"Einfach geisteskrank": So feierte der VfL Osnabrück den Aufstieg

Irre! Wahnsinn! Unfassbar! Für das, was sich am Samstag an der Bremer Brücke des VfL Osnabrück abspielte, gibt es kaum Worte. Mit zwei Toren in der Nachspielzeit drehten die Lila-Weißen die Partie gegen den BVB II und steigen aufgrund der um einen Treffer besseren Tordifferenz gegenüber Wiesbaden direkt in die 2. Bundesliga auf. Mit Abpfiff brachen alle Dämme, es war der pure Wahnsinn.

Absolute Extase nach Schlusspfiff

2. Liga? Nein, danach sah es wahrlich nicht aus, als die sechsminütige Nachspielzeit anbrach. Der VfL lag mit 0:1 hinten, während alle anderen Aufstiegskonkurrenten führten und in der Tabelle an den Lila-Weißen vorbeigezogen waren. Doch was dann passierte, das hat die Bremer Brücke, die am vergangenen Montag 90 Jahre alt wurde, noch nicht erlebt. Erst erzielte Ba-Muaka Simakala in der vierten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich und küsste das Stadion nochmal wach, dann traf Jannes Wulf nur zwei Zeigerumdrehungen später zum 2:1 – und löste eine Explosion der Glücksgefühle auf den Rängen aus. Vereinzelt liefen sogar bereits Fans auf den Platz, konnten aber zurückgedrängt werden. Den Anstoß der Dortmunder ließ Schiedsrichter Robin Braun anschließend noch ausführen, pfiff dann aber sofort ab. Was folgte, war die pure Extase.

Binnen Sekunden stürmten die Fans aus allen Richtungen das Spielfeld und konnten ihr Glück kaum fassen, während Siegtorschütze Wulf unmittelbar nach dem Abpfiff noch nicht so recht wusste, ob er sich jetzt freuen konnte. Schließlich hätte Wiesbaden mit einem höheren Sieg noch an Osnabrück vorbeiziehen könnten. Erst als ihm ein Betreuer mitteilte, dass die Hessen nur mit 1:0 gegen Halle gewannen, brach es auch aus dem 23-Jährigen heraus, und er verschwand in der Jubeltraube.

"Das muss man erstmal verarbeiten"

So richtig begreifen, was da gerade passiert war, konnte auch Timo Beermann nicht, als er zum Interview mit "MagentaSport" kam. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Unfassbar. Einfach geisteskrank. Unfassbar. Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn." Torhüter Philipp Kühn war genauso perplex: "Ich glaube, wir können nur kranke Sachen machen. 90 Minute lang war es kein gutes Spiel. Dann machen wir ein Tor, wenn auch ein bisschen sehr spät. Aber dann brennt die Hütte komplett."

So noch zurückzukommen, "hat uns das ganze Jahr ausgezeichnet", strahlte der Schlussmann. "Einfach nur unfassbar und geisteskrank." Wie es in Wiesbaden stand, habe er nicht mitbekommen. "Ich wusste nur, dass sie zur Pause mit 1:0 geführt haben. Das war ganz schwierig." Irre: Innerhalb von nur zwei Minuten sprang Osnabrück von Platz 6 auf Rang 3. "Leck mich am Arsch. Das muss man erstmal verarbeiten." Wie lange nun gefeiert wird? "Bestimmt vier Tage. Wir müssen es genießen."

Schweinsteiger nach Abpfiff in der Kabine

Die Party in Osnabrück könnte in der Tat ein wenig länger gehen, zumal selbst der sonst so nüchterne Tobias Schweinsteiger den Party-Befehl gab und als nächsten Termin erst das Landespokal-Finale am kommenden Samstag ausrief. "Heute können sie trinken was sie wollen", gab der VfL-Trainer vor. Ers selbst verbrachte den größten Erfolg seiner Trainerkarriere zunächst ganz für sich: "Mit dem Abpfiff hat mein Hirn kurz ausgesetzt, dann bin ich erstmal in die Kabine und habe alle wichtigen Leute abtelefoniert. Jetzt genieße ich es."

