Geht da noch was? Havelse im Alles-oder-Nichts-Modus

Zwei Siege in Folge, eine funktionierende Offensive und klare Spielprinzipien: Der TSV Havelse kämpft wie ein Löwe um die kleine Chance, den Klassenerhalt in der 3. Liga zu erreichen. Gleich mehrere Faktoren sprechen gerade für die Niedersachsen, der Rückstand auf Platz 16 beträgt nur noch drei Zähler.

Den TSV hatte kaum noch einer auf dem Zettel

Wir müssen nicht drumherum reden: Den TSV Havelse hatte nach diesem Saisonstart kaum noch jemand auf dem Zettel. Warum auch? Der Kader war doch nicht gut genug, es setzte teils klare Niederlagen und die Hypothek der langen Niederlagenserie zu Beginn – sieben Spiele in Folge hatten die Niedersachsen zum Einstand auf der nationalen Fußballbühne punktlos abgegeben – wog schwer. Nun aber vollzieht sich, immer noch in weitestgehender Stille, eine beeindruckende Kehrtwende: Zwei Siege in Folge bedeuten den Sprung auf Platz 19. Die elende Rote Laterne ist weg! Seit dem 2. Spieltag hatte sie der TSV stets mit sich herumgetragen, jetzt darf sie Würzburg tragen.

Und aus Havelser Sicht kommt es noch besser. Schließlich ist der Neun-Punkte-Abzug für Türkgücü München aufgrund des beantragten Insolvenzverfahrens zwar noch nicht bestätigt, würde die Garbsener aber auf Rang 18 spülen. Und hin zum ersten Nichtabstiegsrang? Vier Zähler beträgt der Abstand zum SC Verl, die Klubs davor sind noch ein Stück weiter enteilt und haben teils noch mehrere Nachholspiele vor sich. Heißt zum einen: So groß wie jetzt war die Hoffnung auf den Ligaverbleib, der nach wie vor einer mittelschweren Sensation gleichzusetzen wäre, lange nicht. Und zum anderen: Der Weg ist noch ziemlich weit und beschwerlich. Und vieles hängt auch davon ab, wie sich Verl sowie der MSV Duisburg in den kommenden Wochen präsentieren.

Schnörkellose, schnelle Konter über Tempospieler Froese

Beim 3:0 gegen den SV Meppen sicherte sich die Mannschaft von Trainer Rüdiger Ziehl nicht bloß die drei Punkte, sie schlug einen Aufstiegsanwärter in ungewohnter Deutlichkeit. Und sie bestätigte eindrucksvoll jene Qualitäten, die in den vergangenen Wochen und Monaten mühsam antrainiert wurden. Qualitäten, die einen Abstiegskandidaten auszeichnen sollten: Das Gieren nach Ballgewinnen im Mittelfeld, wenn der Kontrahent unaufmerksam ist. Das schnörkellose Ausspielen von Kontern mit guter Verwertungsquote. Mehrfach erwischten die Havelser Meppen auf dem falschen Fuß – immer angetrieben vom Kanadier Kianz Froese, der, beim 1. FC Saarbrücken im vergangenen Sommer nicht mehr benötigt, sich mit seinem Tempo und seiner Ballführung zum Königstransfer des TSV Havelse gemausert hat. Zwei Tore, ein Assist, die Scorerpunkte acht bis zehn in dieser Spielzeit sowie die Kicker-Note 1 – das war ein beeindruckender Samstag des 25-Jährigen. Er ist auf bestem Wege, den Klub als Sprungbrett für die persönliche Karriere zu nutzen.

Froese ist Teil eines Offensivquartetts, das ebenso wie der große Rest einige Startschwierigkeiten hatte, spätestens in diesen Wintermonaten aber regelmäßig Drittliga-Niveau nachweist und zu Havelses Faustpfand werden könnte. Fynn Lakenmacher (vier Tore, ein Assist), Yannik Jaeschke (fünf Tore, ein Assist) und Rückkehrer Leon Damer (drei Tore, zwei Assists) haben sich etabliert und einen der für TSV-Verhältnisse prominenten Sommertransfers, den enorm drittliga-erfahrenen einstigen Stürmer Julius Düker ins defensive Mittelfeld gedrängt. Selbst das funktioniert derzeit aber mehr als ordentlich. Und nicht nur die Siege über Türkgücü (1:0) und Meppen, sondern auch das starke 1:1-Remis beim designierten Zweitliga-Aufsteiger Magdeburg vor einigen Wochen sorgte bei manchem Konkurrenten für hochgezogene Augenbrauen: Havelse, obgleich individuell nicht halb so prominent besetzt, hatte sich stark gewehrt und viele Räume beim souveränen Spitzenreiter aufgedeckt.

Seit dem 8. Spieltag in der Liga angekommen

Der Alles-oder-Nichts-Modus, in dem sich Havelse befindet, trägt bislang Früchte. Und zieht man die sieben Auftaktniederlagen ab, holte die Ziehl-Elf ja immerhin stolze 20 Punkte aus den vergangenen 18 Spielen. In der Tabelle ab dem 9. Spieltag belegt der Aufsteiger dem den 14. Platz. Nun folgen enorm wichtige Wochen bis zum 19. März: Neben den schweren Gastspielen am Wochenende in Dortmund sowie vier Wochen darauf in Kaiserslautern stehen vier direkte Duelle an, wenn Würzburg (H), Viktoria Köln (A), Viktoria Berlin (H) und der SC Verl (H) zum Kräftemessen kommen. Die Maßgabe ist recht klar, eine zweistellige Punktzahl täte dem krassen Außenseiter gut, um die kleine Chance zu wahren. Doch allein das Gefühl, in der 3. Liga angekommen zu sein, kann manchmal Berge versetzen – in dieser Form sollte jeder im unteren Tabellendrittel ein genaues Auge auf den erstarkten TSV Havelse werfen.

   

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