Ehemalige Drittligisten #3: Wuppertaler SV
Insgesamt 57 Mannschaften spielten seit der Saison 2008/2009 in der 3. Liga. Während einige Klubs den Sprung in die Bundesliga geschafft haben, sind andere Vereine vom Radar der breiten Öffentlichkeit verschwunden. liga3-online.de holt diese Klubs nun wieder hervor. Heute: der Wuppertaler SV.
Vom UEFA-Pokal bis in die fünfte Liga
Man mag es sich vielleicht nicht gerne eingestehen im Bergischen Land, aber: Der Wuppertaler SV ist gestrandet in der Regionalliga. Vielleicht nicht hoffnungslos, aber doch ohne echte Perspektive. Vielleicht geht es am Ende der Saison runter in Liga 5, vielleicht hält der WSV irgendwie die Klasse. Geld hat er keins. Die goldenen Zeiten sind an der Wupper lange vorbei. Die Älteren erinnern sich: 1972, der Aufstieg in die Bundesliga. 1973, ein hervorragender vierter Platz als Neuling in der Eliteklasse! Der damals noch gar nicht so alles überstrahlende FC Bayern, der 1. FC Köln, Fortuna Düsseldorf – und dann kamen sie schon, die Wuppertaler Löwen. Es ging bis in den Europapokal, auch wenn dort schnell Schluss war. 1975 folgte nach drei kurzen Jahren der Abstieg, fünf Jahre darauf verabschiedete sich Wuppertal aus der Unterklasse und schaute dort lediglich zwischen 1992 und 1994 nochmals für zwei Jahre vorbei.
Der Rest: Drittklassig, viertklassig, in den schlimmsten Jahren fünftklassig. Wer die Vereinsfarben Rot-Blau trägt, ist leidensfähig geworden. Er steht bei Wind und Wetter auf einer der drei riesigen, nicht überdachten Stehplatztribünen im so traditionsreichen Rund des Stadions am Zoo. Er wartet seit Jahren auf einen Umbau des Stadions, auf ein Dach über dem Kopf. Sitzplätze gibt es natürlich auch noch, sogar reichlich. Etwa 5.000 sollen es auf der überdachten Haupttribüne sein, mehr als doppelt so viele, wie der WSV pro Spiel in etwa im ganzen Stadion begrüßt. Die Pläne für eine rund 30 Millionen Euro teure Renovierung liegen in den Schubladen, es sollen neue Funktionsgebäude und eine Vollüberdachung entstehen. Der Wuppertaler SV hätte diese Sanierung bitter nötig, um neue Sponsoren zu generieren. Denn aktuell kann sich der Verein in der vierten Liga kaum selbst tragen.
Vereinsrekord vor 61.000 Zuschauern
Als der WSV 2008 in die frisch gegründete 3. Liga kam, war das für ihn eine Enttäuschung. 14 Jahre nach dem letzten Zweitliga-Spiel wollte Wuppertal ursprünglich mit aller Macht zurück in jene Spielklasse, musste als Gesamt-Sechster aber der rot-weißen Konkurrenz aus Ahlen und Oberhausen beim Jubeln zuschauen. Dass Rivale Rot-Weiss Essen damals durch eine Niederlage gegen den VfB Lübeck – erinnert sich jemand? – am finalen Spieltag sogar in die Viertklassigkeit plumpste, sorgte zumindest für ein wenig Schadenfreude. Und: Die Kassen schienen durch eine starke DFB-Pokalsaison, in der Wuppertal sein Achtelfinale gegen den FC Bayern (Endstand 2:5) vor der Vereins-Rekordkulisse von 61.482 Zuschauern in der Schalker Veltins-Arena austrug, gut gefüllt. Doch alles kam anders: Schon in der Premierensaison der 3. Liga taumelte der WSV zum Klassenerhalt, knackte die 45-Punkte-Marke spät. Ein Jahr danach ging nicht mehr viel – nach seinem drittletzten Spiel stand der bis heute letzte sportliche Abstieg fest.
Fast zehn Jahre darauf ist Wuppertal nach der ersten Insolvenz 2013, damals ging es für den WSV erstmals in der Vereinsgeschichte und für drei lange Jahre in die fünftklassige Oberliga, erneut in Schwierigkeiten. In der Winterpause 2018/19 wurden Finanzprobleme öffentlich, zahlreiche Leistungsträger verließen den Klub ablösefrei. Nach harten Sparmaßnahmen besteht der aktuelle Kader aus vielen Talenten, qualitativ bewegt sich der WSV eher im unteren Drittel, was sich auch tabellarisch auswirkt: Nach einem Fabel-Start in die Saison mit drei Siegen aus drei Spielen folgt 14 weitere Punkte aus 19 Spielen. Die Realität ist Platz 14, schon Platz 15 könnte je nach Anzahl der Regionalliga-West-Absteiger aus der 3. Liga – aktuell bewerben sich Preußen Münster und Viktoria Köln – zurück in die Fünftklassigkeit führen.
Die 3. Liga bleibt ein ferner Traum
Und auch das Coronavirus trifft den Wuppertaler SV. Die wenigen Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle, die allesamt mit viel Herzblut einen eher geringen Monatslohn in Kauf nehmen, wurden in Kurzarbeit geschickt. So auch die Spieler, die aus dem Fußball ihre Haupterwerbsquelle ziehen. In den Vordergrund rückt in dieser schweren Zeit wieder ein Gönner, der seit Jahrzehnten als Präsident und Investor tief in die Geschicke des Vereins involviert ist: Friedhelm Runge, mittlerweile 81 Jahre alt, polarisierte die Fans, zog sich 2013 als Vereinsboss nach heftiger Kritik an seiner Person zurück. Nun hat er angekündigt, den klammen Löwen erneut finanziell unter die Arme zu greifen, "mit einer Gruppe von Freunden" Spieler und Mitarbeiter zu bezahlen, wie es in der "Wuppertaler Rundschau" heißt. So umstritten manche Entscheidungen von Runge in der Vergangenheit waren: Jetzt kann der WSV ihn und sein Geld gut gebrauchen – und muss dafür in Kauf nehmen, dass Runge wieder größeren Einfluss nehmen will.
Ob es auf absehbare Zeit ein Wiedersehen der 3. Liga mit dem Wuppertaler SV geben könnte? Eigentlich wäre eine 350.000-Einwohner-Stadt mit einem 23.000 Zuschauer fassenden Stadion und vielen begeisterungsfähigen Fans dazu verdammt, dieses Ziel so schnell wie möglich anzupacken. Doch dem WSV fehlt es an finanzstarkem Background, er ist auch in der Regionalliga von mindestens einem halben Dutzend Kontrahenten abgehängt worden. Diese hinter sich zu lassen und über das Nadelöhr Meisterschaft wieder zu nationaler Bedeutung zu kommen – aktuell ist das ein ganz ferner Traum.
Weitere Artikel dieser Reihe: