Feldhahn im Interview: "Diese Saison ist wirklich verrückt"
Er trägt seit Sommer 2013 das lila-weiße Trikot, wechselte von Kickers Offenbach an die Bremer Brücke und fungiert aktuell als wichtige Säule im Mittelfeld sowie als sicherer Elfmeterschütze des VfL Osnabrück. Nicolas Feldhahn kann in bislang 50 Einsätzen beim Traditionsklub zehn Treffer und weitere sieben Vorlagen für sich verbuchen. liga3-online.de sprach mit dem 28-Jährigen, der am vergangenen Spieltag beim 2:0-Heimsieg seines VfL gegen Mainz 05 II wegen einer Gelbsperre ausnahmsweise nur zusehen durfte, über zuletzt fahrlässig in den Schlussminuten verschenkten Punkte, die enge Dritte Liga und Osnabrück als fußballverrückte Stadt.
liga3.online.de: Hallo Herr Feldhahn! Zur Saison 2010/2011 wechselten Sie von der Weser zu den Kickers nach Offenbach, wo Sie auf insgesamt 89 Einsätze mit fünf Toren und neun Assists kamen. Ende 2013 verließen Sie den Traditionsklub in Richtung Osnabrück Wie bewerten Sie im Nachgang die Zeit beim aktuellen Viertligisten?
Nicolas Feldhahn: Es war eine sehr schöne Zeit, die mir viel Spaß gemacht hat. In Offenbach gab es die klaren Ambitionen aufzusteigen und es sah auch lange Zeit sehr gut aus. Wir haben unter anderem im DFB-Pokal Dortmund geschlagen. Es ist dann leider ein Bruch reingekommen, aber auch die folgenden zwei Jahre hatten wir eigentlich eine ganz gute Truppe beisammen. Mein Wechsel war dann durch die Insolvenz bedingt, die den Zwangsabstieg mit sich brachte. Ich wollte natürlich wenn möglich weiter in der Dritten Liga spielen.
Beim VfL gelten Sie als Spieler mit konstant guten Leistungen. Sind Sie zufrieden mit Ihrer persönlichen Entwicklung?
Erst einmal bin ich zufrieden hier zu sein. Im Grunde bin ich mit meinen Leistungen schon recht einverstanden, wobei ich aber auch noch viel Verbesserungspotential sehe. Ich diskutiere darüber auch mit dem Trainer und Mitspielern, die mich schon länger kennen, um mich stetig weiter zu entwickeln.
Es wirkt von außen sehr leichtfertig, wie ihr in den vergangenen Spielen in den letzten Minuten die Punkte hergeschenkt habt. Ist das ein mentales Problem, Konditionsproblem oder woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Ich glaube nicht, dass es etwas mit der Kondition zutun hat oder wir in den letzten Minuten kräftemäßig einknicken. Es ist klar, dass wir in Rostock hätten den Sieg nach Hause holen müssen. Wir haben uns zusammengesetzt und viel darüber gesprochen. Es ist nicht so, dass wir sagen ‘Ab der 85. Minute fangen wir das Zittern an‘, sondern diese Spielverläufe gehören zum Fußball dazu. Wir müssen jetzt alles daran setzen, dass uns das nicht mehr passiert.
Der Trainer hat nach dem letzten Spiel in Rostock die Führungsspieler kritisiert, zu denen Sie als Kapitän natürlich dazuzählen. Konntet ihr seine Kritik nachvollziehen?
Ja, sicher können wir das verstehen. Es gehört zu seiner Aufgabe, eine Mannschaft stabil zu halten und da sind wir als Führungsspieler, die solche Momente vielleicht schon mal durchgemacht haben, natürlich gefordert. Da sind wir auf jeden Fall wieder bei einem Punkt, wo man etwas verbessern kann.
Aktuell rangiert ihr auf Platz sechs der Tabelle, jedoch beträgt der Abstand zum Tabellenführer Wiesbaden lediglich zwei Punkte. Wahnsinn.
Also diese Saison ist wirklich verrückt. Die Dritte Liga ist ja schon immer eng, aber das die Tabellenkonstellation nach 17 Spieltagen immer noch außergewöhnlich ist, das ist unglaublich. Es zeigt einfach auch, dass jede Mannschaft gegen jedes andere Team gewinnen kann. Wir wollen aus unseren beiden Heimspielen in Folge nun das bestmögliche herausholen und werden sehen, wo wir dann stehen.
Die Mannschaften, die noch vor Euch stehen, weisen alle ein besseres Torverhältnis auf. Bei 27 Toren und 25 Gegentore ist eure Statistik in dieser Hinsicht recht ausgeglichen. Was muss besser werden, damit auch ihr die Differenz ausbauen könnt?
Wir bekommen eindeutig zu viele Gegentore. In letzter Zeit auch vor allem kurz vor Schluss. Es ist ja nicht so, dass uns ein Team an die Wand spielt und letztlich ihre zehnte oder elfte Chance versenkt. Wir müssen da konsequenter spielen und alle Mann zusammen das Gegentor verhindern wollen. Wenn einer oder zwei nachlassen, wird es schon schwer.
Aus dem Umfeld des VfL heißt es meistens „Hier ist immer was los“. Wie haben Sie die bisherige Zeit an der Bremer Brücke erlebt?
