteiger Rot-Weiß Erfurt wird der CFC auf den direkten Aufstiegsplatz in der Regionalliga Nordost schielen. Nur gibt es weitere starke Vereine in der Staffel, Wacker Nordhausen zum Beispiel, den SV Babelsberg und eventuell Energie Cottbus. Nichtsdestotrotz: Chemnitz wird ein Kandidat für die Rückkehr sein, erst recht, wenn weitere Leistungsträger den Weg in die vierte Liga mitgehen.
Mach es gut, Drittliga-Dino! Auch Rot-Weiß Erfurt verlässt die 3. Liga, und das leider völlig zurecht. 25 Mal gingen die Thüringer als Verlierer vom Platz, kassierten exakt dreimal so viele Gegentore, wie sie selbst Treffer erzielten. Trotz der schweren Vorzeichen ist das eine ungenügende Leistung. War es ein Fehler, Stefan Krämer frühzeitig zu entlassen? Eher ja. Er zeigt aktuell mit dem KFC Uerdingen, dass er ein Guter ist und aus vielen Clubs das Optimum herauskitzeln kann. Stefan Emmerling sollte dann zunächst das Wunder Ligaverbleib stemmen und nach der frühzeitigen Insolvenz den sportlichen Neuaufbau in der Regionalliga angehen. Weil sich Erfurt aber in den letzten Saisonwochen völlig desolat präsentierte, muss nun auch Emmerling gehen. Zu allem Überfluss tobte während der Spielzeit auch hinter den Kulissen ein erbitterter Machtkampf, oft unter der Gürtellinie. Ein Jahr zum Vergessen für RWE.
Note: 6
Prognose: Siehe Chemnitz. Wobei dem CFC eine etwas stärkere Favoritenrolle zukommen wird. Erfurt hat kaum Spieler mit einem gültigen Vertrag, aber immerhin einen interessanten Spieler bereits verpflichtet – Rico Gladrow, der hervorragende Scorerwerte verspricht. Ob RWE zu einem Topfavoriten auf den Wiederaufstieg werden kann, wird die Kaderplanung der kommenden Wochen zeigen.