Die besten Spiele des Jahres: Plätze 20 bis 4

Wir sind uns alle einig: Die 3. Liga hat sich einige Wochen zu früh in einen zu langen Winter verabschiedet. Dabei bot uns auch 2022 wieder etliche Highlight-Spiele, an die wir uns gerne erinnern. Traditionell tun wir das mit unserem großen Rückblick auf die 20 besten Partien. Den Anfang machen wir mit den Rängen 20 bis 4 im Schnelldurchlauf – danach wird die spannende Frage beantwortet, welche Begegnungen es aufs Treppchen der liga3-online.de-Redaktion geschafft haben.

Dem späteren Aufsteiger Eintracht Braunschweig genügten im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zu Berlin im Februar 22 Minuten, um Aufsteiger Viktoria Berlin in die Schranken zu weisen und ganz nebenbei auch das peinliche 0:4 im Hinspiel zu rächen. Da stand es nämlich schon 3:0 für die Löwen. Im Vergleich zu jenem August-Tag hatten die Berliner allerdings auch jegliches Selbstvertrauen verloren, waren mitten im tabellarischen Absturz, was sich die Blau-Gelben zu Nutze machten. Bielefeld-Leihgabe Jomaine Consbruch, Bryan Henning sowie Benjamin Girth, der eine Viertelstunde vor Schluss kam und noch einen Doppelpack zum 5:0 und 6:0 schnürte, waren die überzeugendsten BTSV-Kicker an einem Mittwochabend, an dem alles gelingen wollte.

 

Hohe Auswärtssiege – kein Einzelfall in diesem Jahr. Unsere Reise geht weiter ins Hans-Walter-Wild-Stadion nach Bayreuth, in dem die SpVgg als Aufsteiger bis zum Frühsommer noch die Bayern-Regionalligisten regelmäßig demontierte. Selbst unter die Räder zu kommen, war eine neue, schmerzhafte Erfahrung: Saarbrücken hielt sich zunächst zurück, ehe auf das 1:0 von Sebastian Jacob (21.) eine Lawine an Ereignissen folgte. Nach 45 Minuten stand es 3:0 für die Gäste, die ihre Tore wie im Training erzielen durften. Starke Angriffe, defensive Patzer und Spielpech führten zum halben Dutzend, das für die Oldschdod aber trotz der insgesamt unbefriedigenden Hinrunde ein negativer Ausreißer bleibt.

 

Ein 0:3 ist vielleicht kein alltägliches, aber auch kein außergewöhnliches Ergebnis. Aber wer sprach beim 3:0-Sieg des MSV über den SVM schon über Zahlen? Wobei, eine war dann doch interessant: 70. Denn aus mindestens so großer Distanz schlug Duisburgs Torhüter Vincent Müller in der 65. Minute einfach mal ab…der Rest ist Drittliga-Geschichte: Per Aufsetzer hoppelte der Ball über den verdutzten Jonas Kersken im Meppener Tor hinweg, ein Treffer für die Annalen. Das kuriose Tor-Trio komplett machten ein Strafstoß von Moritz Stoppelkamp zum dritten sowie ein Eigentor Jonas Fedls, der einen rabenschwarzen Tag der Norddeutschen in der ersten Halbzeit eröffnet hatte.

 

Das vorletzte Saisonheimspiel des MSV Duisburg gegen 1860 München sollte im April eigentlich das Ticket zum wahrscheinlichen Ligaverbleib werden. Doch es wurde zum Desaster: Schon nach 22 Minuten führten die Löwen mit 3:0, sodass sich die meisten der 12.100 Besucher nur noch in Sarkasmus flüchten konnten. Nur eine Randnotiz blieb, dass der MSV bis dahin sicherlich keine drei Tore schlechter war und bis zur Pause einige Chancen hatte, wieder ins Spiel zu finden. Doch den perfekten Tag erwischte der Gegner, der von seinen ersten sieben Möglichkeiten sechs in Treffer ummünzte, schon nach 70 Minuten war der spätere Endstand erreicht. Überragender Mann an diesem Tag: Stefan Lex, der an fünf der sechs TSV-Treffer beteiligt war. Für Duisburgs Coach Hagen Schmidt war es das letzte Heimspiel in dieser Position.

