Eilers im Interview: "Das ist jetzt meine letzte Chance"

Im Interview mit liga3-online.de spricht der derzeit vereinslose Justin Eilers über seinen Alltag in der Corona-Krise, seine von vielen Verletzungen geprägte Karriere und sein geplantes Comeback im Sommer.

"Überbein wurde weggefräst"

liga3-online.de: Die Corona-Krise schränkt unseren Alltag derzeit stark ein. Wie sieht Ihrer aus, Herr Eilers?

Justin Eilers: Ziemlich eintönig, wie vermutlich bei den meisten Menschen. Ich würde gerne Freunde treffen, ins Café gehen und generell bei dem schönen Wetter die Zeit draußen verbringen. Aber das geht nun einmal nicht. Daran möchte man sich eigentlich nicht gewöhnen, muss man derzeit aber. Meine Konstante ist der Sport, den ich von zuhause aus mache.

Sie sind ohne Verein. Wie halten Sie sich in diesen Tagen fit?

Seit Dezember trainiere ich täglich mit meinem Fitnesstrainer Arne Ruff vom FT Club Braunschweig. Gemeinsam mit ihm arbeite ich daran, bis zum nächsten Transferfenster wieder topfit zu sein und dann noch einmal anzugreifen – unabhängig davon, wann das nächste Transferfenster überhaupt sein wird. Aktuell ist ja alles sehr ungewiss.

Ihre letzte Station bei den Sportfreunden Lotte in der Rückrunde der vergangenen Saison war ein kurzes Intermezzo. Wegen des erneuten Aufbruchs Ihrer Hüftverletzung kamen Sie bloß zu zwei Kurzeinsätzen. Das hatten Sie sich sicher ganz anders vorgestellt.

Stimmt. Das Engagement in Lotte sollte eine Win-win-Situation werden. Ich konnte endlich weg aus Griechenland – die Zeit beim Erstligisten Apollon Smyrnis war ein absolutes Chaos – und erhielt die Chance, in Deutschland wieder Fuß zu fassen. Die Sportfreunde bekamen mit mir einen erfahrenen Profi, der einen Beitrag zum Klassenverbleib leisten sollte. Der Plan ging aber leider für beide Seiten nicht auf, weil mir die Hüftverletzung weiterhin zu schaffen machte. Ich kam kaum zum Einsatz und für Lotte ging es zurück in die Regionalliga. Eines war an meiner Zeit in Lotte aber positiv: Es wurde endlich die Ursache für meine Hüftprobleme erkannt. Jahrelang hatte ich vergeblich auf eine richtige Diagnose gewartet.

Was war verkehrt mit der Hüfte?

Ich hatte ein Überbein, also zu viel Knochen am Hüftgelenk. Durch eine Überreibung bei den vielen schnellen Bewegungen, die ich nun einmal als Fußballer mache, ist die Hüfte nach und nach immer mehr beschädigt worden. Das Überbein wurde dann bei einer OP im März 2019 weggefräst. Seitdem mache ich stetig Fortschritte und befinde mich auf einem guten Weg. Dass ich im letzten Sommer keinen neuen Verein gefunden habe, kam aufgrund meiner erneuten Verletzungspause wenig überraschend. In der zurückliegenden Wechselperiode im Winter habe ich mich noch nicht fit genug gefühlt und für mich entschieden, erst einmal wieder ein Top-Level zu erreichen, bevor ich mich wieder nach einem Klub umschaue. (Anm. d. Red.: Sein großes Verletzungspech hatte 2019 auch finanzielle Folgen: Eilers meldete Privatinsolvenz an).

 

"Bin fast daran zerbrochen"

Bis 2016 kamen Sie ohne größere Verletzungen aus, als Torschützenkönig und Meister der 3. Liga stiegen Sie mit Dynamo Dresden in die 2. Bundesliga auf. Sie wechselten in die 1. Bundesliga zu Werder Bremen. Man kann sagen, dass dann die Seuchenzeit anfing, oder?

