Halbjahres-Analyse: Das Zeugnis für die Drittligisten #2

Die Hinrunde ist noch nicht ganz absolviert, doch die Fußball-WM in Katar zwingt uns in eine verfrühte Winterpause. Zeit, die 3. Liga dem großen Halbjahres-Check zu unterziehen: Für jeden der 20 Teilnehmer gibt es ein kurzes Fazit und eine Hinrunden-Note. Heute dreht sich alles um die obere Hälfte der Tabelle – von Herbstmeister Elversberg bis zum VfL Osnabrück.

Lage: Wir ziehen unseren Hut vor diesem Aufsteiger! 41 Punkte nach 17 Spielen: Das hatte in der Geschichte der 3. Liga noch keiner zuvor aufzubieten. Und um weiter in den Superlativen zu kramen: Es wäre der erst vierte Durchmarsch eines Neulings nach denen von Leipzig, Regensburg und Würzburg im vergangenen Jahrzehnt. Wer die SVE aufhalten soll, ist unbekannt. Schon jetzt liegt die SVE zehn Punkte vor Rang 3. Horst Steffen hat den rasanten und dominanten Spielstil aus der Regionalliga Südwest beeindruckend ans höhere und robustere Niveau angepasst. Das Selbstvertrauen war von der ersten Saisonminute an gigantisch und ist seither auch durch die wenigen Ausrutscher kaum geschrumpft – 42 Tore sind schlicht beeindruckend. Selbst Verletzungen etwa bei Torjäger Luca Schnellbacher oder Kapitän Kevin Conrad oder die beiden Niederlagen gegen Saarbrücken und Verl stoppten den saarländischen Erfolgszug nicht. Eine Eins mit Sternchen für den Herbstmeister.

Note: 1+

 

Lage: Eigentlich genießt das Saarland als mindestens ebenso beliebter Größenvergleich wie ein Fußballfeld seine Popularität, nun schreibt es auf eben diesem besondere Geschichten: Der FCS komplettiert ein Duo an der Tabellenspitze – natürlich wachsen die Träume von Südwestderbys gegen Kaiserslautern, Darmstadt und Karlsruhe schon in den Himmel. Dabei hat es im Ludwigspark deutlich mehr gerumpelt als bei den Nachbarn aus Spiesen-Elversberg: Trainer Uwe Koschinat flog nach einer Phase von sieben Spielen mit nur einem Sieg (und das war ein 6:0 in Bayreuth) aus seinem Amt. Der zuvor als Manager der Profiabteilung installierte Rüdiger Ziehl übernahm erst interimsweise, dann bis zur Winterpause. Schließlich folgten unter ihm 16 von 18 möglichen Punkten, darunter Auswärts-Coups in Dresden und bei 1860 München. Zuhause ungeschlagen, auswärts stark, defensiv kaum zu bezwingen: Es mag nicht immer spektakulär zugehen, aber so wie derzeit wird es für die Konkurrenz ein dickes Brett, sich an Saarbrücken vorbeizuzwängen.

Note: 2+

 

Lage: Seit geraumer Zeit ist der einstige "Blechpalast" des SV Wehen Wiesbaden durch eine in Beton fundierte Haupttribüne zweitliga-tauglich, zieht nun die Mannschaft nach? Es deutet so einiges darauf hin. Ein im Kern gefestigtes Team mit mehreren Säulen, die den Klub seit Jahren kennen (Stritzel, Gürleyen, Mockenhaupt, Taffertshofer, Wurtz, Hollerbach) wurde ergänzt mit mehrheitlich guten Neuen wie allen voran Stürmer Ivan Prtajin und Linksaußen Brooklyn Ezeh. Und auch Trainer Marcus Kauczinski blüht nach einem Jahr in der hessischen Landeshauptstadt mehr und mehr auf, sein 3-4-1-2 mit einer unbequemen, weil Wucht und Technik vereinenden Doppelspitze, ist an guten Tagen eine riesige Herausforderung für alle Gegner. Im neuen Jahr wartet direkt Spitzenreiter Elversberg – dann gibt es den nächsten Hinweis darauf, ob der große Wurf möglich ist.

