Erst ein Sieg und Drittletzter: Arminia schwankt schon wieder
Ulm, Regensburg, Köln und nun Freiburg II: Mit dem eher grauen Drittliga-Mittelmaß tat sich Arminia Bielefeld in den vergangenen Wochen verdammt schwer. Die Stimmung ist trüb, Teile des Stadions ließen zuletzt bereits ihren Frust mit lautstarken Pfiffen heraus. Ist die Talstation nach zweijähriger sportlicher Abfahrt immer noch nicht in Sicht?
Fans enttäuscht von Aufstellung
Fans von Arminia Bielefeld mögen sich derzeit fühlen wie in einem nicht enden wollenden Alptraum, der immer wieder an einem ähnlichen Punkt beginnt. Startschwierigkeiten in eine neue Saison, Durchhalteparolen, das Beschwören, in diesem Jahr aber auf ein Team zählen zu können, dass die Lage gegen alle Widerstände ins Positive drehen wird: In der Bundesliga 2021/22 war die Denke als damals klarer Außenseiter so, in der 2. Bundesliga 2022/23 als dieses Mal vermeintlich viel zu gute Truppe für den Abstiegskampf ebenso. Jetzt ist der DSC im Sportjahr 2023/24, er ist Drittligist, er ist finanziell schwer gezeichnet von einer Fehlerkette, wie sie lange vor ihm kein deutscher Profifußballverein mehr begangen hatte. Doch genau auf diesen Vorgänger, der mit dem SC Paderborn sogar ganz aus der Nähe stammt, muss Arminia jetzt schauen. Denn es gilt schon jetzt, einen Dreifach-Durchmarsch bis in die Regionalliga – den Paderborn 2017 zumindest sportlich vollzogen hatte – zu verhindern.
Das 0:2 daheim gegen Freiburg II ließe sich in anderer Lage schönreden. Immerhin gastierte da der Vorjahres-Zweite, dazu noch eine dieser unangenehmen Profi-Reserven, die man so leicht unterschätzt und die meist sehr gepflegten Fußball spielen. Die Realität aber lautet: Freiburg war Letzter. Freiburg hatte und hat nicht mehr viel mit der Mannschaft des Vorjahres zu tun, sondern erinnert eher als das Restprodukt jenes Aderlasses, den der FC Bayern II vor drei Jahren unmittelbar nach seiner Meisterschaft erlitt. Bayerns Zwote stieg ab, die von Freiburg wird es vielleicht auch tun. Und die Arminia? Bielefeld fand eine Halbzeit lang überhaupt keine Mittel, Trainer Mitch Kniat war überfragt. Er hatte Spielern wie Manuel Wintzheimer und Aygün Yildirim eine weitere Chance gegeben, gab damit aber den teils schwer nervösen Fans weiteres Futter, weil diese andere Akteure – nicht zu Unrecht – längst an der Reihe sehen.
Kniat zieht seine Waffen erst spät aus dem Colt
Was sie nicht wussten, auch weil Arminia Bielefeld manche Umstände nicht offen kommunizierte. Einer von ihnen, Kaito Mizuta, war etwa angeschlagen. Der andere, Noah Sarenren Bazee, wird aufgrund seiner ellenlangen Verletzungsgeschichte noch in Watte gepackt. "Ich sehe ihn als Waffe an", sagte Kniat, "aber die willst du so nutzen, dass sie das ganze Jahr hält." Gegen Freiburg kam das Duo gemeinsam mit Rekordspieler Fabian Klos zur Pause, alle drei brachten Schwung, doch es stand dort ja schon 0:1 und nach dem einzigen Schuss der Breisgauer Gäste nach dem Seitenwechsel auch sofort 0:2. So läuft das, wenn es nicht läuft. Pfiffe, ungläubiges Staunen, Ratlosigkeit: Ein mittlerweile gewohntes Bild drüben in Ostwestfalen.
"Es ist der sechste Spieltag von 38", stellte Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel auf der Arminia-Homepage fest. "Es sind also noch viele Spiele zu absolvieren." Der Ansatz einer Durchhalteparole? Es klingt ganz danach: "Ich kann mich nur wiederholen und um Geduld werben. Die Mannschaft wird sich noch mehr finden.“ Kaum etwas fällt Arminias Fans schwerer, als diese Gelassenheit jetzt aufzubringen – dafür können die aktuellen Spieler wenig, die nicht weniger und nicht mehr geleistet haben als einen doch ernüchternden Saisonstart. Wohl aber wiegt die Erinnerung an das Vorjahr noch schwer, als die Schwarz-Weiß-Blauen sich nie wieder aus den Fängen der eigenen Desillusion zu befreien wussten. Was nach den ersten, phänomenalen Heimspielen der Saison undenkbar schien, wird nun zur bösen Vorahnung: Was wäre, wenn die andauernde Talfahrt in einem scheinbar runderneuerten Verein einfach weitergeht? Und wo soll das dann enden? Schlecht ist die 3. Liga, so viel steht jetzt schon fest, in diesem Jahr nicht besetzt. Eine Marke von 43, 44 Punkten will erst einmal erreicht werden.
Aus Stückwerk eine funktionierende Spielidee formen
Problematisch wird es, wenn der Geduldsfaden so schnell reißt, wie es in den vergangenen Heimspielen zumindest bei Teilen der Fans der Fall war. "Man sollte bei einem Heimspiel auch nicht immer das Gefühl haben, dass ein Pass zum Torwart mit Pfiffen begleitet wird. Das hilft der jungen Mannschaft leider auch nicht weiter", wird Mutzel vom Verein zitiert. Was hilft, sind – wie es im Sport eben so ist – Erfolgserlebnisse. Am Freitagabend reist die Arminia zur SpVgg Unterhaching, einem unangenehmen Aufsteiger, noch ungeschlagen und überraschend defensivstark. Einer, der sich immer noch bequem als Außenseiter fühlen darf, obwohl er es nicht mehr ist.
Der DSC wird unter konstant steigenden Druckverhältnissen weiter das probieren müssen, was er bislang mit einer noch krakeligen Handschrift des bemühten wie glücklosen Kniat einfach nicht schafft: Das Spiel machen und dabei den Eindruck erwecken, sich wohlzufühlen. Denn auch das gehört zur Situation dazu: Ein Sieg brächte Arminia zumindest über Nacht bis auf Platz 9 – und das leidige Krisengerede wäre auch erstmal vom Tisch.