Der SC Verl rutscht ab: Wie gefährlich ist die Lage?

Beim Vorjahres-Aufsteiger SC Verl geht es in eine schwierigere Saisonphase. Immer wieder kämpft der SCV mit Rückständen, nun gesellte sich gegen Osnabrück auch noch Pech dazu. Trainer Capretti spricht vom Abstiegskampf. An der mutigen Spielidee wird aber nicht gerüttelt.

Fehlende Zielstrebigkeit

Es war fast zum Verzweifeln. Zwei, drei, vier Mal rannte der SC Verl beim Stand von 1:2 in der Nachspielzeit an, irgendwie musste doch dieser verflixte Ausgleich fallen! Am Ende jubelte beim skurrilen "Heimspiel" in Lotte aber der "Gast", der die deutlich kürzere Anreise hatte: Der VfL Osnabrück und seine 4.000 mitgereisten Fans nahmen die Punkte mit, Abgezocktheit und Cleverness hatten gesiegt, während der SCV reihenweise gute Gelegenheiten liegengelassen hatte. Und wie das nun einmal so ist, wenn es nicht läuft: Über Pech durften die Verler am Montag auch noch klagen, als in der Nachspielzeit ein Handelfmeter nicht gepfiffen, die größtmögliche Chance zum gerechten Remis verwehrt wurde. "Den hätten wir bekommen müssen", resümierte Kasim Rabihic. liga3-online.de-Experte Babak Rafati kam in seiner Analyse zu einer anderen Einschätzung. Doch allein daran durften die Ostwestfalen ihr Scheitern ohnehin nicht festmachen.

Die Partie reihte sich nahtlos ein in eine Serie von Auftritten, in denen Verl zwar nicht minder spektakulär und spielfreudig auftritt wie in der Drittliga-Debütsaison, aber in entscheidenden Momenten nicht zur Stelle ist. "Wir haben zwei dumme Tore bekommen", sagte Rabihic. Osnabrück nutzte eine kleine Unordnung nach Flanke sowie eine offene Schnittstelle in der Viererkette zum 2:0-Vorsprung, Verl traf einmal die Latte und verzweifelte drei, vier Mal an VfL-Torhüter Kühn, ehe Cyrill Akono wenigstens das Anschlusstor markierte. Und doch hätte die 24-Tore-Offensive – übrigens erzielt von elf (!) verschiedenen Torschützen – an diesem Abend problemlos den Ligabestwert des 1. FC Magdeburg (26) einstellen können. Die Chancen habe man gut herausgespielt, analysierte Rabihic, vermisste aber Gier und Zielstrebigkeit. Er hat allemal das Recht zur Kritik: Mit zwölf Scorerpunkten, davon zehn Vorlagen, ist er Verls torgefährlichster Mann.

"Wir sind im Abstiegskampf"

"Wir hatten genug Chancen, zu gewinnen", sagte auch Verls Trainer Guerino Capretti bei "MagentaSport". Dass sein Team abermals erst in Rückstand geraten musste, um so richtig ins Spiel zu finden, ärgerte den Coach. Die Statistik zeichnet diesbezüglich ein grausiges Bild: Seit dem 8. Spieltag geriet Verl in jedem Spiel mit 0:1 ins Hintertreffen, verzeichnete an zwölf der 14 Spieltage mindestens einen Rückstand – Liga-Negativwert. Der Trost, daraus immerhin noch zwölf Punkte generiert zu haben, ist allenfalls ein schwacher. Auf zwei Zu-null-Spiele zum Auftakt folgten 27 Gegentore in zwölf Punktspielen, mehr hat sich nur der TSV Havelse eingehandelt. Man wisse, defensiv "nicht die Stärke" zu haben, sagte Capretti. "Das muss man klar so sagen. Aber daran arbeiten wir." Auch der Transfer des erfahrenen Innenverteidigers Steffen Schäfer, seit September fester Bestandteil der Startelf, kann die Sorgen der zumeist jungen Abwehrreihe noch nicht im Alleingang lösen.

Das zweite Problem: Aus Verler Sicht gibt die Tabelle nichtmal die derzeitige Form angemessen wieder. Denn von den bislang 16 erreichten Zählern, die aufgrund der zuletzt munter punktenden Konkurrenz im hinteren Mittelfeld mittlerweile nur noch für Punktgleichheit mit Abstiegsplatz 17 genügen, entstammt fast die Hälfte der ersten drei Spieltage. Seither kamen nur noch neun Punkte dazu, der drittschlechteste Wert nach Havelse und Duisburg. Trainer Capretti, im Vorjahr gemeinsam mit seiner Mannschaft noch einer der Shootingstars der 3. Liga, redet nicht mehr um den heißen Brei herum. "Wir sind im Abstiegskampf", sagte dieser schon vor der Niederlage vom Montag gegenüber der "Neuen Westfälischen".

Am Sonntag beim FCM

Ob der Sportclub dafür die klassischen Tugenden besitzt, ist fraglich. Capretti, obgleich als Spieler früher Innenverteidiger, ist alles andere als ein Fan von Zerstörerfußball: Er setzt im eingespielten 4-3-3 auf schnelle Kombinationen, auf mutige Laufwege und eine hohe Positionierung. Davon abzuweichen, kommt für den Deutsch-Italiener erst einmal nicht infrage. "Ich glaube, diese Spielweise tut uns gut", sagte er. "Wenn man offensiv spielt, heißt es nicht, dass man hinten offen steht. Wenn wir es gut machen, geben wir den Gegnern keine Räume", so Capretti weiter. "Überall auf dem Platz gibt es Zweikämpfe, die du gewinnen musst, sonst gibt es Gegentore. Das hat nichts mit dem System oder der Herangehensweise zu tun." Nun gilt es, bei Spitzenreiter 1. FC Magdeburg die perfekte Balance zu finden. Gelingt das nicht, droht dem Vorjahres-Aufsteiger der Sturz auf einen Abstiegsplatz.

   

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