Jein (lacht). “Es ist immer was los“ steht natürlich auch mit der vermeintlichen Insolvenz oder Geldproblemen in Verbindung. Der Satz ist also in beide Richtungen, positiv wie negativ zu verstehen. Nach dem kurzen Hick-Hack im Präsidium Anfang Januar ist es jedoch sehr ruhig geworden, was uns als Mannschaft auch gut tut. Ich bin aber aus Offenbach bereits ähnlichen Dingen begegnet und somit eventuell schon etwas abgehärtet.
Wie nimmt man als Spieler die Crowdfunding-Aktion wahr, wo innerhalb weniger Tage durch die Fans eine halbe Million Euro für den Lizenzerhalt zusammen gekommen ist?
Ich war zu der Zeit im Urlaub und habe die Geschehnisse online verfolgt. Es ist sensationell, wie die Fans dahinter stehen und alles dafür geben. Das Schöne an Osnabrück ist, dass man allgemein in der Stadt viel über den Verein spricht und eine positive Grundstimmung auch bei denjenigen herrscht, die nicht so oft im Stadion sind.
Ist Osnabrück also eine fußballverrückte Stadt?
Definitiv! Wenn mich Freunde besuchen und ich sage "Leute, Samstag haben wir wieder ein Heimspiel“, dann ziehen wieder alle in lila-weiß los und unterstützen uns. Es macht wirklich Spaß hier aktiv zu sein. Hier wird man auch nicht angepöbelt, wenn man in der Stadt unterwegs ist, sondern man beschäftigt sich mit dem Klub und lebt für ihn.
Sie haben im Sommer ihren Vertrag um 2 Jahre verlängert. Wo sehen Sie den VfL Ende 2016 auch unter Berücksichtigung der finanziellen Aspekte?
Ich hoffe in der zweiten Liga. Finanziell habe ich eigentlich ein ganz gutes Gefühl. Ich denke, dass es immer weiter gehen wird und sehe auch einige Verbesserungen, seit dem ich hier bin.
Im Zuge Ihrer Verlängerung sagten Sie im Sommer bereits, dass beim VfL eine klare sportliche Entwicklung erkennbar ist. Hat sich dieser Trend auch in der laufenden Saison Ihrer Meinung nach fortgesetzt?
Wir haben in der Sommerpause einige Abgänge verkraften müssen, die zum Stammpersonal gehörten. Aber auch in der Breite des Kaders haben einige den Klub verlassen und viele Neue sind gekommen. Das sind Umstände, die einen wieder ein wenig zurückwerfen, aber alles in allem sehe ich eine klare Tendenz in die richtige Richtung.
In diesem Jahr ist die Liga so eng beisammen wie nie zuvor. Welche Chancen rechnet ihr Euch intern aus, um oben angreifen zu können?
Intern gibt es keine Zielsetzung, die mit dem Aufstieg zu tun hat. Es ist wirklich eine doofe Phrase, aber wir gucken von Spiel zu Spiel. Genau das zählt, vor allem wenn alle Mannschaften fast gleichauf sind. Wenn wir Spiel für Spiel erfolgreich gestalten, werden wir auch in der Tabelle weiter nach oben rücken und was am Ende dabei herauskommt, sei dahingestellt.
Wie würden Sie aktuell den Teamgeist ihrer Mannschaft beschreiben?
Obwohl wir einen breiten ausgeglichenen Kader haben, passt es sehr gut. Wir unternehmen als Team immer wieder etwas abseits des Platzes, halten zusammen und es schert niemand aus. Auch intern haben wir letztens angesprochen, dass wir bei uns im Vergleich zu anderen Klubs, wo vielleicht es zur Gruppenbildung kommt, einen starken Zusammenhalt haben. Jeder tritt gegenüber dem anderen respektvoll auf und das ist auch eine unserer Stärken im Spiel.
Der ehemalige VfL-Trainer Claus-Dieter Wollitz hat des Öfteren die Trainingsbedingungen in Osnabrück kritisiert. Wie nehmen Sie die vorherrschenden Umstände wahr, unten denen ihr täglich arbeiten?
Ich muss sagen, dass ich eigentlich mit den Trainingsbedingungen ganz zufrieden bin. Die Trainingsplätze sind nicht die allerbesten, da gibt es mit Sicherheit bessere Möglichkeiten. Jetzt im Winter und vor allem bei nassem Wetter werden sie sehr tief und rutschig sein. Ich glaube für einen Drittligaverein ist es in Ordnung, aber nicht das Beste. Um noch mal auf Offenbach zurückzukommen: Da waren die Bedingungen deutlich schlechter.
Ende November wird auf der Jahreshauptversammlung des VfL ein neues Präsidium gewählt. Ist das ein Thema, wo man als Spieler auch mal genauer hinschaut?
Selbstverständlich bekommen wir das mit und man wird auch mal darauf angesprochen. Aber in der Mannschaft selbst wird das nicht weiter thematisiert, dass wir sagen ‚Ach, das wäre super, wenn der das werden würde‘. Wir verfolgen das ganz normal wie viele andere Fans auch und es ist glaube ich auch von Vorteil, wenn man als Spieler da nicht zu sehr Partei bezieht. Unsere Aufgabe ist es, die Leistung auf dem Platz zu bringen.
Vielen Dank für das Interview!
FOTOS: ef-pixx.de // Flohre Fotografie