Die besten Spiele des Jahres: Plätze 20 bis 4

Auf insgesamt 329 Meisterschaftsspiele – plus einige Partien im DFB-Pokal – kann die 3. Liga im Jahr 2020 zurückblicken. Aus dieser Menge stachen einige Partien aus diversen Gründen ganz besonders hervor: Klare Siege, torreiche Aufeinandertreffen oder emotionale Entscheidungen. Zum Jahresabschluss haben wir sämtliche "Spiele des Jahres" in einer Top20-Bilanz gebündelt. Zum Auftakt die Plätze 20 bis 4.

Info: Die Plätze 3 bis 1 werden in den nächsten Tagen bis zum 31. Dezember veröffentlicht.

Während Aufsteiger SC Verl die erste Saisonhälfte in der 3. Liga zu genießen wusste, brach beim MSV Duisburg schnell Chaos aus: Die Mannschaft, gespickt mit guten Spielern, war fernab vom Leistungsmaximum, ein Trainerwechsel war die Folge, doch auch Torsten Lieberknechts Nachfolger Gino Lettieri brachte die Meidericher zunächst nicht in Tritt. Bezeichnend war das 0:4 gegen Verl, bei dem nach dem zweiten Gegentreffer – erzielt durch den früheren Duisburger Zlatko Janjic – in der finalen halben Stunde fast alles, was Blau-Weiß trug, in Ergebung um den Schlusspfiff bat. Die Ostwestfalen hatten dagegen noch Lust zu spielen. Und legten nach der frühen Führung von Kasim Rabihic durch ebenjenen Spieler sowie Aygün Yildirim sogar noch zwei Tore nach – eine Demütigung für die Zebras.

 

Das Spiel selbst war gar nicht allzu besonders, doch das 3:2 über Mannheim bedeutete für Eintracht Braunschweig nicht weniger als die Rückkehr in die 2. Bundesliga nach zwei Jahren, die turbulenter nicht hätten sein können. In Erinnerung bleiben die Szenen, als sich die Mannschaft des BTSV nach dem Erfolg, zu dem Martin Kobylanski zwei Treffer beigetragen hatte, gebannt vor der Anzeigetafel des Stadions versammelte. Als der FC Bayern II schließlich dem MSV Duisburg das 2:2 einschenkte und kurz darauf Schluss war, war der Jubel grenzenlos: Die Eintracht war nicht mehr von einem direkten Aufstiegsrang zu verdrängen.

 

Es lief wahrlich nicht viel zusammen beim 1. FC Kaiserslautern in diesem Jahr. Gut, eine ordentliche Phase zum Ende der Saison 2019/20 wollen wir nicht unterschlagen, aber gemessen an den Möglichkeiten war das Gesamtergebnis arg dürftig. Auch Anfang Dezember beim Kellerduell mit Duisburg sah es düster aus, nachdem der MSV zwei Einladungen mit Toren genutzt hatte. So trudelte das Spiel lange vor sich hin, schien längst entschieden. Aber nicht mit dem lebensversichernden Duo des FCK: Kenny Redondo bediente in der 89. Minute Marvin Pourie, der traf – 1:2. Eine Minute später die gleiche Kombination, diesmal per Flanke und Kopfball – 2:2! Viel hatte Lautern davon nicht, zog aber wenigstens den MSV noch tiefer in den Abstiegssumpf. Ein kleiner Lohn für ein spektakuläres Blitz-Comeback.

 

Waldhof, immer wieder Waldhof! Ob krachende Niederlagen, spektakuläre Unentschieden oder wie in diesem Fall ein Kantersieg: Mannheim war in der ersten Hälfte der Saison 2020/21 eigentlich immer für höchst attraktive Spiele gut. Der 1. FC Magdeburg kam schon kriselnd in Baden an, war aber dank der Mithilfe des SVW lange im Spiel geblieben: Sowohl das Mannheimer 1:0 als auch das 2:1 egalisierte Magdeburg, einmal sogar per Eigentor. Doch mit zunehmender Dauer der zweiten Halbzeit drängte Waldhof mehr und mehr – und belohnte sich mit den Treffern von Joseph Boyamba, Gillian Jurcher und Marcel Hofrath. Für Magdeburg wurde der Nachmittag dagegen doppelt bitter, sah doch Tobias Müller in der Nachspielzeit noch die rote Karte.

