Die Gewinner und Verlierer des Saisonstarts

Nach drei Spieltagen – einzig Osnabrück und Duisburg müssen noch ein Nachholspiel zur vollständigen Tabelle beitragen – lässt sich eine erste Bilanz über den Saisonstart ziehen. Und irgendwie kommt uns das alles bekannt vor: Zwei Aufsteiger ganz oben, ein Absteiger sowie ein Traditionsverein in Problemen. Unser Blick auf die Gewinner und Verlierer des Auftakts.

Gewinner

Den Spitzenreiter zu nennen, versteht sich von selbst. Allein die Tatsache, dass Viktoria Berlin als einziger Verein noch verlustpunkt frei ist, macht nervös, schließlich schafften die Hauptstädter den Sprung in die 3. Liga in der abgebrochenen Regionalliga-Nordost-Saison 2020/21 mit 33 Punkten aus elf Spielen, sprich elf Siegen. Ihr letzter Punktverlust in einem Ligaspiel datiert, man halte sich fest, auf den 8. März 2020, ein 0:2 gegen Union Fürstenwalde! Dazu kommt die Art und Weise, in der der Neuling aufspielt. Beim 2:1 gegen Köln drehte man das Spiel in wenigen Augenblicken, es folgten 4:0-Fußballfeste bei den früheren Deutschen Meistern aus Braunschweig sowie gegen Kaiserslautern. Mut, ein aggressives Pressing und schnelle Gegenstöße tun den Gegnern bislang weh, ein Mittel fanden die Drittligisten bislang nicht. Wie lange diese Euphoriewelle geritten werden kann? Schwer zu sagen. Beeindruckend sind die Leistungen des Kollektivs um die Torjäger Lucas Falcao und Tolcay Cigerci (jeweils drei Treffer) aber allemal.

 

Auf dem zweiten Rang hat sich nach zwei Auswärtssiegen mit insgesamt sieben Punkten die Reserve des BVB eingenistet. Auch wenn sie als zweite Mannschaft nicht von allen Drittliga-Fans akzeptiert wird, hat sie sportlich ihre Daseinsberechtigung mehr als einmal untermauert, insbesondere das 5:2 bei Mitaufsteiger Freiburg II war ein Spektakel mit etlichen feinen Toren. Allen voran Flügelspieler Marco Pasalic, Bruder von Atalanta-Bergamo-Star Mario Pasalic, überzeugte mit toller Technik und wuchtigen wie präzisen Abschlüssen mit seinem linken Fuß. Die Offensive, die schon im Aufstiegsjahr 94 Tore erzielte, gilt auch ohne Torjäger Steffen Tigges (bei der ersten Mannschaft) als das Prunkstück des BVB, der damit auf den Spuren des einstigen Drittliga-Meisters Bayern II wandelt. Ob es so weitergehen kann?

 

In unserer Saisonprognose haben wir den SC Verl vorsichtig in die untere Tabellenhälfte abgestuft, doch innerhalb unserer Redaktion gab es allemal Diskussionen, die Ostwestfalen nach dem Verlust etlicher Leistungsträger sogar noch tiefer einzustufen. Bislang – es sind ja erst dreimal 90 Minuten absolviert – straft die Mannschaft von Trainer Guerino Capretti alle Skeptiker Lügen: Nach drei Auftritten, in denen die Verler eine vollumfänglich solide Leistung ohne große Schwächen zeigten, grüßen sie mit sieben Punkten aus dem Spitzenquartett. Dabei war das Auftaktprogramm mit Türkgücü (0:0), Würzburg (1:0) und nun Viktoria Köln (3:1) sicher kein leichtes, zudem muss der Sportclub bekanntlich seine Heimspiele im 70 Kilometer entfernten Lotte austragen. Umso überraschender, wie reif Caprettis Team, von dem beim jüngsten Sieg nur drei Startelf-Akteure älter als 24 Jahre waren, auftritt – nach einem Abstiegskandidaten sieht das nicht aus.

