Die besten Spiele des Jahres: Platz 1
Auf insgesamt 329 Meisterschaftsspiele – plus einige Partien im DFB-Pokal – kann die 3. Liga im Jahr 2020 zurückblicken. Aus dieser Menge stachen einige Partien aus diversen Gründen ganz besonders hervor: Klare Siege, torreiche Aufeinandertreffen oder emotionale Entscheidungen. Zum Jahresabschluss haben wir sämtliche "Spiele des Jahres" in einer Top20-Bilanz gebündelt. Heute: Platz 1.
3:0 nach 0:2
Ihr habt darauf gewartet, ihr bekommt es: Das Spiel des Jahres. Vielleicht konntet ihr euch schon denken, worauf unsere Wahl hinauslaufen wird. Es geht um eine Partie, in der sich eine mittelschwere Sensation anbahnte, die Spannung bis zur letzten Minute immer weiter anstieg – und sich alle Emotionen in buchstäblich letzter Sekunde entluden: Wir präsentieren: das Relegations-Rückspiel zwischen dem FC Ingolstadt und dem 1. FC Nürnberg.
Selten war eine Mannschaft derart an die Wand gespielt worden wie der FCI im Hinspiel, der im Nürnberger Max-Morlock-Stadion nicht den Hauch einer Chance hatte. Das Endergebnis von 0:2 war maximal glücklich, denn der 1. FC Nürnberg vergab schon in der Startphase teils riesige Chancen, einzig Fabian Nürnberger traf zweimal – und noch dazu einmal Aluminium. Kritiker des gesamten Saisonendspurts stellten schnell fest: Ingolstadt hatte eine Woche weniger Regenerationszeit und noch dazu ein viel strafferes Pensum hinter sich als der Zweitligist, daran muss es liegen. Sicherlich war ein Funken Wahrheit daran, sportlich jedenfalls schien vor dem Rückspiel vieles geklärt. Weil Nürnberg beim Gastspiel in Ingolstadt bis zur Pause ziemlich mühelos ein 0:0-Remis hielt, glaubte auch dann kaum jemand an eine Sensation.
Doch wie wir den Fußball kennen, hatte er noch die eine oder andere Geschichte zu erzählen und führte den FC Ingolstadt sowie alle Zuseher auf eine völlig neue Fährte. Drei Freistöße des FCI stellten das Spiel, die Relegation, die gesamte Saison zweier Klubs auf den Kopf: Erst staubte Stefan Kutschke einen völlig verunglückten Rettungsversuch der Gäste zum 1:0 ab, dann köpfte Tobias Schröck zum zweiten Tor ein, fast identisch das 3:0 – wieder per Kopf, dieses Mal von Robin Krauße erzielt. Eine Viertelstunde genügte den Schanzern für eine spektakuläre Aufholjagd, Nürnberg war dem Abstieg in die 3. Liga nahe. Doch der Club, der als Bundesliga-Absteiger beinahe durchgereicht worden wäre, stand noch ein letztes Mal auf.
90.+6!
Fünf Minuten Nachspielzeit zeigte Christian Dingert an, der FC Ingolstadt überstand auch diese Zeit. Doch er spielte auf Zeit, insbesondere Marcel Gaus nahm mit einer Verletzungsunterbrechung geschickt Sekunden von der Uhr. Daher ließ der Schiedsrichter noch etwas länger spielen. Nürnberg nutzte das mit einem finalen langen Ball eiskalt: Ein weiter Ball von Patrick Erras fand Fabian Schleusener, Gegenspieler Nico Antonitsch stürzte zu Boden – kein Foul, weiterspielen! – und Schleusener spitzelte den Ball irgendwie über die Linie. Nürnberg war dank eines Auswärtstors gerettet. Wir mögen uns an dieser Stelle lieber gar nicht vorstellen, was bei diesem Tor, noch dazu erzielt direkt vor dem Gästeblock, abseits der Coronakrise losgewesen wäre. Gejubelt wurde dennoch auf FCN-Seite, in Ingolstadt reagierte der Frust, was besonders Torschütze Kutschke die Gegner spüren ließ – er war kaum zu bremsen und kurz davor, eine Keilerei zu starten. Kurz darauf brach die Trauer über Ingolstadt herein über eine verpasste Sensation. Nichtsdestotrotz ist diese knappste aller Relegationsentscheidungen unser Spiel des Jahres.
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