Die Zweitliga-Aufsteiger: FCK furios, BTSV mit Fehlstart
Nur unwillig ließ die 3. Liga im Sommer drei ihrer Publikumsmagneten ziehen: Der 1. FC Magdeburg, Eintracht Braunschweig und der 1. FC Kaiserslautern schafften die Rückkehr in die 2. Bundesliga – und haben dort nun sehr verschiedene erste Wochen hinter sich. Von Traum- bis Fehlstart: So präsentieren sich die Ex-Drittligisten.
Die Roten Teufel rocken die Liga: Sieben Punkte aus drei Spielen und Tabellenplatz zwei – prächtiger hätte der "richtige" Einstand von Trainer Dirk Schuster, der ja eilig vor der Relegation gegen Dynamo Dresden als Nachfolger von Marco Antwerpen installiert worden war, nicht laufen können. Umso erstaunlicher, als dass es das Auftaktprogramm mit Hannover 96 (2:1), Holstein Kiel (2:2) und dem FC St. Pauli (2:1) in sich hatte, schon zwei Klubs mit Favoritenstatus auf dem Betzenberg zu Gast waren und beide punktlos nach Hause reisten. Dazwischen gelang es Europapokal-Teilnehmer SC Freiburg nur unter Höchstanstrengung, nach Verlängerung in die zweite Pokalrunde einzuziehen. Marlon Ritter hatte die Pfälzer mit einem Treffer von der Mittellinie in Führung gebracht.
Die Euphorie ist nicht nur ungebrochen, sondern wächst kontinuierlich weiter: Mehr als 80.000 Menschen passierten die Stadiontore insgesamt zu den ersten beiden Heimspielen, kann der FCK diese Zahlen annähernd halten, wird er zumindest in der Zuschauertabelle vom zweiten Platz (hinter dem Hamburger SV) nur schwer zu verdrängen sein. Wer auf den Betze geht, weiß: Gezaubert wird unter Schuster nicht, doch Lautern ist der Inbegriff einer aufmerksamen, diszipliniert und notfalls hart verteidigenden Mannschaft geworden, die allen voran durch Publikumsliebling Terrence Boyd Nadelstiche zu setzen vermag. Die Verpflichtungen von Keeper Andreas Luthe sowie Verteidiger Erik Durm aus der Bundesliga zahlen sich bis dato voll aus, den großen Rest der Lorbeeren heimst sich allerdings die Aufstiegsmannschaft um Mike Wunderlich, Daniel Hanslik, Boris Tomiak und Jean Zimmer ein: Durm und Luthe waren zuletzt die einzigen Neuzugänge in der Startelf. Am Freitagabend kommt es nun zum Spitzenspiel gegen SC Paderborn (3.). Wer hätte das vor der Saison gedacht?
Drei Punkte in Form eines Auswärtssieges: Gemischt sind die Gefühle beim 1. FC Magdeburg. Es wäre vielleicht mehr möglich gewesen in den Heimspielen gegen Fortuna Düsseldorf und Holstein Kiel, in denen die Elbestädter jeweils mit 1:2 unterlagen, während die 0:4-Pokalschlappe gegen Eintracht Frankfurt eine deutliche Sache war. Als Gast des Karlsruher SC rettete die Elf von Trainer Christian Titz einen 3:2-Sieg nach Drei-Tore-Führung, was ein wenig exemplarisch stehen mag für die stets riskante, aber unheimlich gut anzuschauende Spielweise. Jene, mit der der FCM die 3. Liga nach Belieben dominierte, die aber – zumindest zu Saisonbeginn – in der 2. Bundesliga phasenweise noch Lehrgeld erfordert. Gerade die Abwehr, das hatte sich abgezeichnet, kommt an ihre Grenzen: Dem Team fehlt ein gelernter und gestandener Rechtsverteidiger, im Zentrum tut sich eine weitere Baustelle auf, da es an Zweitliga-Qualität fehlt und Toptalent Jamie Lawrence (ausgeliehen vom FC Bayern) als erhoffte Stütze zweimal ganz unglücklich agierte.
Ist der Ball erst einmal im Mittelfeld angekommen, muss sich jeder Gegner umsehen. Mit welcher Selbstverständlichkeit Andreas Müller, Amara Condé und Connor Krempicki im Wechselspiel mit den rotierenden Stürmern die Bälle unter hohem Druck und Tempo zirkulieren lassen, ist – erst recht für einen Aufsteiger – faszinierend. Nicht von ungefähr zählt Magdeburg in puncto Passquote (85 Prozent) und Ballbesitz (60 Prozent) zu den Topteams der Liga, was für einen Liganeuling enorm ungewöhnlich daherkommt. Die Fans goutieren das mit viel Rückendeckung, wissen: Wir sind spielerisch auf ganz anderem Niveau unterwegs als beim vergangenen Zweitliga-Aufstieg 2018. Erhofft wird sich noch ein Unterschiedsspieler im Topform: Klar, dass diese Rolle Baris Atik zuteil wurde, der mit einem Scorerpunkt in drei Spielen noch Steigerungspotenzial besitzt. Er hat die Messlatte mit seiner spektakulären Vorsaison allerdings auch ziemlich hoch gelegt und ist derzeit zudem angeschlagen.
Null Punkte, null Tore, dafür aber zumindest das Wahnsinns-Weiterkommen im DFB-Pokal (4:4 nach Verlängerung, Sieg im Elfmeterschießen) gegen Hertha BSC: Die Skepsis, die so mancher in den Wochen nach dem Aufstieg in Verbindung mit der Braunschweiger Eintracht entwickelt hatte, war bis dato dennoch nicht ganz unberechtigt. In allen Mannschaftsteilen wirkte der BTSV so gerade eben zweitliga-tauglich besetzt, nun wurde mit den Verpflichtungen von Anthony Ujah und Keita Endo zumindest in der größten Baustelle Offensive nachgelegt – noch ohne direkten Ertrag. Die Krux: Gegen den Hamburger SV (0:2) und den 1. FC Heidenheim (0:3) waren die Löwen gut im Spiel, nervten den HSV etwa mit starken Kontern und hatten auch auf der Ostalb gute Chancen. Beim 0:1 gegen Darmstadt fand Braunschweig offensiv dagegen kaum mehr statt. Der bis dato überzeugende Zehner Immanuel Pherai ist einer der Hoffnungsträger, er steuerte drei Scorerpunkte im Pokal bei, bringt Spielwitz, Tempo und großes Potenzial mit.
Nun sind drei Aufstiegskandidaten als Gegner abgehakt, in Kiel, Düsseldorf, Bielefeld, Nürnberg und Hannover geht es aber knüppelhart weiter. Und der Ergebnisdruck für Trainer Michael Schiele ist ja längst da. Schiele ist in der Zweitklassigkeit bis dato ein gescheiterter Mann, 2020 in Würzburg ganz früh entlassen, Anfang 2021 auch in Sandhausen tief im Abstiegssumpf von seinen Aufgaben entbunden. Nun erhält der 44-Jährige Rückendeckung, unter anderem von seinem ersten Vorgesetzten Peter Vollmann, der in einer Trainerdiskussion derzeit "keinen Sinn" sieht. Und doch werden die kommenden fünf Spiele richtungsweisend, der Zug in Richtung hinteres Mittelfeld wird sich – sollte der BTSV sieglos bleiben – Stück für Stück entfernen.