Fortuna Köln: Der Kampf um die Zuschauer

Die geringe Zuschauerresonanz bei den Heimspielen der Fortuna ist ein ewiges und leidiges Thema. Während der 1. FC Köln im Zwei-Wochen-Rhythmus von seinen Fans und dem Stadionpublikum regelrecht überflutet wird, herrscht in der Südstadt seit jeher eine langanhaltende Trockenzeit.

20 Prozent weniger Zuschauer im Schnitt

Die Fans im Kölner Südstadion nehmen die Besucherzahlen mittlerweile nur noch regungslos zur Kenntnis. Am vergangenen Samstag bedankte sich Stadionsprecher Frank Waltel bei wieder einmal lediglich 971 Zuschauern. 971! Zugegeben, dass die Begegnung gegen die SG Sonnenhof Großaspach kein Kassenschlager werden würde, war den Verantwortlichen und Fans bereits im Vorfeld klar. Alle drei Aufeinandertreffen dieser beiden Vereine im Südstadion fanden vor einer dreistelligen Zuschauerzahl statt. Seit mittlerweile drei Jahren steht die Fortuna wieder auf der Bühne des Profifußballs, was man allerdings an der Zuschauerresonanz nur schwer erkennt. Der aktuelle Schnitt von 1.748 Zuschauern pro Partie ist für einen Verein aus einer sportverrückten Millionen-Metropole im Grunde genommen drittligaunwürdig. "Für die Größe der Stadt ist die Zahl schon enttäuschend. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir hinter dem FC nur die Nummer Zwei in der Stadt sind“, äußert sich Fortuna-Trainer Uwe Koschinat zu der Thematik gegenüber liga3-online.de. Geschäftsführer Michael W. Schwetje verweist zudem auf weitere Einfluss-Faktoren: "Neben dem Fußball gibt es hier in Köln auch noch andere Sportarten wie Eishockey, Basketball sowie andere kulturelle Veranstaltungen, die um das Freizeit-Budget der Menschen werben.“ Vor allem in dieser Spielzeit bekommt die Fortuna diese Konkurrenzsituation zu spüren. Im Vergleich zur ersten Saison nach dem Drittliga-Aufstieg verzeichnet der Verein derzeit rund 20 Prozent weniger Besucher im Südstadion.

Südstadion nicht mehr zeitgemäß

Die Gründe für die schwache Zuschauerresonanz sind vielschichtig. Viele Fans stören sich an den scheinbar überteuerten Eintrittspreisen. Die Kosten von 14 Euro für einen Steh- bzw. 25 Euro für einen Sitzplatz sind zwar happig, im Ligavergleich aber nicht exorbitant hoch. In der Preisgestaltung liegen die Kölner damit im oberen Mittelfeld. Im Vergleich zu vielen anderen Drittliga-Stadien herrscht bei der Fortuna allerdings ein Missverhältnis zwischen Preis und Komfort. Ein Besuch im Südstadion wird häufig nur noch von den sogenannten Fußball-Romantikern als Erlebnis umschrieben. Der gegenwärtige Fußballfan, der den Komfort und die Standards aus den modernen Fußball-Arenen gewohnt ist, erfährt bei den Heimspielen der Fortuna vielmehr einen Kulturschock. "Wir haben im Südstadion verschiedene Faktoren, die nicht für das beste Stadionerlebnis sorgen“, weiß Michael W. Schwetje. "Die Tribüne ist sehr flach, die Stehplätze sind nicht überdacht, es gibt eine Laufbahn zwischen den Tribünen und dem Spielfeld. Zudem ist die Lautsprecheranlage nicht optimal“, beschreibt der Geschäftsführer die Probleme. Aufgrund des fehlenden Daches über dem Kölner Stimmungsblock verflüchtigen sich zumeist auch die Fangesänge gen Himmel, statt im gesamten Stadion für eine stimmungsvollere Atmosphäre zu sorgen. Anders als beispielsweise die Stadien in Wiesbaden, Regensburg oder Halle scheint das Südstadion in seinem derzeitigen Zustand nicht mehr zeitgemäß. Lediglich die Fußball-Romantiker unter den Fans schätzen noch das nostalgischen Flair. Auch Koschinat gehört dazu. "Bei uns ist es eben ’just football’. Es gib nur Bratwurst und Bier, egal bei welchem Wetter. Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in der 3. Liga“, sagt der 45-Jährige.

FC, sonst nix!

