Der KFC Uerdingen auf dem Weg zurück in den Profifußball

Wie sieht die 3. Liga in der kommenden Spielzeit aus? Noch ist die Zusammensetzung völlig unklar – die Vorfreude aber kann steigen, denn namhafte Teams wie der 1. FC Saarbrücken, die Kickers Offenbach oder 1860 München befindet sich auf Kurs Aufstiegsrelegation. In der West-Staffel plant der KFC Uerdingen unterdessen den Durchmarsch. Was ist rund um die altehrwürdige Grotenburg geschehen? liga3-online.de wirft einen Blick an den Niederrhein.
Nicht Krefeld, sondern Uerdingen
Stadtteilvereine sind im Fußball etwas Besonderes, denn sie sind Seltenheit geworden. Klar, Schalke 04 – dieser Name fällt sofort. Oder der FC St. Pauli aus dem bekannten Hamburger Szeneviertel. Und dann? Union Berlin aus dem östlichen Köpenick dürfte im erweiterten Kreis dazuzählen, doch der Vereinsname lässt nicht auf die Herkunft schließen. Anders sieht es beim KFC Uerdingen aus. Wo wurde in den Achtzigern hochklassiger Bundesliga-Fußball geboten? Wo wurde einst Dynamo Dresden in einem Spiel, das Geschichte schrieb, aus dem Europapokal befördert? Nicht von Krefeld, nein, von Uerdingen sprach die Fußball-Welt. Direkt am Rhein, ganz im Osten der Stadt. Dort wurde der Verein gegründet.
Gespielt wird an anderer Stelle, etwas weiter westlich, in Bockum. Dort zeugt das Grotenburg-Stadion von den großen Erfolgen, aber auch von der Vergangenheit. Noch immer finden 34.500 Zuschauer Platz in jener Spielstätte, die einen so großen Kontrast zum Einheitsbrei der Neubauten darstellt. Steil ragen die Flutlichtmasten in den Himmel, hinter den Toren werden die Stehplatzbesucher noch nass. 1994 war die Grotenburg zum bislang letzten Mal ausverkauft, damals gegen den FC Bayern.
Drei Insolvenzanträge in vier Jahren
Der KFC hat viel durchgemacht. 42 Jahre trug er den Namen des Bayer-Konzerns, dessen 1877 errichtetes Werk das Bild des Stadtteils seit jeher prägte. 1995 trennte sich Bayer von Uerdingen, konzentrierte sich fortan auf das Pendant in Leverkusen – und ist dort heute alleiniger Gesellschafter. Der Krefelder Fußball-Club stieg rasch aus der Bundesliga ab, ein beispielloser Absturz wurde eingeläutet. 2003, 2005 und 2007 stellte der Klub Insolvenzanträge, 2009 spielte er nur noch sechstklassig. Die Zeit des neuen Vorsitzenden Agissilaos "Lakis" Kourkoudialos begann.
Trotz mehrerer Aufstiege stürzte der Verein unter der Führung des Griechen ins neuerliche Chaos. Denn dieser steckte zwar einen siebenstelligen Vertrag in den Club und brachte ihn so immerhin wieder in die viertklassige Regionalliga. Doch der heute 51-Jährige verpflichtete auch Spieler wie den „Kugelblitz“ Ailton oder Mohamadou Idrissou, ließ sich zudem 2013 in der letzten Oberliga-Partie selbst einwechseln und verschoss dabei noch einen Elfmeter. Seine Macht im Club war gigantisch groß – umso fragwürdiger gerieten seine Entscheidungen.
Fast 20 Trainer in acht Jahren
Denn Uerdingen verschliss zwischen 2008 und 2017 fast 20 Trainer. Trotz eines hohen Etats stieg der KFC 2015 wieder in die Oberliga ab, Mitte 2016 trat Lakis zurück. Einen potenten Nachfolger hatte er schon im Vorfeld an den Rhein gelotst: Mikhail Ponomarev, russischer Geschäftsmann mit einem Hang für den Profisport. Beteiligt ist er unter anderem am AFC Bournemouth aus der englischen Premier League, auch dem Eishockey-Spitzenclub Düsseldorfer EG half er aus finanziellen Schwierigkeiten.
Sein nächstes Baby soll nun Uerdingen sein. Dafür setzte er die üblichen Mittel in Gang und setzte unter anderem im Sommer mit André Pawlak jenen Trainer vor die Tür, der Rot-Weiß-Blau kurz zuvor zurück in die Regionalliga West geführt hatte. Die Begründung lautete in etwa: Pawlak wollte nicht schnell genug weiter nach oben. Er wollte keine Stars im Team, sondern ein Kollektiv aufbauen. Ponomarev hatte einen anderen Plan – und setzte ihn mit zahllosen Neuverpflichtungen aggressiv um. Mittlerweile besteht die Startelf des von Michael Wiesinger, zuvor bei der SV Elversberg, trainierten Clubs nahezu ausschließlich aus Sommertransfers.
Neun Gegentreffer in 17 Spielen
Darunter sind prominente Spieler. Mario Erb ging als Kapitän des klammen Rot-Weiß Erfurt lieber in die Regionalliga. Auch Christian Dorda, Alexander Bittroff, René Vollath, Christopher Schorch oder Marcel Reichwein kamen mit viel Profi-Erfahrung nach Nordrhein-Westfalen. Bezahlt macht sich bisher speziell das Investment in die Defensivabteilung: In der gesamten Hinrunde hat der KFC Uerdingen erst neun Gegentreffer kassiert – eine rekordverdächtige Bilanz. 15 Stunden hielt die Verteidigung zuletzt am Stück ihren Kasten sauber. Das ist aufstiegsverdächtig, obgleich die Verfolger zum Teil mehr als doppelt so viele Tore erzielt haben.
Die Verfolger, das sind Viktoria Köln und der SV Rödinghausen. Vereine mit ähnlichem finanziellen Spielraum, mit ähnlich dicken Sponsorenverträgen in der Hinterhand. Das Plus der Uerdinger können die eigenen Fans werden – diese allerdings halten sich in dieser Spielzeit trotz des Erfolges noch mit den Besuchen zurück. Beim Spitzenspiel gegen den SC Wiedenbrück erschienen am vergangenen Freitag nur 1.868 Zuschauer, das Stadion war nur zu rund fünf Prozent ausgelastet und lediglich die Haupttribüne geöffnet. Das zeigt: Der KFC muss sich seinen Stellenwert zwischen den großen Fußball-Playern aus Duisburg, Düsseldorf und Mönchengladbach erst wieder erarbeiten. Der Aufstieg in die 3. Liga wäre ein entscheidender Schritt.