 

Derbys vor Zuschauern, das hatte in der schlimmsten Phase der Corona-Pandemie nun wirklich jeder Fußballfan bitter vermisst. Wie Fans eine Mannschaft über die eigenen Grenzen treiben können, zeigte das Saar-Pfalz-Duell zwischen FCK und FCS in ganzer Pracht. 47.000 Besucher waren auf den Betzenberg geströmt, um die Lautrer zunächst dank Daniel Hanslik in Führung gehen zu sehen. Kurz vor dem Pausenpfiff dann der Schock: Rot für Kevin Kraus nach einem nicht absichtlichen, aber gefährlichen Tritt in den Bauch von Robin Scheu. Und als Saarbrücken dann nach der Pause rasch zum 1:1 durch Tobias Jänicke kam, ahnten die 42.000 Heimfans schon Böses… doch alles kam anders! Lautern blieb mutig, Terrence Boyd konterte keine zehn Minuten nach dem Ausgleich vor der tosenden Westtribüne mit der neuerlichen Führung. Die Blau-Schwarzen waren konsterniert, kassierten sogar noch das 1:3 von Kenny Redondo. Und Lautern stieg am Saisonende auf.

 

Auf dem Papier durfte ein ausgeglichenes Duell erwartet werden, doch der Start in den Oktober verlief für Osnabrück und Mannheim dann höchst verschieden: Der VfL drängte ab Anpfiff aufs 1:0, brauchte aber bis zur 35. Minute, ehe der Knoten platzte. Der Waldhof zeigte sein Auswärtsgesicht und übte sich beim Eigentor von Julian Riedel zum 0:2 sogar in der Kategorie Slapstick. Der kassierte an einem Tag zum Vergessen danach Gelb-Rot, und immer noch war nicht Pause, denn der in der gleichen Aktion verursachte Strafstoß mündet im 0:3. Jetzt ging es nur noch um Schadensbegrenzung, das 0:4 nach 49 Minuten zerstörte dieses Unterfangen. Anschließend rettete Keeper Morten Behrens die Buwe vor einem Debakel, das fünfte Tor fiel aber dennoch.

 

Ein wilder Ritt am Montagabend an der Bremer Brücke: Osnabrück empfing Halle, beiden kriselten in der Abstiegszone vor sich hin, vor allem für die Lila-Weißen war die Saison bis dato eine Enttäuschung. Und dann begann der Abend auch noch denkbar schlecht: Erfrischend aufspielender Hallenser gingen früh mit 1:0 in Führung, den Ausgleich des VfL konterten die Gäste per Strafstoß prompt und führten zur Pause durchaus verdient. Aber wie das an diesen zuweilen "magischen" Brücken-Abenden eben manchmal so ist: Lila-Weiß stürmte aus der Pause und schaffte durch ein erzwungenes Eigentor sowie eine Willensleistung von Erik Engelhardt noch das 3:2. Das Stadion bebte, Halle rannte nochmals an, belohnte sich aber nicht mehr. Trotz "nur" fünf Toren ein tolles Drittliga-Spiel.

 

Zwei Aufsteiger, doch nur einer ist auf Anhieb voll da: An der rappelvollen Hafenstraße gab es für Rot-Weiss Essen am allerersten Spieltag eine heftige Packung. Schon nach 26 Minuten hatte eine wie entfesselt aufspielende SVE den Gastgebern vier Tore eingeschenkt, teils nach schweren Abwehrfehlern, teils grandios herausgespielt. 0:2 stand es nach zehn Minuten, selbst der Anschlusstreffer Essens durch Ron Berlinski hielt die Saarländer nicht auf. Etwas ruhiger ging es dann nach der Pause zu, auch weil Elversberg gnädig war und nur noch einen Treffer nachlegte. Ein Satz heiße Ohren für den ambitionierten West-Aufsteiger RWE – der dort ja noch nicht wusste, dass Elversberg kein beliebiger Dorfverein ist, sondern die 3. Liga anschließend dominieren würde…

 

