Europapokal-Historie der Drittligisten #3: Chemnitzer FC

Passend zum Anpfiff der neuen Spielzeit in Champions League und Europa League startet liga3-online.de die Themenwoche „Europapokal-Historie der Drittligisten“. Heute: Der Chemnitzer FC. 22. Mai 2008, 1.30 Uhr Moskauer Ortszeit im Olympiastadion Luschniki: John Terry tritt im Elfmeterschießen für seinen FC Chelsea gegen Manchester United an. Verwandelt Terry, wandert die heiß begehrte Champions League Trophäe in die Hände der Londoner. Daumendrücken in der englischen Hauptstadt, aber auch im sächsischen Chemnitz lassen sich an jenem Tag sicher einige Unterstützer der „Blues“ finden. Schließlich steht mit Michael Ballack der wohl bekannteste Spieler, der jemals die Chemnitzer Nachwuchsschule durchlief, in den Reihen Chelseas. John Terry läuft an, rutscht aus – und verschießt. Bittere Tränen bei Nationalelf-Kapitän Ballack, der Triumph, der ein Stück weit auch ein Triumph seines Jugendklubs gewesen wäre, sollte in dieser Nacht nicht wahr werden.

 

Debüt im Landesmeisterpokal

Der Fußballclub aus Karl-Marx-Stadt (diesen Namen trug die Stadt Chemnitz von 1953 bis 1990) qualifizierte sich als DDR-Meister des Jahres 1967 erstmals für den Europäischen Wettbewerb. Für die erst seit kurzem in Himmelblau spielende junge Mannschaft von Trainer Horst Scherbaum sollte es aber ein kurzes Vergnügen bleiben. Gegen den RSC Anderlecht, heute mit 31 Meistertiteln der erfolgreichste Verein Belgiens, sah der FCK nach einer 1:3 Heimpleite auch im Rückspiel keinen Stich, verlor mit 1:2 und schied bereits in der ersten Runde aus.

 

Meyer-Elf zeigt Moral in Portugal

Mit dem frühen Ausscheiden ging auch der allmähliche Niedergang der Karl-Marx-Städter einher. Ein Abrutschen ins Mittelfeld der DDR-Oberliga verhinderte die Qualifikation für internationale Pflichtspiele in den nächsten 22 Jahren. Erst 1989 kam es nach Position 3 im regulären Punktspielbetrieb zu einem zweiten Anlauf auf europäischem Parkett. Dieser sollte erfolgreicher ausfallen: Nach einem 1:0 Heimsieg im UEFA-Cup-Erstrundenspiel gegen Boavista Porto reiste der FCK erwartungsfroh auf die iberische Halbinsel. Den Portugiesen gelang jedoch durch João Pinto die Egalisierung des Hinspielergebnisses, weswegen es zur Verlängerung kam. Hier entwickelte sich zunächst Pinto zum scheinbaren Mann des Tages: Wenige Sekunden nach Wiederanpfiff legte der 18-jährige spätere Nationalspieler Portugals das 2:0 nach. Die von Hans Meyer trainierten Sachsen zeigten sich allerdings wenig geschockt, Steffen Heidrich, der heutige Sportdirektor von Erzgebirge Aue, erzielte in der 114. Minute den Anschlusstreffer und Ulf Mehlhorn machte später mit seinem 2:2 Ausgleich das Weiterkommen perfekt.

 

Über Sion nach Turin

Als Spiel mit zwei unterschiedlichen Gesichtern lässt sich die nun folgende Begegnung beim FC Sion beschreiben. Der 0:1 Gästeführung durch Laudeley zur Halbzeit folgte ein ungleich couragierterer Auftritt der Schweizer Hausherren im zweiten Durchgang, Brigger und Piffaretti drehten die Partie noch zu ihren Gunsten. Dennoch wollten sich über 20.000 Zuschauer das Rückspiel im Sportforum „Ernst Thälmann“ nicht entgehen lassen. Diese sollten ihr kommen nicht bereuen, sorgten doch Ziffert, Steinmann, Wienhold und Laudeley nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit für einen beruhigenden 4:0 Vorsprung, dem auch der 4:1 Anschlusstreffer von Cina nichts mehr anhaben konnte. „Niemand wir es mir wohl verübeln, wenn ich der Mannschaft einen großartigen Kampf bescheinige. […] Gerade, weil die Öffentlichkeit viel von uns erwartete, man uns auch vor EC-Beginn nicht so viel zugetraut hatte, empfinden wir jetzt um so mehr Stolz, weiter im Rennen zu sein.“, zieht Hans Meyer ein zufriedenes Fazit. Die nun folgenden dritten Runde war letztlich die Endstation, gegen Juventus Turin, späterer Sieger des Wettbewerbs, gab es mit einem 2:1 auswärts sowie einem 0:1 im heimischen Stadion zwei knappe, aber letztlich berechtigte mit dem Ausscheiden verbundene Niederlagen.

 

Das letzte Ost-West-Duell

Für den inzwischen in Chemnitzer FC umbenannten Verein ergab sich gleich in der Folgesaison eine weitere Bewährungschance im UEFA-Cup. Das Los hielt mit Borussia Dortmund einen westdeutschen Vertreter parat, womit es letztmalig in der Geschichte zu einem Vereinsduell zwischen einem BRD- und DDR-Klub kam. Zwei 2:0 Siege des von Horst Köppel trainierten BVB ließen wenig Dramatik zu, Thomas Helmer erzielte in beiden Begegnungen einen Treffer, zudem trafen Frank Mill und Michael Rummenigge für die Dortmunder. Für den Chemnitzer FC, in dessen Reihen mit Sven Köhler der heutige Trainer des Halleschen FC zu finden war, endete somit am 2.10.1990 im Stadion an der Gellertstraße, in das man zu dieser Spielzeit zurückgekehrt war, die bisherige Europapokalhistorie.

 

Morgen: FC Hansa Rostock

   

Das könnte Sie auch interessieren

Auch interessant

Back to top button