 

Das musste man erst einmal schaffen: Viktoria Köln, das nach einem starken Endspurt viel früher als gedacht den Klassenerhalt im Drittliga-Premierenjahr festgezurrt hatte, servierte den Fast-Aufsteiger aus Würzburg am vorletzten Spieltag mit 5:1 ab. Statt einer Aufstiegsparty, für die man sich im Lager der Mannen vom Dallenberg zumindest gerüstet haben dürfte, gab es eine Pleite, die zum Nachdenken anregte. Dabei stand es zur Pause noch torlos, erst nach dem Seitenwechsel und einem kräftigen Gewitterschauer düsten die Viktorianer wie Speedbote durch den Höhenberg. Bekanntlich schaffte Würzburg den Aufstieg aber dennoch.

 

Es war die Abstiegs-Vorentscheidung am 37. Spieltag der Vorsaison: Zwickau empfing Chemnitz zum Sachsenderby, der CFC hätte sich mit einem Sieg sogar vorzeitig retten und den FSV in die Regionalliga befördern können. Was für eine Ausgangslage! Doch Mike Könneckes Siegtreffer in der Schlussphase – es war auch noch sein erster Saisontreffer – brachte Zwickau auf Kurs Klassenerhalt. Die Himmelblauen ließen zwar noch ein Spektakel am Schlussspieltag folgen, letztlich fehlten aber zwei Tore. Zwickau genügte dank des Derbysiegs ein torloses 0:0 in Mannheim, um in der 3. Liga zu bleiben, Chemnitz stürzte in die Regionalliga Nordost und bleibt dort, wie wir anhand des jetzigen Tabellenstandes (Rang neun) erahnen können, wohl noch ein weiteres Jahr.

 

Mit fünf Gegentoren endete auch das (kurze) Kapitel des zweiten Hallenser Trainers dieser Saison: Ismail Atalan, der auf Torsten Ziegner folgte und den Absturz stoppen sollte, wurde nach einer 1:5-Niederlage beim FSV Zwickau und nur fünf Punktspielen schon wieder von seinen Aufgaben entbunden. Fraglos war dies der Tiefpunkt der wechselhaften HFC-Saison, die allerdings ein versöhnliches Ende fand. Die Gastgeber hingegen – das stellte sich erst am Saisonende heraus – brauchten jedes Tor für den Ligaverbleib, und so tat der Fünferpack gegen überforderte Hallenser besonders gut. Allein drei Tore bereitete René Lange vor.

 

Da wird unter Hansa-Fans keine große Diskussion aufkommen: Die Frage nach dem besten Auftritt der bisherigen Saison 2020/21 dürfte die überwiegende Mehrheit mit dem 5:1-Erfolg über Viktoria Köln beantworten. Was war das für eine Rostocker Machtdemonstration gegen den ehemaligen Trainer Pavel Dotchev – zwei Doppelschläge (24./25. und 48./50.) sorgten dafür, dass die Partie 40 Minuten vor Abpfiff entschieden war. Dabei spielte Hansa die Tore teils beeindruckend heraus, zumindest an diesem Tag war die Mannschaft um Doppelpacker John Verhoek und den bockstarken Maurice Litka zweitliga-tauglich. Mehr noch als die überflüssige rote Karte gegen Julian Riedel ärgerte viele Fans aber, dass sich in der Folge eine böse Vorahnung bestätigte: Rostock gewann vier Spiele nicht und verpasste Chance um Chance, sich an der Tabellenspitze festzusetzen. So toll die Leistung war, sie blieb eine Eintagsfliege.