Note: 2

 

Lage: Auch der FCI gehörte zu Saisonbeginn auf die Liste der ersten Aufstiegskandidaten. Erfüllt hat er diese Erwartungen zumindest in Teilen. Die gute Nachricht vorweg: Punktgleich mit dem Relegationsrang und in Schlagdistanz zum ersten Aufstiegsplatz haben sich die Schanzer alle Optionen bewahrt. Die knappen, aber verdienten 1:0-Siege über Halle und Duisburg zum Jahresabschluss mussten allerdings auch sein, weil sich Ingolstadt zum zweiten Mal nach Ende August auf dem Weg in eine Krise befunden hatte. Während die 14-Gegentore-Abwehr um Visar Musliu bis auf ganz wenige Ausnahmen hervorragende Arbeit ablieferte, hapert es trotz namhafter Verstärkungen im Angriff (24 Tore): Pascal Testroet ist noch nicht auf seinem Toplevel, David Kopacz derzeit nicht der Unterschiedsspieler aus Würzburger Zeiten und Maximilian Dittgen war das gesamte Halbjahr über verletzt. Hoffnungsträger ist der junge Däne Tobias Bech, der zuletzt aber ebenso schwächelte. Kommen die nominellen Schlüsselspieler dauerhaft in Tritt, sollten die Oberbayern ganz oben mitspielen.

Note: 2-

 

Lage: Null Abstiegssorgen, maximale gute Laune: Im Breisgau sorgen nicht nur die Bundesliga-Profis für ein fantastisches Jahr, der Unterbau in der 3. Liga steht dieser Entwicklung in nichts nach. Neun Siege, acht davon zu Null, ebneten den Weg für 31 Punkte – eine Stabilität, die angesichts einer gewissen und U23-typischen Fluktuation umso höher anzurechnen ist. Dazu schaffen die Freiburger direkten Output: Spieler wie Kevin Schade und Kiliann Sildilla sind bei den Profis etabliert, Noah Atubolu und Robert Wagner stehen ebenso bereits regelmäßig im Kader. Auch wenn die zweiten Mannschaften nicht das beste Image haben, dem SC Freiburg kann man kaum böse sein. Denn nicht nur sportlich bereichert er die Liga, mit der Heimspielstätte Dreisamstadion und einem ordentlichen Zuschauerschnitt von 2.295 gibt es sicherlich Auswärtsfahrten, auf die sich Drittliga-Fans weniger freuen. Wobei der SCF als drittbestes Heimteam bislang äußerst selten Gastgeschenke verteilte…

Note: 1-

 

Lage: Niemand richtete sich vor der Saison so offensiv auf die Zweitliga-Rückkehr aus wie die Löwen, nach zwei vierten Plätzen soll nun der große Wurf her. In Reichweite ist der Aufstieg nach dieser anfangs so überragenden Hinrunde noch, keine Frage – lediglich drei Punkte fehlen zu Rang 2. Doch wohl jeden Löwen-Anhänger verbindet dieses unbehagliche Gefühl, dass viel mehr möglich gewesen wäre. Auf der Zielgerade des Jahres funktionierte gar nichts mehr: Vier Spiele ohne Sieg, sieben Halbzeiten ohne eigenes Tor, defensiv entscheidende Unkonzentriertheiten, mehrfach effizient bestraft. Der späte 1:1-Ausgleich gegen Essen bildete das schimmlige Sahnehäubchen auf diesem vermaledeiten Endspurt. Wobei das Selbstverständnis schon viel früher in der Hinrunde, womöglich beim 1:4 im Spitzenspiel gegen Elversberg im September, abhandengekommen war. Über die exorbitant hohe Qualität im Kader müssen wir nicht diskutieren, aber Michael Köllner muss die Leichtigkeit nach nur zwei Siegen aus den letzten neun Pflichtspielen zurückführen – sonst sind alle Lippenbekenntnisse zu ihm nicht von langem Wert.