Preis und Komfort ist die eine Sache, Aufmerksamkeit und Popularität eine andere. Wie alle Kölner Vereine hat natürlich auch die Fortuna mit der erdrückenden Beliebtheit des 1. FC Köln zu kämpfen. Es scheint so, als ob es neben dem FC keinen Platz für einen weiteren Profiverein in der Stadt gibt. Anders als beispielsweise in Metropolen wie Hamburg, Berlin oder München. FC, sonst nix! "Ich habe schon den Eindruck, dass die Leute lieber den FC in der Kneipe gucken, als die Fortuna im Südstadion zu besuchen“, sagt Koschinat. Die Fortuna ist regelmäßig in der ungünstigen Situation ihre Heimspiele parallel zu den Spielen des Bundesligisten auszutragen. Bei neun von 15 Heimspielen war das in dieser Saison bereits der Fall. Im Hinblick auf die eigene Zuschauerzahl ist dieser Zustand für den Drittligisten der allwöchentliche Super-GAU und ein nichtzugewinnender Kampf um jeden zahlenden Zuschauer. "Wat sull ich noh dr Fortuna jonn, wenn dr FC spillt“ – So oder so ähnlich muss es sich anhören, wenn der kölsche Fußball-Fan über dieses Thema debattiert. "Generell kann man sagen, dass neun von zehn Kölnern uns sympathisch finden, aber nur Einer auch bereit ist, sein Freizeitverhalten nach der Fortuna zu gestalten“, beschreibt Koschinat die Situation. Auch im Saisonendspurt wird die Fortuna bei drei ihrer restlichen vier Heimspiele parallel zum FC antreten müssen.

Was bringt der Gegner mit?

Wie überall steigt natürlich auch bei der Fortuna die Zuschauerresonanz mit der Attraktivität des Gegners und der Reisefreudigkeit der Gästefans. "In der Zuschauerzahl fallen wir in dieser Saison etwas ab, weil Mannschaften die Liga verlassen haben, die in der Vergangenheit sehr viele Zuschauer mitgebracht haben“, analysiert Michael W. Schwetje die Gründe für den Schwund. In den ersten beiden Drittliga-Spielzeiten gab es noch deutlich mehr Spiele gegen fan-attraktivere Mannschaften. Dynamo Dresden, Arminia Bielefeld, der MSV Duisburg und der 1. FC Magdeburg garantierten der Fortuna jeweils über 3.000 Zuschauer. Auch der FC Erzgebirge Aue feierte im vergangenen Mai gemeinsam mit über 3.800 Zuschauern im Südstadion den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Verlassen aber diese fanstarken Vereine die Liga, wirkt sich das dementsprechend negativ auf die Zuschauer-Bilanz aus. Dieser Effekt macht sich derzeit besonders bei der Fortuna bemerkbar. "Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir mit der Partie gegen den MSV Duisburg das wohl interessanteste Heimspiel noch vor uns haben“, merkt Schwetje an.

Lösungsansatz: Heimspiele am Freitag-Abend?

Bleibt die Frage nach einer Lösung. Was macht die Fortuna um mehr Fans ins Stadion zu bekommen? "Wir haben verschiedene Kooperationen mit Medienpartnern, über die wir darauf aufmerksam machen, wann unsere Heimspiele stattfinden. Wir haben allerdings nicht die Möglichkeiten für ein flächendeckendes Zuschauermarketing“, erklärt Michael W. Schwetje die Situation. Den potentiellen Lösungsansatz der Parallelansetzungen mit dem 1. FC Köln ein stückweit auszuweichen und den Heimspiel-Termin auf den Freitagabend zu legen, sieht der Geschäftsführer für verfehlt. "Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass der Zuschauerschnitt an einem Freitag-Abend nicht relevant über dem am Samstag lag.“ Für die Zukunft denkt der Verein darüber nach, den Social Media-Bereich auszuweiten, um die Reichweite des Vereins zu erhöhen. "Da wir als Unternehmen aktuell noch defizitär sind, gibt es aber keine Möglichkeiten, das Thema Zuschauermarketing grundlegend zu forcieren“, sagt Schwetje abschließend. Für die Fortuna bleibt am Ende zumindest die Gewissheit, dass der Kölner Fußball-Fan zu seinen Vereinen steht, wenn es drauf ankommt. Nicht umsonst war das Südstadion im Relegations-Hinspiel 2014 gegen die U23 des FC Bayern München restlos ausverkauft. Damals zum ersten Mal seit über 30 Jahren.

   

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