Düsseldorf taumelt in Richtung 3. Liga – Thioune als Retter?

Neben Ingolstadt, Aue und Sandhausen ist auch ein großer Name akut bedroht, in die 3. Liga abzustürzen. Fortuna Düsseldorf steuert derzeit ungebremst in Richtung Tabellenende, mindestens die Relegation ist ein sehr realistisches Szenario.

Vom Zuschauerrekord zur möglichen Drittliga-Rückkehr

50.095. Erinnert sich jemand an die Zahl? Im Lager von Fortuna Düsseldorf bestimmt. Es war der 23. Mai 2009, als der bis heute gültige Drittliga-Zuschauerrekord für ein Spiel aufgestellt worden ist. Und es war der Tag, als die Fortuna sich auf den Weg in Richtung Bundesligen machte – seit Marco Christ jenes erlösende 1:0 gegen den SV Werder Bremen II erzielte, sich Lumpi Lambertz, Axel Lawarée und Michael Melka jubelnd in den Armen lagen, ward F95 in dieser Spielklasse nicht mehr gesehen. Nun könnte es zur Rückkehr kommen, die Anzeichen verdichten sich derzeit von Woche zu Woche. Vier Niederlagen setzte es zuletzt in Serie, viermal traf Düsseldorf nicht das gegnerische Tor. Rouwen Hennings ist der bis heute letzte Torschütze im rot-weißen Dress, das war am 11. Dezember. Seitdem: nur noch Tristesse und der endgültige tabellarische Absturz nach einer schon zuvor sehr bescheidenen Spielzeit.

Schon am Montag zog man am Rhein nach der 0:1-Niederlage bei Holstein Kiel die Reißleine, entließ Trainer Christian Preußer – in Drittliga-Gefilden noch einstiger als Coach von Rot-Weiß Erfurt bekannt. Zu spät, lautete ein oft niedergeschriebenes Urteil von Fans wie auch einigen Kommentaren in der Berichterstattung. Sportvorstand Klaus Allofs hatte wiederholt gezögert, dem von ihm im Sommer installierten Coach, der zuvor die Reserve des SC Freiburg in die Drittklassigkeit geführt hatte, das Vertrauen zu entziehen. Bessere Zeitpunkte hätte es sicherlich gegeben, allein jenen vor der jüngsten Länderspielpause. Nun steht der Klub da mit fünf Siegen, fünf Remis und elf Niederlagen. Selbst bei Schlusslicht Ingolstadt herrscht nach der 5:0-Demontage des 1. FC Nürnberg eine ganz andere Stimmung als rechts des Rheins.

Verschiedene Ansätze für Preußers Scheitern

Woran war Preußer gescheitert? Altlasten im Klub, behaupten die einen. Einem trägen Kader, sagen die anderen. Zu nett sei er gewesen, sei vom Team nicht ernst genommen worden, schreibt die "Bild". Dabei ist schwer zu bewerten, was dieser Mannschaft wirklich fehlte und weiterhin fehlt. Individuelle Klasse ist es sicherlich nicht, Profis mit "Stallgeruch" und Eigengewächse als Identifikationsfiguren hat Düsseldorf ebenso einige im Kader. Die jahrelange Lebensversicherung Rouwen Hennings, mit 34 Jahren längst im Karriereherbst, hat auch in diesem Jahr schon ihre acht Treffer auf dem Konto, darunter einige siegbringende. Doch neben ihm und Khaled Narey fehlt die Torgefahr – ein Manko, gegen das sich selbst an den besseren Defensivtagen wenig retten lässt und das auch die Wintertransfers Daniel Ginczek und Felix Klaus dringend beheben müssen.

Die Konsequenz: Bei fünf der vergangenen sechs Niederlagen lautete das Endergebnis 0:1. Knapp dran, aber nichts geholt: Brauchte es dafür noch ein passendes Beispiel, so lieferte es die Reise nach Kiel am vergangenen Wochenende, als Preußers Entlassung besiegelt wurde. Da hämmerte Kiels Jonas Sterner einen Ball in der 93. Minute per Dropkick unter die Latte und beraubte Düsseldorf in einem phasenweise schlimmen Fußballspiel selbst des kleinen Teilerfolgs. Noch schlimmer aber ist die Heimbilanz: Nur einer von zehn Auftritten im eigenen Stadion endete mit drei Punkten. Selten war die Quote an Enttäuschungen in der Merkur-Spielarena seit der Eröffnung 2004 derart hoch.

Thiounes zweiter Anlauf bei einem launischen Großstadtverein

Nachfolger Daniel Thioune führte den VfL Osnabrück 2019 in die 2. Bundesliga und verhalf ihm im Folgejahr zum souveränen Klassenerhalt. Dann scheiterte er wie so viele beim Hamburger SV, das Debüt bei einem launischen, divenhaften Großstadtverein ging schief. Nun will der 47-Jährige alles, nur nicht zurückkehren in die 3. Liga, eine Spielklasse, die überhaupt nicht passt zu den Ambitionen, Maßstäben und Möglichkeiten, die ein tief schlafender Riese wie Fortuna Düsseldorfer inmitten einer Region mit beeindruckender Wirtschaftskraft eigentlich besitzen sollte. Mit Erzgebirge Aue und dem SV Sandhausen zu rivalisieren – Sandhausen könnte den jetzigen Tabellen-15. am Dienstagabend noch auf den Relegationsplatz schubsen – tut den stolzen Düsseldorfern nur weh. Weit weg ist man von den großen Tagen der Vereinsgeschichte wie dem Finale des Europapokals der Pokalsieger 1979, das mit 3:4 nach Verlängerung an den FC Barcelona gegangen ist.

Am ersten Thema, dem Heimspielproblem, kann und muss Thioune unmittelbar arbeiten. Zum Einstand kommt am Sonntag Schalke 04 vorbei. Unangenehmer könnte es kaum sein: S04 ist blendend in Form und Teil eines immer spektakuläreren Aufstiegsrennens. Eines, an dem auch Fortuna Düsseldorf ursprünglich gerne teilgenommen hätte. Nun gilt es, sich dort bestmöglich aus der Affäre zu ziehen, vielleicht ja sogar etwas Selbstvertrauen zu gewinnen für das erste "Endspiel" in der Folgewoche gegen den Vorletzten Erzgebirge Aue. Dort ein Sieg, und zumindest der direkte Abstieg wäre ein ganzes Stück entfernt. Um mehr geht es derzeit für Fortuna Düsseldorf und Thioune nicht. Das verkorkste Jahr muss schlicht irgendwie gerettet werden.

   

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