Geyer: "Damit hätte wahrscheinlich kaum einer gerechnet"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Thomas Geyer vom SSV Ulm 1846 über den ordentlichen Start des Aufsteigers, Parallelen zur SV Elversberg, das Duell gegen Rot-Weiss Essen und die mögliche Bestmarke als Rekordspieler.

"Wie ein Sprung ins kalte Wasser"

liga3-online.de: Ein Blick auf die Tabelle zaubert Ihnen derzeit sicherlich ein Lächeln ins Gesicht. Wie bewerten Sie den aktuellen dritten Platz mit dem SSV Ulm, Herr Geyer?

Thomas Geyer: Auf jeden Fall. Dass wir aus den ersten sechs Spielen elf Punkte holen, damit hätte wahrscheinlich kaum einer gerechnet. Für uns war es als Aufsteiger ein wenig wie ein Sprung ins kalte Wasser. Vor dem Beginn wussten wir nicht so genau, wo wir stehen. Nach und nach hinterlassen wir aber auch unsere Fußstapfen und haben schon einige Male bewiesen, dass man uns nicht unterschätzen darf.

Die SV Elversberg hat es in der vergangenen Spielzeit vorgemacht, wie es als Aufsteiger aus der Regionalliga Südwest laufen kann. Welche Chancen rechnen Sie sich in dieser Saison aus, einen ähnlich großen Sprung zu schaffen?

Der Vergleich mit Elversberg liegt derzeit sicherlich nah. Wir müssen aber auch den Ball flach halten. Aktuell haben wir gerade einmal sechs Spiele absolviert. Natürlich dürfen unsere Fans auch aufgrund dieser Momentaufnahme von früheren Zeiten träumen. Für uns zählt jedoch einzig und allein Klassenerhalt. Alles andere ist Utopie. Ich denke aber, dass es kein Zufall ist, dass viele Teams aus der Südwest-Staffel der vierten Liga nach einem Aufstieg eine gute Rolle spielen. Schon in der vergangenen Saison mussten wir immer an unser Limit gehen, um erfolgreich zu sein. Das zeigt sich auch in der 3. Liga.

Aus den zurückliegenden vier Begegnungen holte Ihre Mannschaft zehn von zwölf möglichen Zählern. Was sind die Gründe, dass der SSV scheinbar keine Anlaufschwierigkeiten hat?

Es zeichnet uns derzeit aus, dass wir aus einem enorm starken Kollektiv kommen. Der Aufstieg in der vergangenen Saison hat uns noch mehr zusammengeschweißt. Hinzu kommt, dass wir keinen großen Umbruch in den eigenen Reihen hatten. Wir stehen in der Defensive kompakt und schaffen es immer besser, auch im Angriff unsere Qualitäten zu präsentieren.

Sie sagen es: Ulm stellt nicht nur eine der besten Defensiven der Liga, sondern kommt auch vorne immer besser in Schuss. Ist das die perfekte Mischung?

Die Punkte, die wir bislang eingefahren haben, sprechen für sich. Es spielt aber auch eine große Rolle, dass wir bislang nahezu durchgängig aus dem Vollen schöpfen konnten. Das Gleichgewicht innerhalb der eigenen Reihen stimmt. Von daher haben wir zu jederzeit sehr viel Qualität in den Trainingseinheiten.

Am Sonntag ist Rot-Weiss Essen beim SSV Ulm zu Gast. Was für ein Duell erwarten Sie?

Wir spielen zu Hause und sind vor heimischer Kulisse noch ungeschlagen. So soll es auch am Sonntagabend sein, wenn wir auf die Tabelle schauen. RWE kommt mit einer spielstarken Mannschaft, die uns alles abverlangen wird. Unser Ziel ist aber klar: Wir wollen das Heimspiel gewinnen.

 

"Wäre sicherlich eine tolle Auszeichnung"

Sie sind mit Ihren 32 Jahren ein Routinier und absoluter Leistungsträger. Wie wichtig ist auch Ihre Rolle im Verein?

Ich bin kein Typ, der auf dem Feld den Lautsprecher macht. Stattdessen versuche ich, mit Aktionen voranzugehen. Wichtig ist mir vor allem, dass ich eine gewisse Ruhe ausstrahle. Dabei konzentriere ich mich auf meine eigenen Stärken und versuche besonders, meine Erfahrung an die jungen Spieler zu übertragen.

Nachdem Sie 2007 den Nachwuchs der Ulmer verlassen hatten, absolvierten Sie unter anderem für die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart, SV Wehen Wiesbaden und den VfR Aalen über 300 Einsätze in der 3. Liga (aktuell 312 Spiele). In dieser Saison winkt der zweite Platz in der Liste der Rekordspieler. Welche Bedeutung hat diese Statistik für Sie?

Aktuell tatsächlich nicht allzu viel. Mit Blick in die Zukunft könnte allerdings noch etwas Großes entstehen. Wenn ich tatsächlich eines Tages den ersten Platz übernehmen würde, hieße es wohl auch, dass wir in dieser Saison den Klassenverbleib schaffen werden. Aber um ehrlich zu sein: Ich war noch nie ein Typ, der individuelle Statistiken in den Vordergrund gestellt hat. Sollte ich aber nach meiner Laufbahn sagen können, dass ich die meisten Spiele in der 3. Liga absolviert habe, dann wäre es sicherlich eine tolle Auszeichnung und der Beweis dafür, dass ich während meiner Laufbahn vieles richtig gemacht habe. Ich habe mich immer gut um meinen Körper gekümmert und bin zum Glück größtenteils verletzungsfrei geblieben.

Ist es für Sie umso schöner, dass Sie den Sprung nach ganz oben mit Ihrem Jugendverein schaffen könnten?

Auf jeden Fall. Ich bin bewusst vom VfR Aalen zum SSV Ulm zurückgekehrt, weil ich mit dem SSV noch einmal im Profifußball vertreten sein wollte. Bis jetzt hat sich meine Rückkehr vollkommen ausgezahlt. Zu Bundesliga-Zeiten des SSV Ulm war ich regelmäßig im Stadion. Ich bin rund 20 Kilometer von Ulm aufgewachsen. Daher ist der SSV ein ganz besonderer Verein für mich.

Drehen wir die Zeit ein wenig zurück: Am 24. Oktober 2010 standen Sie im Bundesliga-Spiel des VfB Stuttgart gegen den FC St. Pauli im Kader, kamen allerdings nicht zum Einsatz. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Ich weiß noch, dass ich für den verletzt ausgefallen Khalid Boulahrouz in den Kader gerutscht bin. Auch wenn ich über 90 Minuten auf der Bank gesessen habe, war ich extrem nervös und angespannt. Natürlich habe ich mir gewünscht, eingewechselt zu werden. Leider ist es aber nicht dazu gekommen. Dennoch war es eine einmalige Erfahrung, dich mich in meiner Karriere weitergebracht hat. Wenn man einmal vor 60.000 Zuschauern auf dem Platz gestanden hat, dann spornt es einen immer wieder zu Bestleistungen an, um so ein Erlebnis eines Tages zu wiederholen.

   

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