Note: 3+

 

Lage: Still und leise haben sich die Viktorianer bis ins Verfolgerfeld gemausert. Soll es nach drei Jahren im grauen Mittelfeld erstmals ins sonnige Tabellengebiet gehen? Danach sah es bis zum 13. Spieltag ganz und gar nicht aus, rechts des Rheins hatten sich neun sieglose Partien angestaut. Doch wenn die Flasche am Höhenberg aufging, dann so richtig: Zwei Siegesserien (2. bis 4. Spieltag und 14. bis 17. Spieltag) brachten jene sieben Siege, die die Mannschaft von Trainer Olaf Janßen in die Nähe der Aufstiegsränge katapultiert haben – nur vier Punkte fehlen zu Rang 3. Wer die abseits der großen Drittliga-Scheinwerfer agierenden Kölner näher beobachtet, der weiß: Irgendwann wollen sie den Angriff auf die Topteams starten. Aber wer sich allein die letzten Spiele anschaute, der sah auch eine Portion Glück – ob durch Rote Karten oder verschossene Strafstöße bei den Gegnern oder späte eigene Tore. Den Lauf schmälern soll das nicht, die Hinrunde war eine gute. Doch ein bisschen Substanz fehlt für höhere Ziele noch.

Note: 2

 

Lage: Über die Heim-Auswärts-Diskrepanz des SV Waldhof brauchen wir uns an dieser Stelle kaum mehr auslassen, jeder halbwegs informierte Leser wird von diesem erstaunlichen Schauspiel schon gehört haben. Nur kurz die Fakten: Von 26 Punkten holten die "Buwe" 24 daheim, und das meist mit Minimalismus, denn sieben der acht Erfolge sicherten sich Christian Neidhart und Co. mit nur einem Tor Vorsprung. Und diverse davon auch erst in der Schlussphase. Man mag dies eine Qualität nennen, doch wer mit Macht den Aufstieg anstrebt, der muss Spiele optisch wie auf dem Ergebniszettel auch mal dominieren können. Und darf sich nicht mehrfach in der Fremde herspielen lassen (2:6 in Meppen, 0:5 in Osnabrück). Der Zweitrunden-Einzug im DFB-Pokal verbesserte die Bilanz, das Ausscheiden im Landespokal gegen Viertligist Walldorf – natürlich auswärts – war ein weiterer Höhepunkt der Unzufriedenheit.

Note: 3-

 

Lage: Dynamo war für 19 Drittliga-Trainer der Topfavorit, geblieben ist nach der Hinrunde nicht mehr als ein Häufchen Elend. Da ist eine Mannschaft, die sich auf teils bemitleidende Art und Weise selbst im Weg steht. Ein Trainer, der längst angezählt ist und seiner Vita – zumindest bislang – ganz und gar nicht gerecht wird. Und eine sportliche Führung, die den Kader mit 32 Spielern aufgebläht hat und dabei trotz aller Möglichkeiten bis auf Ahmet Arslan (acht Tore) kaum einen überzeugenden Griff getätigt hat. Ein Symbol für die Krise ist der "Oldie-Sturm" um Manuel Schäffler und Stefan Kutschke, zwei einstige Torjäger, die sich als robuste Zielspieler aber zu ähnlich scheinen und ebenso bis dato nicht den Unterschied machen. Dresden verschläft regelmäßig die erste Halbzeit, kann das eigene Stadion nicht mehr zu einer Festung machen – und steht nach sechs sieglosen Spielen weit entfernt von der eigentlichen Zielregion. Satte zehn Punkte fehlen zu einem direkten Aufstiegsplatz, Spitzenreiter Elversberg ist gar schon auf 18 Zähler enteilt.

Note: 5

 

Lage: Mehr Niederlagen als Siege sind für den VfL Osnabrück in der 3. Liga schwer zu rechtfertigen, bis auf wenige Ausrutscher waren die Lila-Weißen in der Vergangenheit schließlich immer im erweiterten Kreis um die Aufstiegsränge, und der letzte Abstecher in die Zweitklassigkeit ist ja auch noch nicht allzu lange her. Schon der Start ins Jahr war holprig: Nach vier Spieltagen verkaufte der VfL nach der schwächsten Saisonleistung (0:1 in Bayreuth) Trainer Daniel Scherning an Arminia Bielefeld. Nachfolger Tobias Schweinsteiger ist nun endlich so richtig angekommen, drei von vier möglichen Siegen an den Spieltagen 14 bis 17 und eine endlich effiziente Offensivabteilung haben die phasenweise großen Sorgenfalten erstmal weggewischt. Der nächste Arbeitsschwerpunkt muss die oft wacklige Abwehr sein, nur dann geht es wieder näher ans ursprüngliche Saisonziel.

Note: 4

 

Halbjahres-Analyse: Das Zeugnis für die Drittligisten #1

   

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