Goldener Oktober: SVM beeindruckt mit wiedergewonnener Mentalität

Auch im Emsland dürfen die Kirchen im Dorf bleiben: Von der 2. Bundesliga träumt der bodenständige Niedersachse natürlich nicht. Doch nach dem sportlichen Abstieg in der Vorsaison hat der SVM die unverhoffte Möglichkeit gepackt – und beeindruckt mit wiedergewonnener Mentalität. Die Fans honorieren das.

Meppen verschleißt zwei gegnerische Trainer

Bevor er sah, was er angerichtet hatte, konnte er es hören: Richard Sukuta-Pasu nutzte eine Mischung aus Instinkt und Bauchgefühl, als er sich in der 88. Minute am Sonntagnachmittag zur Flanke von Markus Ballmert in die Luft schraubte, irgendwann wusste, dass er sich vor dem Kopfballversuch nicht mehr in Richtung gegnerisches Tor würde ausrichten können. Also eben mit dem Rücken zum Kasten, den Hinterkopf gefühlvoll einsetzend – alles passte in diesem Moment. Und so wuchtig der Stürmer, der von Sandhausen bis Südkorea die Fußballwelt bereist hat, auch daherkommt: Schnell genug war er dann doch, um sich nochmals zu drehen, den Ball auch im Netz zappeln zu sehen. Es stand 1:0, Türkgücü München war nach hartem Kampf in Überzahl besiegt.

Erfolg Nummer sechs bedeutete das für den SVM, der vierte daheim. Platz 9 und 21 Punkte – die Hälfte vom Klassenerhalt haben die Blau-Weißen bald im Sack. Noch wohliger ist der Blick nach oben, zwei Zähler trennen Meppen von Rang drei. Schickt sich da jemand an, auf den Spuren von Darmstadt 98 und dem SC Paderborn zu wandeln? Auch die Mannschaft von Rico Schmitt war im Mai sportlich abgestiegen, rettete sich durch den Rückzug eines anderen Klubs, in diesem Fall des KFC Uerdingen. SVD und SCP schafften jeweils ein Jahr darauf den Sprung in die 2. Bundesliga. Und Meppen? Schmitt genügt der Blick in die Gegenwart. "Es war ein geiler Sonntag und ein geiler Oktober", sagte er nach dem Heimerfolg. Tatsache: Da war das Weiterkommen im Landespokal in Osnabrück (3:2), das 4:3 in Wiesbaden, das 1:0 in Duisburg – zweimal mit gegnerischer Trainerentlassung als unmittelbarer Folge. Woanders verbreitete Meppen Angst und Schrecken, rund um die Hänsch-Arena glänzte der Herbstmonat in prächtigstem Gold. Kann der November da mithalten? Dortmund II, Viktoria Köln und Würzburg warten auf den SVM.

Der sportliche Aufschwung erfreut an der Ems ganz nebenbei auch die buchhaltende Abteilung: Von corona-bedingten Spätfolgen in Form von Zuschauereinbußen ist beim SVM wenig zu spüren – und das, obgleich auch in Meppen seit Ende September auf die 2G-Regelung umgestellt worden ist. Zuletzt kamen gegen Türkgücü München, wahrlich kein Gegner mit Kassenschlager-Potenzial, stolze 7.600 Besucher in die Hänsch-Arena, der Zuschauerschnitt liegt derzeit bei 6.650. Das ist, auch angesichts der bislang mehrheitlich wenig attraktiven Gegner, nur ein minimaler Rückgang im Vergleich zur vorpandemischen Zeit. Der 35.000-Einwohner-Ort, dessen nähester Profifußball-Rivale der FC Emmen aus der niederländischen Eredivisie ist, bleibt weit über die Stadtgrenzen hinaus ein Fußballmagnet und in der 3. Liga ein von vielen Klubs auf dem Rasen gefürchteter und darüber hinaus sehr geschätzter Gegner.

Kann Sukuta-Pasu die vakante Knipser-Rolle einnehmen?

Während die neue Mittelfeldachse um Ole Käuper (zuletzt Werder Bremen) und David Blacha (VfL Osnabrück) einen guten Start hingelegt hat und weitere Neuzugänge wie Linksverteidiger Max Dombrowka entstandene Lücken solide besetzen, hat Meppen ein Problem noch nicht behoben: Die Torjägerfrage ist mehr als ein Jahr nach dem Abgang des in Belgien raketenhaft durchgestarteten Deniz Undav, der mit Union St. Gilloise derzeit die höchste Liga des Nachbarlandes anführt und Topscorer der Liga, immer noch ungelöst. Kein klassischer "Neuner" hat mehr als ein Tor auf seinem Konto, Regionalliga-Knipser Serhat Koruk, gekommen aus Bergisch Gladbach, tut sich in der neuen Liga noch schwer. Nun ist da Sukuta-Pasu, der 27 Minuten für sein erstes SVM-Tor benötigte. Doch trotz aller Vorschusslorbeeren und Erfahrungen muss auch der 31-Jährige diesen starken Moment erst bestätigen – die ganz hohen Trefferquoten hatte er in seiner langen Karriere nie.

Nun macht sich im Westen Niedersachsens kaum einer etwas vor. Qualitativ ist der Kader im Vergleich zur horrenden Vorsaison, die mit 41 Punkten und dem schlechtesten Torverhältnis aller Drittligisten auf Platz 17 geendet war, allenfalls leicht verbessert worden – individuell befindet sich Meppen dennoch höchstens auf Mittelfeld-Niveau. Womit das Fehlen von Starspielern, womöglich wird Sukuta-Pasu ja solch einer, bislang kompensiert wird, verriet kürzlich Sturmtalent Lukas Krüger: Das Gemeinschaftsgefühl zwischen Älteren und Jüngeren mache den Unterschied, sagte der 21-Jährige der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das zeichnet uns in dieser Saison aus, deswegen sind wir so erfolgreich. Weil wir zusammenstehen und uns untereinander sehr gut helfen." Ein ganz ähnlicher Teamspirit half damals auch einem gewissen SV Darmstadt 98 auf dem Weg zu einer dicken Überraschung…

   

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