Der VfR Aalen und sein trauriger Teufelskreis
Im Profifußball in finanziellen Nöten zu stecken, ist eine belastende wie schwer zu meisternde Situation. Kaum ein Verein löst dies aktuell besser als der VfR Aalen, der seit der Bekanntgabe des Insolvenzantrages groß aufspielt und Sieg an Sieg kettet. Der Club verdient den höchsten Respekt – und wird die finanzielle Sanierung wegen der Insolvenz verpassen. Er ist aktuell im Teufelskreis gefangen.
Große Ergebnisse mit minimalen Möglichkeiten
Samstagnachmittag, grauer Himmel, Scholz Arena: Der VfR Aalen empfängt den FSV Frankfurt. Zu besseren Zeiten fand dieses Duell in der 2. Bundesliga statt, davon ist am 28. Spieltag der Saison 2016/17 aber nichts mehr zu spüren. Gerade einmal etwas mehr als 3000 Besucher haben sich versammelt – eine mittelschwere Frechheit mit Blick auf die jüngsten Ergebnisse und die überhaupt sensationelle Spielzeit, die Aalen um Coach Peter Vollmann an den Tag legt. Mit einem Etat, mit dem andere Drittligisten nicht einmal ihre Ersatzbank bezahlen könnten, haben sich die Württemberger einen starken Ruf in der 3. Liga erarbeitet. Gegen Aalen will keiner ran, denn das Team kassiert kaum Gegentreffer und verliert selten, ziemlich selten. Nur jedes siebte Spiel, um genau zu sein – keine Mannschaft der Liga kann eine bessere Bilanz aufweisen.
Punktabzug wirft Aalen entscheidend zurück
Spätestens in den letzten Partien wurde deutlich, warum sich auf der Ostalb eine ganz besondere Stimmung entwickelt hat. Größer hätte die Trotzreaktion auf die Insolvenzmeldung innerhalb der eng zusammengewachsenen Mannschaft kaum ausfallen können: Vier Siege, ein Remis und eine Niederlage holte die Vollmann-Elf in den letzten fünf Wochen und hat sich damit auf einen mehr als respektablen dritten Rang katapultiert. Dies bleibt jedoch solange eine Momentaufnahme, bis der DFB den Abzug von neun Punkten, der mit einer Insolvenz unweigerlich verbunden ist, bestätigt. "Schade, dass die Mannschaft nicht das behalten kann, was sie sich erarbeitet hat. Da bin ich extrem sauer", äußerte sich Trainer Peter Vollmann gegenüber der "Schwäbischen Zeitung". Es ist ein trauriger Teufelskreis für den VfR, der in den letzten Wochen insgeheim "nur" Zähler für den Klassenerhalt sammelte, anstatt im Rennen um den Aufstieg eine gute Rolle zu spielen.
In der 3. Liga ist die Sanierung ein Himmelfahrtskommando
Kann man dies sogar den Worst Case nennen? Ein Verein, dem die Schulden über den Kopf wachsen, lässt sich nicht in der 3. Liga sanieren – dafür muss nur ein Blick auf das aktuelle Schlachtfeld geworfen werden, in dem mit Chemnitz, Erfurt, Zwickau, Paderborn und Frankfurt gleich fünf (!) weitere Teams mindestens einmal in der Spielzeit den finanziellen Notstand ausrufen mussten. Nun erwischt der VfR Aalen die möglicherweise beste Saison, die mit den geringen investierten Mitteln möglich sind – erst durch den Punktabzug rückt der Traum vom Wiederaufstieg in weite Ferne. Und mit ihm die großen Gegner, die vollen Stadien und nicht zuletzt die nochmals höheren TV-Gelder, mit denen sich Aalen bei der Aufrechterhaltung eines Sparkurses schnell in eine deutlich bessere Lage manövrieren könnte. Ein Verbleib in der Spielklasse hingegen, so souverän er trotz des Punktedefizits gelingen mag, kann die Problemsituation nicht beheben – nie wird der VfR unterhalb der Zweitklassigkeit ausreichende Einnahmen generieren können, sei es durch TV-Gelder, Zuschauer oder Sponsoren. Die womöglich größte Sanierungschance wird dem Club durch den Punktabzug schlichtweg aus den Händen gerissen.