Das Wort Seuchenzeit trifft es perfekt. Auf die eine Verletzung folgte die nächste – Hüfte, Leiste, dann Kreuz- und Innenband. Es ist ohnehin schon schwer, sich in einem neuen Team und einer neuen Liga zu beweisen. Wenn dann dein Körper nicht mitmacht, hast du keine Chance. Kurz vor dem Ende der ersten Saison in Bremen ging es danach zunächst aufwärts. Ich fühlte mich gut, sammelte Spielpraxis in der Drittligamannschaft und stand einige Male im Profikader. Dann riss ich mir das Kreuzband. Die nächste lange Ausfallzeit, die auch einige Folgeverletzungen wie Muskelfaserrisse auslöste. Dass ich dann 2018 keinen neuen Kontrakt bekam, war verständlich. Es ist insgesamt sehr unglücklich für mich gelaufen. Ich hatte durch mein Verletzungspech nicht die Möglichkeit, mich zeigen zu können und in der 1. Bundesliga auf mich aufmerksam zu machen.

Wie schwierig ist es, sich immer wieder nach langwierigen Verletzungen zurückkämpfen zu müssen?

Sehr schwierig. Familie, Freunde, Mitspieler und Fans geben dir zwar immer wieder Kraft und sie versuchen, dir Mut zuzusprechen. Aber wenn du so viele Rückschläge in kurzer Zeit erleidest, gehen irgendwann der Glaube und die Energie verloren. Ich war verzweifelt und bin fast daran zerbrochen. Mittlerweile kann ich das, was ich liebe, seit fast vier Jahren nicht tun. Jede Woche auf dem Fußballplatz zu stehen und vor tausenden von Zuschauern mein Bestes zu geben – das war mein Leben, mein Alltag. Dieses Leben wurde mir durch die vielen Verletzungen genommen. Dennoch stabil zu bleiben und weiterzumachen, ist eine extreme Herausforderung.

Gab es während dieser Zeit auch Phasen, in denen Sie an ein Karriereende gedacht haben?

Diesen Gedanken habe ich immer weit von mir weggeschoben. Ich wusste, was ich konnte und die Hoffnung auf ein erfolgreiches Comeback lebte. Aber als ich mich dann zuletzt in Lotte regelmäßig zum Training quälen musste, weil meine Hüfte so schmerzte, war ich kurz davor, den Schlussstrich zu ziehen. Ich hatte zwei Gedanken: Der erste war, dass ich mir das nicht mehr antue. Jede Bewegung tat höllisch weh. Zweitens redete ich mir ein, dass von nun kein Klub mehr das Risiko eingehen würde, einen Spieler mit einer solchen Verletzungshistorie zu verpflichten. Doch dann kamen die Diagnose und die OP. Ich sagte mir: Das ist die letzte OP, die du machst. Klappt es, gibst du noch einmal alles. Klappt es nicht, ist es vorbei mit deiner Karriere.

 

Comeback oder Karriereende

Wenn Sie auf Ihre bisherige Karriere zurückblicken: Was war Ihr Höhepunkt?

Da muss ich nicht lange überlegen. Die Zeit in Dresden war phänomenal. Ich war verletzungsfrei und habe das Vertrauen des Teams, der Fans und des Umfelds immer gespürt. Die Krönung war natürlich die Drittliga-Meisterschaft und der damit verbundene Zweitliga-Aufstieg 2015/16, in der ich außerdem Torschützenkönig und Spieler der Saison wurde. Ich bin extrem dankbar, dass ich diese Erfolge mit Dynamo feiern durfte und habe weiterhin eine besondere Bindung zum Verein. Noch heute erhalte ich Zuspruch von den Fans, die bei meinen Stadionbesuchen um Fotowünsche und meine Rückkehr nach Dresden bitten. Daraus schöpfe ich auch in schweren Zeiten Kraft.

Was sind nun Ihre konkreten Zukunftspläne, sehen wir Sie bald noch einmal auf der großen Fußball-Bühne?

Ich hoffe es. Seit langem fühle ich mich mal wieder richtig gut und ich vertraue meinem Körper. Jetzt gilt es, weiter hart an meiner Fitness zu arbeiten, um dann bestenfalls noch einmal Profifußball zu spielen. Es ist jetzt definitiv meine letzte Chance. Entweder es funktioniert dieses Jahr oder ich gehe zu Plan B über.

Der wäre?

Das Kapitel Profifußball zu beenden und meinen Berufseinstieg zu forcieren. Ich habe bereits mit einigen Menschen, mit denen ich im Laufe der letzten Jahre im Fußballbereich in Kontakt stand, gesprochen. Es gäbe viele Optionen für den Start in mein Berufsleben. Aber noch ist das Zukunftsmusik. Erst einmal setze ich in den kommenden Monaten noch einmal alles auf eine andere Karte: Und die heißt Fußball.

   

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