"Der schlafende Riese ist erwacht": So plant RWE für die 3. Liga
15 lange Jahre musste Rot-Weiss Essen warten, seit Samstag steht fest: In der kommenden Saison wird der Traditionsverein aus dem Ruhrgebiet erstmals seit 2006/07 wieder im Profifußball vertreten sein. "Der schlafende Riese ist erwacht", sagte Geschäftsführer Marcus Uhlig nach Aufstieg samit riesiger Party. Die Planungen für die 3. Liga laufen bereits auf Hochtouren. liga3-online.de gibt einen Überblick.
Trainer-Suche beginnt, Großteil der Mannschaft steht
Trainer: Völlig überraschend hatte sich RWE vor eineinhalb Wochen von Trainer Christian Neidhart getrennt. Durch den Aufstieg hat sich der Vertrag des 53-Jährigen nun automatisch verlängert. Ein Comeback an der Seitenlinie wird es jedoch nicht geben, und auch Sportdirektor Jörn Nowak und U19-Coach Vince Wagner, die interimsweise übernommen hatten, werden in der kommenden Saison nicht auf der Bank sitzen.
Heißt: Die erst Profisaison seit 15 Jahren wird RWE mit einem neuen Coach angehen. Ideen, wer es werden könnte, würde es bereits geben, sagte Uhlig am Rande der Aufstiegsfeier gegenüber der "WAZ", im Zeichen von Gesprächen habe die vergangene Woche allerdings nicht gestanden. Das soll sich in den nächsten Tagen nun ändern. Das Alter des neuen Trainers spiele dabei keine entscheidende Rolle, so Nowak. "Er sollte vor allem zur DNA des Vereins passen." Das Anforderungsprofil umschreibt er so: "Der Neue sollte mit ersten Mannschaften Erfahrungen haben und mit Drucksituationen umgehen können. Gleichzeitig sollte er eine hohe Bereitschaft besitzen, Spieler zu entwickeln, die Vereinsphilosophie vertreten und als Kommunikator auftreten."
Mannschaft: Das Grundgerüst des Drittliga-Teams steht bereits. Im Tor ist Jakob Golz gesetzt, in der Abwehr zählen Kapitän Daniel Heber und Ex-Bundesliga-Profi Felix Bastians zu den Stammkräften, die Schaltzentrale im Mittefeld wird unter anderem von Thomas Eisfeld gebildet und ganz vorne soll Simon Engelmann für die Tore sorgen. Für den 33-Jährigen wird es die erste Profisaison. Und das, obwohl er in 315 Spielen der 4. Liga stolze 165 Tore erzielte – eine Tatsache, die ihm den Spitznamen "Terodde der Regionalliga" einbrachte. Durch den Aufstieg hat sich das Arbeitspapier des Torjägers automatisch bis 2023 verlängert.
Insgesamt stehen bereits 23 Spieler für die neue Saison unter Vertrag, darunter auch die Leih-Rückkehrer Felix Schlüsselburg (SV Lippstadt) und Felix Heim (FSV Frankfurt). Sechs Akteure sind noch ohne Fahrschein, darunter Isaiah Young. Ob der 24-jährige Linksaußen bleibt, ist angesichts seiner starken Leistungen (neun Tore, 14 Vorlagen) noch offen. Laut dem "MDR" soll er unter anderem beim 1. FC Magdeburg auf der Liste stehen. Nowak hofft aber auf einen Verbleib: "Es gibt eine gewisse Hoffnung, dass wir es schaffen, Isi zählt ja hier zu den absoluten Publikumslieblingen."
Im Hinblick auf Neuzugänge will RWE punktuell nachjustieren, ein Umbruch ist nicht geplant: "Warum auch? Der Kader war ja schon auf die Dritte Liga ausgerichtet, da sehen wir uns gut aufgestellt", so Nowak gegenüber der Zeitung. Doch bevor neue Spieler kommen, soll zunächst die Trainerfrage geklärt werden. Ein Neuer steht mit Ron Berlinski vom SC Verl aber schon fest.
RWE plant mit 13.000 Fans
Zuschauer: Für die kommende Drittliga-Saison plant der Deutsche Meister von 1955 laut dem "Kicker" mit einem Zuschauerschnitt von 13.000. So viele waren es in etwa auch in der letzten Profisaison, als im Schnitt 13.400 Fans ins Stadion an der Hafenstraße strömten. In der abgelaufenen Saison kamen durchschnittlich 9.400 Fans. Ohne Corona wären es wohl noch mehr gewesen. Dennoch war RWE mit Blick auf das Fan-Interesse das Maß aller Dinge in den fünf Regionalliga-Staffeln. Allein zu den letzten vier Heimspielen kamen insgesamt über 45.000 Fans – ein wahnsinniger Wert für Viertliga-Verhältnisse.
Geschäftsstelle: Durch den Aufstieg vergrößern sich die organisatorischen Aufgaben für den Verein, der seine Geschäftsstelle nach "WAZ"-Angaben vergrößern will. Und weil die Geschäftsstelle schon jetzt aus allen Nähten platzt, steht demnächst ein Umzug an.
Etat: Nach "RevierSport"-Angaben soll sich der Gesamtetat von vier auf acht Millionen Euro verdoppeln. Was das Budget für die erste Mannschaft betrifft, werden wir im Vorfeld keine ’nackten Zahlen' veröffentlichen. Sagen wir mal so: Das Budget wird sicherlich um etwa 50 Prozent erhöht werden müssen, um eine schlagkräftige Mannschaft stellen zu können. Und genau das ist das Ziel", so Geschäftsführer Uhlig gegenüber dem Magazin.
Ziel: Nach der Rückkehr in den Profifußball will sich RWE zunächst in der 3. Liga etablieren – der souveräne Klassenerhalt ist das Ziel. Doch die 3. Liga ist nicht das Ende der Träume des erwachten "schlafenden Riesen": Perspektivisch soll es Richtung 2. Bundesliga gehen.