Der TSV reiste als längst abgestiegener Letzter zum Waldhof, hat sich immer tapfer geschlagen, sportliche Ziele aber gab es keine mehr. Mannheim hoffte damals zumindest noch auf den vierten Rang, hatte aber ohnehin noch das Landespokal-Finale für die Pokal-Qualifikation vor sich und musste sich daher keinem großen Erfolgsdruck hingeben. Drei Minuten dauerte es nur bis zum 1:0, danach war die Spannung schon raus. Mannheims Routiniers Marco Höger und Marc Schnatterer führten die abgezockten Gastgeber zum Kantersieg, auch KSC-Leihgabe Dominik Kother erwischte mit zwei Toren einen Sahnetag.

 

Ein Spiel wie ein Unfall, zumindest für die Gäste. Mit 0:3 soll schließlich ein Nichtantritt gewertet werden, und vielleicht wäre dies – ein zugegeben böser Gedanke – für die Würzburger Kickers am 38. Spieltag der Vorsaison die bessere Option gewesen? Lust hatte angesichts des feststehenden Abstiegs niemand mehr auf die Auswärtsreise nach Zwickau. Was allein schon eine angemessene Erklärung für die schwache Leistung in den ersten 79 Minuten war, nach denen es bereits 3:0 für Zwickau stand. Dann zerfielen die Würzburger: Viermal legte der FSV in den Schlussminuten noch nach, jeder Schuss ein Treffer, teils beförderte Würzburg den Ball selbst ins Netz. Ein würdevoller Abschied aus dem Profifußball war das Ziel, heraus kam ein Debakel – und ein Feiertag für die Zwickauer, für die es ein Rekordsieg war.

 

Der Sturz des Spitzenreiters war ein spektakulärer: Das Gipfeltreffen im Saarland vor 6.138 Zuschauern – ein für Elversberg durchaus beachtlicher Wert – endete in einer Machtdemonstration des Aufsteigers. SVE-Shootingstar Jannik Rochelt eröffnete gegen indisponierte Löwen mit dem 1:0, Lukas Pinckert und Thore Jacobsen legten bis zur 34. Minute noch zwei Treffer nach. Für 1860 blieb ein fader Beigeschmack, der Strafstoß zum 0:3 war ein sehr umstrittener, und auch sonst erwischte Schiri Arne Aarnink keinen guten Tag. Eine Ausrede darf das nicht sein, Sechzig war über 90 Minuten nicht gut genug, schaffte es nach dem Zwischenstand von 0:4 (71.) zumindest noch, dank Joseph Boyamba ein Debakel abzuwenden. Platz 1 waren die Giesinger danach aber erstmal los.

 

Saisonstart, 24.000 Fans, Dresden gegen 1860: Was für ein Gigantentreffen gleich zum Auftakt! Anders als es die Wintertabelle vermuten lässt, gingen die beiden als Topfavoriten an den Start – und gaben es sich in 90 höchst turbulenten Minuten so richtig. Erst war Dresden die bessere Mannschaft, machte aber nicht die Tore: Kevin Ehlers' Eigentor und Tim Rieder besorgten die 2:0-Pausenführung für den TSV. Nach dem Seitentausch drückte die SGD weiter, kämpfte um den Anschluss, ehe in sechs Minuten vier Tore fielen: 0:3! 1:3! 1:4! 2:4! Alles passierte so schnell, dass der Doppelpack des anschließend lange verletzten Sechzig-Jokers Marcel Bär fast unterging. Und als der spektakulär aufspielende Dennis Borkowski per Traumtor in der 86. das 3:4 erzielte, schien alles wieder möglich. Doch die bessere Mannschaft zog an diesem Tag den Kürzeren.

 

Ein Fußballspiel hat zwei Halbzeiten. Und manchmal wird die Pause zum Unterschiedsfaktor – so etwa beim Duell zwischen Dresden und Osnabrück. Denn erst trottete die erste Halbzeit ein wenig vor sich hin, viel passierte nicht. Ehe ein SGD-Eigentor sowie VfL-Routiniert Robert Tesche den VfL mit 2:0 in Führung brachten, prompt wurde es unruhig im Stadion, denn Dresdens Saison lief nett formuliert bescheiden. An diesem Tag aber schlug Dynamo mit Wucht zurück: In der 53., 57. und 71. Minute ertönten euphorische Jubel – die SGD bespielte Osnabrück immer wieder und fand die entscheidenden Lücken in der Defensive. Ahmet Arslan, Paul Will und Claudio Kammerknecht sorgten für eines von ganz wenigen Dresdener Hinrunden-Highlights.