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Noch in der 90. Minute habe er ein Stoßgebet an einen "sehr guten Freund" gerichtet – mit Erfolg. "Wir wissen, dass an der Bremer Brücke immer was passieren kann", sagte Schweinsteiger – und dachte im Moment des Erfolgs auch an die Verlierer: "Für Wiesbaden, Saarbrücken und Dresden tut es mir echt Leid. Aber für uns freut es mich natürlich." Innerhalb der Mannschaft herrsche ein "überragender Zusammenhalt", das Team habe sich "gemeinsam herausgekämpft", nachdem es noch im Herbst im Abstiegskampf gesteckt hatte. Ein Ziel ist für diese Saison aber noch offen: "Wir wollen jetzt noch den NFV-Pokal. Mal schauen, ob wir dafür noch eine Truppe auf den Platz bekommen."

"Eigentlich waren wir schon fast tot"

Ob Kapitän Marc Heider bis nächsten Samstag wieder fit wird? Bei "MagentaSport" kündigte er an, möglicherweise eine Woche durchmachen zu wollen: "Das ist scheiß egal. Jeder soll alles mitnehmen. Und da bin ich natürlich mit dabei." Ein besseres Karriereende hätte sich der 36-Jährige kaum erträumen können.

Kurios: Bereits vor dem Spiel war er verabschiedet worden – und das, obwohl in der Relegation noch ein weiteres Heimspiel gewartet hätte. Doch Heider meinte ganz cool: "Auf die Relegation hatte ich gar keinen Bock. Wir haben es mit aller Macht geschafft." Das Spiel noch zu drehen, mache die Bremer Brücke aus. "Eigentlich waren wir schon fast tot, aber es ist uns schon so oft gelungen. Hier darf man niemals aufgeben." Das tat der VfL in der Tat nicht und belohnte sich für eine überragende Rückrunde. "Danke an jeden einzelnen, der an uns geglaubt hat", sagte Heider und grinste in die Kamera: "Danke Marcos." Gemeint war der Ex-Osnabrücker Marcos Alvarez, der den SV Meppen am Montag zum 4:1-Erfolg gegen Dresden geführt und die Tür für den VfL damit ganz weit aufgestoßen hatte.

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"Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen"

Auch Simakala, der mit seinem 19. Saisontor das 1:1 erzielt hatte, sprach dem SVM nochmal einen Dank aus. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Einfach nur pure Emotionen. Wir haben es uns das ganze Jahr vorgenommen. Und jetzt schaut uns an: We made it." Er könne es noch gar nicht in Worte fassen und realisieren. "Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen." Bis zum Morgengrauen werde nun gefeiert, "heute geht es ab", kündigte der Stürmer an, vermied allerdings ein Bekenntnis zum VfL: "Meine Entscheidung wird dann jeder mitbekommen." Worte, die nach Abschied klangen.

Robert Tesche hat seinen Vertrag unterdessen bereits im Februar verlängert – und kehrt ausgerechnet an seinem 36. Geburtstag in die 2. Liga zurück. "Einfach geil. Das ist mein erster Aufstieg mit Fans und emotional mit das Beste, was ich erlebt habe." Für den VfL war es bereits der siebte Aufstieg in die 2. Bundesliga, der ausgiebig in der Kabine gefeiert wurde.

Am späten Nachmittag zogen die Fans dann weiter zum Marktplatz in die Innenstadt, wo die Mannschaft am Abend von tausenden Anhänger empfangen und gefeiert wurde. Die offizielle Aufstiegsparty steigt am Sonntag ab 14 Uhr, dann wird sich die Mannschaft auch ins Goldene Buch der Stadt eintragen.

   

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