Fragwürdiges Geschäftsgebaren? Türkgücü-Investor wehrt sich
Weil die Gehälter in der 3. Liga seit einigen Jahren kontinuierlich steigen, hatte Ralf Becker, Sport-Geschäftsführer von Dynamo Dresden, vor einer Woche Alarm geschlagen – und als Ursache auch Investoren-Modelle wie beim KFC Uerdingen und Türkgücü München genannt. Türkgücü-Investor Hasan Kivran hat nun bei "Sport1" reagiert – und die Vorwürfe zurückgewiesen.
"Benötigen Zeit"
235,6 Millionen Euro gaben die Drittligisten (ohne Bayern II) in der vergangenen Saison aus – und damit so viel wie noch. Im Schnitt lagen die Ausgaben bei 12,4 Millionen Euro – ein Anstieg von 3,7 Millionen Euro im Vergleich zur Saison 2016/17. Was auch an gestiegenen Gehältern liegt. Gaben die Klubs in der Saison 2016/17 im Schnitt 3,27 Millionen Euro für ihr Personal aus, waren es in der zurückliegenden Spielzeit 4,24 Millionen – ein Anstieg um 29,6 Prozent. Dass die durchschnittlichen Erträge in diesem Zeitraum allerdings nur um 24,1 Prozent gewachsen sind, verdeutlicht einen überproportionalen Anstieg der Löhne.
Eine durchaus bedenkliche Entwicklung, die Becker "in erster Linie auf die Projekte mit Investoren wie bei Türkgücü oder in Uerdingen" zurückgeführt hatte. Dabei gehe es dem 50-Jährigen nicht um eine generelle Ablehnung von Investoren-Modellen, sondern um die Art der Umsetzung. Die Nachhaltigkeit fehle den Klubs. Dass es anders geht, hätten RB Leipzig und die TSG Hoffenheim gezeigt. Doch dass Türkgücü nun als Negativbeispiel genannt wird, kann Boss Kivran nicht nachvollziehen, wie er bei "Sport1" sagt: "Ralf Becker nennt selber diese positiven Beispiele. Junge Vereine wie Türkgücü München benötigen Zeit, um auch eine Nachhaltigkeit herzustellen."
"Dynamo setzt extreme Maßstäbe"
In den Anfängen sei bei allen Investoren-Vereinen die Abhängigkeit von einem Mäzen sehr groß. "Auch Türkgücü München wird sich auf Dauer immer breiter und unabhängiger aufstellen. Alles braucht seine Zeit, auch wir können nicht zaubern", so der 50-Jährige. Kivran ist seit 2015 bei Türkgücü involviert, gliederte die Profis 2019 in eine Kapitalgesellschaft aus. "Bis jetzt konnten wir einen weiteren Investor integrieren, weitere werden demnächst folgen", so der Türkgücü-Boss. Je mehr Investoren sich beteiligen, desto geringer wird folglich die Abhängigkeit von einzelnen Personen.
Und Kivran dreht den Spieß um, sieht bei Dynamo selber Probleme für die Liga. "Bei einer ähnlichen Kadergröße wie wir sie haben, aber dem doppelten Gesamtetat für die Mannschaft, kauft Dynamo Dresden mit seinen Gehältern die Liga kaputt und setzt extreme Maßstäbe für Drittliga-Topspieler." Nach dem Abstieg aus der zweiten Liga hatten die Sachsen einen Umbruch im Kader gehabt. Für das Ziel Wiederaufstieg wurden viele Leistungsträger anderer Verein verpflichtet. So wechselten Sebastian Mai, Pascal Sohm (beide HFC) und Philipp Hosiner (Chemnitz) zu Dynamo. Auch Erst- und Zweitliga-Spieler wie Patrick Weihrauch und Christoph Daferner wurden an die Elbe gelotst. Ohne das nötige Kleingeld wäre das in dieser Form wohl nicht möglich gewesen.
"Wenn überhaupt, dann ist es – neben anderen – Dynamo Dresden, das mit großen Geldern Spieler lockt", schlägt Kivran zurück. "Aber auch in diesem Fall würde ich nicht von einem unfairem Wettbewerb sprechen. Ein fragwürdiges Geschäftsgebaren? Um darauf einzugehen, muss Herr Becker dies genauer definieren." Türkgücü befinde sich in Bezug auf die Ausgaben "in der unteren Tabellenhälfte", so Kivran. Es scheint, als wäre das letzte Wort in dieser Diskussion noch nicht gesprochen.