 

Nach einem desaströsen 1:6 bei Bayern München II erhielt der damalige Halle-Coach Torsten Ziegner noch eine weitere Bewährungschance. Doch das Dilemma der Hallenser setzte sich noch weiter fort, abermals fiel die Defensive der Mitteldeutschen völlig auseinander. Mit 5:3 gewann die SpVgg Unterhaching an ihrem wohl freudigsten Nachmittag einer erneut schwachen Rückrunde. Und ein Akteur, der vor einigen Jahren noch Drittliga-Torjäger war, dürfte sich an diese Zeit zurückerinnert haben: Dominik Stroh-Engel traf gleich vier Mal! Allerdings nur dreimal ins richtige Tor – als es zwischenzeitlich 3:1 für Haching stand, hatte der Routinier sämtliche Treffer inklusive dem Anschluss für den HFC erzielt.

 

Mit vier Toren und drei Punkten krönte der SVWW eine furiose Aufholjagd in der Englischen Woche vor dem Weihnachtsfest gegen Aufsteiger Lübeck, der bis in die Nachspielzeit der ersten Halbzeit noch mit 2:0 geführt hatte und drauf und dran war, den nächsten Favoriten zu ärgern. Dennis Kempes Anschlusstor mit dem Pausenpfiff weckte Wiesbaden auf, dann schlug der wenige Tage zuvor verpflichtete Österreicher Dominik Prokop mit seinem Premierentor zum 2:2 zu. Nun war das Momentum endgültig auf Seiten des Zweitliga-Absteigers, der dank eines Elfmeters von Philip Tietz in Führung ging – den Endstand besorgte Innenverteidiger Jakov Medic.

 

Auch im Dezember waren die Sechziger für eine Gala-Vorstellung gut. Dieses Mal aber knipste der TSV nicht mit jugendlicher Leichtigkeit seiner Talente, sondern mit der geballten Erfahrung eines Ex-Bundesligastürmers: Sascha Mölders, der den Löwen und der gesamten 3. Liga im Spätherbst seiner Karriere nochmals so viel Freude bereitet hatte, konnte sich gegen Waldhof Mannheim nach nur 27 Minuten einen lupenreinen Hattrick schnüren. Damit war die Partie gegen ersatzgeschwächte wie indisponierte Waldhöfer bereits entschieden. Winziger Wermutstropfen: Mölders nutzte den exzellenten Start in Spiel nicht, um in die Reihe der Viererpacker aufzusteigen. Stattdessen schraubte Philipp Steinhart das Ergebnis nach der Pause mit einem Doppelpack in luftige Höhen.

 

Wir können die diesjährigen Aufsteiger kaum genug loben, sind sie doch allesamt klare sportliche Bereicherungen für die 3. Liga. Auch in den direkten Duellen gaben sie sich bislang so manches Mal Saures, beispielhaft dafür steht die Begegnung von Türkgücü und Lübeck, in der die Gastgeber sechs Tore erzielten – zwei davon allerdings auf der falschen Seite. Alexander Sorge und Azur Velagic waren die Unglücklichen, die Lübeck mit Toren zum 1:1 sowie 2:3-Anschluss jeweils zurück ins Spiel verhalfen. Auf der richtigen Seite trafen Petar Sliskovic, Philipp Erhardt sowie Tom Boere und Daniele Gabriele jeweils per Strafstoß. Das wilde Spiel wurde abgerundet von einem dritten Elfmeter, den der stark geforderte Schiedsrichter Nicolas Winter dem VfB zusprach. Doch Martin Röser scheiterte damit ebenso wie die Lübecker Schlussoffensive am 4:4-Ausgleich.

 

Eine formstarke Bayern-Reserve traf auf einen Halleschen FC, der erst träge und dann verunsichert von einem Aufstiegsplatz bis tief in die Krise und den Abstiegskampf stürzte – für Torsten Ziegner, Trainer der Mitteldeutschen, kam an diesem Abend so ziemlich alles zusammen. Wie man sich in einen Rausch spielen kann, zeigte der Nachwuchs des Rekordmeisters auf eindrucksvolle Art und Weise. Auch Liga-Torjäger Kwasi Wriedt ließ es sich nicht nehmen, die ersten beiden Treffer zum halben Dutzend beizusteuern.

