Für den Abstiegskampf bereit? Das Rätsel Waldhof Mannheim

Erstmals seit vielen Jahren stehen die Zeichen beim SV Waldhof Mannheim wieder auf Abstiegskampf. Der Klub, der stets die obere Tabellenhälfte bewohnte, wirkt urplötzlich schwer verwundbar. Hat er die richtige Mannschaft für die neue Herausforderung?

Qualitativ begrenzte Mannschaft

Es ist ein spezielles und irgendwie beklemmendes Gefühl, das rechtsseitig des Rheins über den Mannheimer Quadraten schwebt. Verschwindet der Profifußball im kommenden Frühsommer so mir nichts, dir nichts wieder von der Landkarte der 300.000-Einwohner-Stadt? Noch ist der Weg dahin ein weiter und es gibt ausreichend Chancen, das Schicksal abzuwenden. Doch die Frage, ob der SV Waldhof Mannheim Abstiegskampf kann, ob er eine Mannschaft besitzt, die dafür gerüstet ist, sie ist noch in jedweder Hinsicht offen. Nicht nur der Kader wirkt alles andere als bereit, auch der gesamte Klub muss sich ja im fünften Drittliga-Jahr durch eine ungewohnte Situation manövrieren. Abstiege gab es in den vergangenen 20 Jahren vorrangig durch Geldnöte, nicht aber auf sportlichem Weg. Genau dieser wäre aber, bestätigen sich die vergangenen Auftritte, eine logische Folge. Wie konnte das passieren?

So ziemlich alle Stadien eines Abwärtsstrudels hat der Waldhof in den vergangenen Wochen durchgemacht. Einige Probleme wie die teils überraschenden Aufstellungen des zunehmend ratlos wirkenden Trainers Rüdiger Rehm wirken hausgemacht, andere – wie die Länderspielabstellung von Laurent Jans, über die viel diskutiert wurde, sowie manche Verletzungspause – weniger. Die massiven Abwehrprobleme der Vorsaison sind in der Sommerpause nicht wie von Geisterhand verschwunden und wurden offensichtlich auch nicht abtrainiert, sodass es schon beim 1:3 in Bielefeld noch deutlich öfter hätte klingeln können. Und dass die jungen Dortmunder bei deren 3:1-Auswärtssieg im Carl-Benz-Stadion, die Schwarz-Gelben sind nun beileibe keine offensive Übermannschaft, schon früh mit 2:0 führten, war auch kein Zufall. "Das eine oder andere Defizit" nannte es Rehm diplomatisch. Diese sind jedoch so offensichtlich, dass sich darauf mittlerweile jeder andere Drittligist einstellen kann.

Wenige Hoffnungsträger

Ob mit Vierer- oder zuletzt mit Dreierkette: Sicherheit strahlt der SVW keine aus. Liegt das am diffusen spielerischen Konzept, das zuletzt in erschreckender Passivität mündete? Oder doch an fehlender Qualität als Resultat schwacher Kaderplanung? Julian Riedel und Marcel Seegert zählten vor einiger Zeit zur gehobenen Drittliga-Klasse, doch es mangelt dem einen an Physis, dem anderen an Tempo – und dem Kader an Breite und an Konkurrenzkampf. Innenverteidiger Tim Sechelmann mühte sich zuletzt schon als linker Schienenspieler (und machte das im Rahmen der Möglichkeiten gar nicht so schlecht), weil ein Jonas Carls wieder abgemeldet ist.

Im Mittelfeld kommen die vermeintlich besten Fußballer wie Berkan Taz und Per Lockl nur häppchenweise zum Zug – wobei sie ihre Chancen auch zu selten nutzen. Minos Gouras schickt sich an, bei Fortführung seiner schwachen Form zu einem Transferflop zu werden. Der einst als Gastspieler verpflichtete Stürmer Yann Mabella spielt gar keine Rolle. Und selbst die, die noch ordentliche Scorerwerte aufweisen, etwa Kelvin Arase und Jesaja Herrmann, wirken längst nicht am eigenen Limit. Immerhin wecken sie aber im Vergleich zu manch anderem Akteur noch leise Hoffnung, dass irgendwo im SV Waldhof der Saison 2023/24 zumindest ein Mittelfeldteam schlummern könnte. Eines, das sich bis zum Winter wieder auf gesunde Distanz zur Abstiegszone begeben könnte. Mehr aber, so ist es abzusehen, hat sich der SVW in diesem Jahr nicht zusammengestellt. Es war keine Kaderplanung, die als Ruhmesblatt in die Klubhistorie eingehen wird. Präsident Bernd Beetz schweigt derweil.

Ermüdet vom Drittliga-Alltag?

Irgendwie wirkt dieser SV Waldhof eingeschlafen, ermüdet vom Drittliga-Alltag. Ihm fehlt die Fantasie und ein Plan, die Gemüter wieder zu begeistern. Immerhin 8.500 waren ja am Freitagabend gegen Dortmund noch gekommen, womöglich liegt der Zuschauerschnitt am Ende der Saison eher darunter. Die Treuesten stellten ihre Spieler wütend zur Rede, ein üblicher Mechanismus in der Krise, der nochmals aufwecken soll. Ob das gelingt? Rüdiger Rehm wirkt angeschlagen, zugleich hat das Trainerkarussell auf dem herbstlichen Drittliga-Jahrmarkt schon wieder kräftig an Fahrt aufgenommen. Nun geht es erst zum schwächelnden Aufsteiger nach Unterhaching, dann daheim gegen Schlusslicht Duisburg.

"Grundsätzlich geht es in der 3. Liga darum, eklig zu sein. Von A bis Z. Wir müssen mehr rackern, mehr ackern, mehr Zweikämpfe gewinnen", nennt Bentley Baxter Bahn im "Mannheimer Morgen" das Rezept für den Weg aus der Krise. "Dann stehen die Chancen schon einmal nicht schlecht, dass man keine Gegentore bekommt und in der Offensive belohnt wird. Wir müssen unseren Plan umsetzen und dann bin ich optimistisch, dass wir den Karren aus dem Dreck gezogen bekommen." Am 14. Spieltag werden die Blau-Schwarzen wissen, ob sie halbwegs konkurrenzfähig sind – oder sich auf ein richtig bitteres Jahr einstellen müssen.

   

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