 

Vergessen wollen wir den FCM natürlich nicht, auch wenn er aus der ersten Spitzengruppe der noch jungen Saison der Kandidat ist, den die meisten Experten dort auch erwartet hatten. Das 2:0 in Mannheim, das unglückliche 0:0 gegen Freiburg II sowie nun der 3:1-Erfolg in Havelse unterstrichen im Kombination mit dem Chancenfeuerwerk bei der 2:3-Niederlage im DFB-Pokal gegen Zweitliga-Topklub St. Pauli, welches Potenzial in diesem Jahr an der Elbe vorzufinden ist. Baris Atik bleibt der Schlüsselspieler, der er schon in der ersten Jahreshälfte war, das zentrale Mittelfeld wurde mit Amara Condé womöglich entscheidend verstärkt, in der Offensive versprühen viele Spieler Torgefahr und als Mannschaft wirkt Magdeburg um Trainer Christian Titz ziemlich eingespielt. Nun wissen wir, warum so viele Trainer den FCM als Aufstiegskandidaten genannt haben.

 

Verlierer

Nur ein Klub ist noch komplett punktlos, und das ist der TSV Havelse. Leicht hatte sich die 3. Liga westlich von Hannover, wo bekanntlich der Großteil der Mannschaft nicht allein vom Fußball lebt, sicherlich keiner vorgestellt. Doch ein so schnelles Ende des Aufstiegsschwungs kommt dann doch einem suboptimalem Auftakt gleich. Beim 0:1 gegen Saarbrücken passierte nach vorne hin sehr wenig, beim 0:3 gegen Duisburg vergab der TSV die wenigen Gelegenheiten und bekam in der eigenen Hälfte Grenzen aufgezeigt. Die beste Saisonleistung zeigte Havelse kürzlich beim 1:3 gegen Magdeburg, der klar favorisierte FCM brauchte zwei Strafstöße in der Schlussphase. Vielleicht wäre ohne die überflüssige gelb-rote Karte gegen Fynn Lakenmacher nach nur einer halben Stunde deutlich mehr dringewesen – Hoffnung machte der Auftritt allemal.

 

Es liegt nahe, Spieler, Verantwortliche und Fans des 1. FC Kaiserslautern mit Häme zu übergießen dafür, dass es augenscheinlich auch im vierten Drittliga-Jahr zunächst nur in eine Richtung geht. Statt sich auf Spott einzulassen, kann anderen der FCK nur noch leidtun. Vieles wirkte in der Sommerpause stimmig, die Verpflichtungen ergaben auf dem Papier Sinn, der Mix aus Routiniers, Etablierten und Talenten sowie Eigengewächs machte einen guten Eindruck. Und dann das: Inklusive der ersten Pokalrunde 360 Minuten ohne eigenes Tor, zuletzt das desaströse 0:4 in Berlin, erst ein Pünktchen vom Auftakt-Remis gegen Braunschweig. Trainer Marco Antwerpen entschuldigte sich für das Debakel im Jahn-Sportpark zu Berlin, erklären konnte die lethargische, von jeglicher Abstimmung befreite Defensivleistung niemand. Den Roten Teufeln bleibt nur zu hoffen, dass dieser erste schmerzhafte Tritt ins Gesäß Wirkung zeigt – noch ein längeres Intermezzo im Abstiegskampf kann nun wirklich niemand gebrauchen.

 

Neben den ebenfalls schwach gestarteten Kölnern – bei denen trotz aller Ambitionen der Fehlstart aber aufgrund eines spät zusammengestellten Kaders nicht völlig verwundert – mussten auch die Würzburger Kickers mit nur einem Punkt aus drei Spielen vorliebnehmen. Auch sie brauchten inklusive DFB-Pokal viel Anlauf, ehe Maximilian Breunig nach 280 Minuten in Mannheim den Torlos-Fluch beendete. Und auch insgesamt legten die Kickers, die als Zweitliga-Absteiger etliche Neuzugänge integrieren mussten und gerade in der Viererkette derzeit sehr jungen Kräften vertrauen, beim 1:1 gegen Waldhof gegenüber den Vorwochen eine Schippe drauf. Der längerfristige Ausfall des nachgewiesenen Drittliga-Torjägers Marvin Pourie (Oberschenkelverletzung) verkompliziert vorne die Lage hingegen – es sind noch nicht die allerbesten Vorzeichen dafür, dass Würzburg flugs aus dem Keller klettert.

 

   

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