 

Am Tag der deutschen Einheit bescherten Waldhof und Türkgücü auch ihren Fans einen kleinen Feiertag, nur einen Sieger konnten und wollten die Klubs nicht ermitteln. So trennten sie sich schiedlich-friedlich mit einem spektakulären 4:4-Remis, in dem der Aufsteiger aus München dreimal in Führung ging, nach dem Seitenwechsel – der Zwischenstand lautete 2:2 – sogar mit zwei Toren davonzog. Doch der SVW gab nie klein bei und kam durch einen Doppelpack des kurz zuvor eingewechselten Joseph Boyamba noch zum Ausgleich, auch Arianit Ferati hatte mit zwei sehenswerten Vorbereitungen einen starken Tag erwischt. Auf Seiten von Türkgücü überragten Petar Sliskovic (zwei Tore, eine Vorlage) und Sercan Sararer (ein Tor, zwei Vorlagen).

 

Zu den sieben Toren im Grünwalder Stadion kamen am 29. Februar noch satte 13 gelbe Karten – der Tag, den es nur alle vier Jahre einmal gibt, hatte ein Spiel mitgebracht, das einer ähnlichen Rarität glich. Chemnitz führte schnell mit 2:0, zur Pause stand es 1:2, ein Löwen-Doppelschlag brachte nach einer vollen Stunde den Zwischenstand von 3:2. Doch CFC-Torjäger Philipp Hosiner glich aus, vieles deutete auf ein 3:3-Remis hin. Nicht aber mit Prince Owusu – der 1860-Stürmer köpfte in der Nachspielzeit den Siegtreffer für die Gastgeber. Ein Feiertag in blau und weiß, und noch dazu vor 15.000 Zuschauern. Kurz danach kam Corona…

 

Traditionell schaffen es auch die besten Auftritte unserer Drittligisten im DFB-Pokal in die Bestenliste. Damit war an jenem Septembertag wohl schon mit Abpfiff klar, dass sich Dynamo Dresden einen Platz sichern würde, hatte die SGD doch den Zweitliga-Topfavoriten Hamburger SV mit 4:1 aus dem Stadion gefegt. 10.000 Zuschauer – das waren noch Zeiten – wurden Zeugen eines furiosen Auftritts, in dem Yannick Stark nach nur drei Minuten das 1:0 erzielte. Danach kontrollierte Hamburg zwar optisch das Spiel, die Nadelstiche der Gastgeber waren aber präzise gesetzt: Robin Becker erhöhte vor, Christoph Daferner nach der Pause. Das 1:3 aus HSV-Sicht von Onana kam in der 89. Minute zu spät, und Dresden ließ es sich nicht nehmen, durch einen Handelfmeter von Kapitän Sebastian Mai mit Abpfiff noch das vierte Tor nachzulegen.

 

Sieben Spieler haben in mehr als elf Jahren 3. Liga das Kunststück vollbracht, vier Tore in einer Partie zu erzielen – Dennis Dressel war bei der furiosen 6:1-Show von 1860 München gegen den Halleschen FC der Achte. Was den Viererpack noch etwas spezieller macht: Dressel ist nach Michele Rizzi, damals für Preußen Münster aktiv, erst der zweite Drittliga-Spieler, der seinen Sahnetag von einer Mittelfeldposition aus erlebte. Man mag sich kaum trauen, nach diesem Ergebnis den Spielverlauf in Frage zu stellen. Doch Gegner HFC, der phasenweise nicht mehr wusste, was mit ihm geschieht, hatte seinerseits Spielphasen, in denen die Partie hätte kippen können. Doch gegen diesen Dennis Dressel war schlicht kein Kraut gewachsen.

 

   

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