 

Beim Nachholspiel im Winter gegen den VfL Osnabrück – die erste Austragung war wegen eines letztlich nicht bestätigten Rassismus-Verdachts gegen VfL-Profi Aaron Opoku abgebrochen worden – gab es für den MSV Duisburg Saures: Osnabrück bespielte die wackelnde MSV-Abwehr gnadenlos und zog bis zur 52. Minute schon hochverdient auf 4:1 davon. Immerhin stimmte der Kampfgeist bei den Meiderichern, die sich nochmals auf 3:4 heranarbeiteten – ehe das fünfte Osnabrücker Tor durch Lukas Kunze die Partie entschied und Duisburg froh sein durfte, dass der ziemlich offensivfreudige VfL bis zum Schlusspfiff nur noch einen weiteren Stich ins blau-weiße Herz setzte.

 

Der FSV Zwickau ist uns in den Jahren als zuverlässiger Drittligist begegnet, für Spektakel stand er allerdings nur in homöopathischen Dosen. Dass er mit zwei Siegen in unserer Rückschau auftaucht, dürfte daher ein Novum sein. Doch als Joe Enochs zum x-ten Mal auf seine alte Liebe Osnabrück traf, rappelte es mächtig: 2:0 stand es für die Schwäne nach 19 Minuten, die leicht besseren Osnabrücker belohnten sich kurz vor der Pause mit dem 2:2-Ausgleich. Der dank eines Eigentores von Marc Heider aber nichtmal bis zum Halbzeitpfiff Bestand hatte. Nach der Pause fiel erst das 4:2, dann das 4:3, dann versiegte die Torquelle nach 63 Minuten. Ein wildes Spiel, das Zwickau Selbstvertrauen verschaffte. und beim ohnehin defensiv anfälligen VfL die Sorgenfalten vergrößerte.

 

Auswärtsspiele und Waldhof Mannheim, das funktioniert seit der Sommerpause überhaupt nicht mehr. Zwei Pünktchen holten die Kurpfälzer aus neun Versuchen, und auch die zweite herbe Schlappe hat es in unseren Rückblick geschafft. Kurioses gab es beim Gastspiel im Emsland allerhand: So ging der Waldhof dank Dominik Martinovic in der 1. Spielminute sogar in Führung, zur Pause lag er dann 1:3 im Hintertreffen. Nach einer Stunde fiel das 4:1 für den SV Meppen, es ist der dritte Treffer eines entfesselten Samuel Abifade – der im gesamten Restjahr kein weiteres Drittliga-Tor mehr erzielen sollte. Beim Stand von 4:2 gab es eine üppige Nachspielzeit, und dort traf der SVM noch zweimal, sodass die Pleite richtig wehtat. Hätte den damals so glücklichen Meppener Fans Mitte August jemand gesagt, dass dies schon ihr letzter Sieg des Jahres sein würde…

 

Für den TSV 1860 ging es am 38. Spieltag der Saison 2021/22 nur noch um Platz 4 als Pokal-Qualifikation, Dortmund II war nach einem sehr beachtlichen Jahr als damaliger Aufsteiger längst gerettet. Beide spielten dazu attraktiven Fußball, schon ist die Mischung für ein rauschendes Fußballfest gegeben. Erst stand es 2:0 durch einen Doppelpack von Torschützenkönig Marcel Bär, zur Pause glichen die Borussen zum 2:2 aus. 3:2, 4:2, 5:2, 5:3, 6:3 – von diesem Nachmittag hatte wirklich jeder Stadionbesucher etwas, selbst die wenigen Gästefans. Es war ein Spiel, das unter dem Begriff "Werbung für den Sport" im Fußballlexikon nachzuschlagen ist.

   

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