Emmerling: "Mannschaft momentan nicht drittligatauglich"
Rot-Weiß Erfurt wagt den nächsten Neuanfang: Wie am Montag bekannt wurde, übernimmt Stefan Emmerling das Traineramt des tief in der Krise steckenden Vereins. Im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte der 51-Jährige, wie er das Ruder doch noch herumreißen und das Ziel Klassenerhalt erreichen will. Zudem gab Präsident Frank Nowag spannende Einblicke in die finanzielle Situation der Erfurter.
Sponsoren bezahlen Emmerling
Zunächst aber klärte das Duo über die Hintergründe der Zusammenarbeit auf. So gab Nowag zu, sich früh Gedanken gemacht zu haben, welche Konsequenzen ein Misserfolg gegen Großaspach haben könnte. Erfurt verlor bei den Schwaben 0:1, Trainer David Bergner, der nur 49 Tage im Amt war und dabei sieglos blieb, wurde entlassen. Am Mittwoch wurde Emmerling, der am Steigerwald kein Unbekannter ist und die Erfurter bereits von März 2010 bis August 2012 an der Seitenlinie betreute, als sein Nachfolger präsentiert. Eine schnelle Lösung, die aus frühzeitiger Planung resultiert: "Die erste Kontaktaufnahme fand vor dem Spiel in Großaspach statt"; bestätigt Emmerling. "Das erste Treffen dann danach."
Sowohl er als auch Nowag sprachen von einer sehr schnellen Einigung. Die sportliche Misere und der Zeitdruck hat Nowag dazu bewegt, den zweiten Trainerwechsel während dieser Spielzeit zu vollziehen. Das Anforderungsprofil lautete wie folgt: "Wir wollten einen Trainer mit rot-weißen Genen, erfolgreicher Vergangenheit und einen, der mit uns durch dick und dünn geht." Die Wahl fiel auf Emmerling, der in seiner ersten Amtszeit zweimal in Folge fünfter wurde und einen Vertrag bis 2019 unterschrieb, der auch für die Regionalliga gilt.
Bei der Verpflichtung des neuen Trainers sei man keine wirtschaftlichen Risiken eingegangen. Sponsoren wurden involviert, um den finanziellen Rahmen des Kontrakts stemmen zu können. Zudem soll der bestehende Vertrag mit Ex-Trainer Stefan Krämer aufgelöst werden. Der ehemalige Coach würde dann nicht mehr auf der Gehaltsliste stehen. Und Bergner? Nowag bescheinigt ihm gute und engagierte Arbeit. Dennoch verlor er das Vertrauen in den Coach, der aus sechs Spielen nur einen Punkt holte und zuvor im Nachwuchsbereich tätig war. Nowag: "Ich gehe davon aus, dass er dorthin zurückkehrt."
Nowag: "Es brennt an jeder Ecke"
Denn nicht nur sportlich, sondern auch finanziell steht RWE am Abgrund. "Es brennt an jeder Ecke", musste auch der Präsident gestehen. Die verschuldeten Thüringer "müssen vom Schuldenberg runter", weiß Nowag. Die personelle Planung, die streng mit den Finanzen verbunden ist, liegt aber in den Händen des DFB: "Zusätzliches Geld fließt sofort in die Schuldentilgung." Selbst mit frischem Geld wäre RWE also nicht in der Lage, personell nachzurüsten.
Doch es gibt noch Hoffnung: Der Verband zeigt sich gesprächsbereit, Nowag erhielt einen Gesprächstermin beim DFB. "Es gibt immer Mittel und Wege", meint der 46-Jährige. Er hofft zugleich auch auf die Unterstützung der Stadt: "Ohne geht es nicht." Doch die Vertreter zu überzeugen, wird ein hartes Stück Arbeit: "Notfalls gehe ich mit Gitarre hin und singe Lieder", gibt Nowag sich kämpferisch und zeigt, dass er den Humor trotz allem noch nicht verloren hat. Zudem spielt er mit dem Gedanken, einen Vertreter der Stadt in den Aufsichtsrat des Vereins einzubinden.
Emmerling: "Momentan nicht drittligatauglich"
Bei all diesen Infos rückte das Sportliche fast in den Hintergrund. Doch Emmerling klärte auf der Pressekonferenz auch darüber auf, wie er das Ruder herumreißen will. Zunächst fand der gebürtige Heidelberger aber klare Worte: "In der jetzigen Situation ist die Mannschaft nicht drittligatauglich." Dennoch sei die Situation nicht aussichtslos. Er will die Mannschaft schnell kennenlernen und die letzten Prozente aus ihr "herauskitzeln". Dass er mit Spielern wie Kammlott, Klewin und Möckel schon zusammengearbeitet hat, sei ein Vorteil: "Ich habe Stallgeruch." Die erfahrenen Spieler nimmt er gleich in die Pflicht: "Sie müssen die jungen Talente an die Hand nehmen"; appelliert Emmerling, der zudem Veränderungen ankündigt. Sowohl in der taktischen Ausrichtung als auch in der Aufstellung: "Es gibt für jeden die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen."
Und so will er sein Team auftreten sehen: "In der 3. Liga musst du extrem eklig und zweikampfbetont spielen. Da müssen wir uns verbessern." Die Mannschaft werde sich entwickeln: "Es wird ein anderer Fußball gespielt werden. Aber das ist ein langer Prozess." Bis zur Winterpause wolle man so viele Punkte wie möglich holen. Im Winter hofft der neue Coach dann trotz der mehr als angespannten finanziellen Lage auf Neuzugänge, um das Ziel Klassenerhalt doch noch zu realisieren. Auch die Variante, Spieler abzugeben, sei eine Option. Zunächst aber steht für Erfurt ein Sechs-Punkte-Spiel gegen Bremen II an. "Es ist ein extrem wichtiges und wegweisendes Spiel", weiß Emmerling. Mit einem Sieg kann der Rückstand auf den Vorletzten zumindest auf einen Punkt minimiert werden. Bei einer Niederlage jedoch drohen neun Punkte Abstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Gleich in seinem ersten Spiel ist Emmerling also zum Siegen verdammt. So oder so: Seine Verpflichtung ist die letzte Hoffnung für Erfurt.