Hansa-Fans stehen hinter Marc Fascher – Job vorerst gerettet?

In der Bundesliga sind die Regeln seit jeher klar verteilt: Die Spieler sind die Spieler und die Fans sind die Fans. Selten passiert es, dass sich diese Gruppen vermischen. Ein- oder mehrmals in der Saison werden die Stars zu sogenannten Fantreffen gebeten, wo sie auf einer kleinen Bühne den anwesenden Fans, meist vorangemeldeten Fanclubs, Rede und Antwort stehen müssen. Spieler wie Frank Rost, der sich zu aktiven Zeiten gerne für Fanbelange einsetzte, oder Manuel Neuer, der aus der Gelsenkirchener Fangruppierung „Buerschenschaft“ stammt, und damit bei seinem Wechsel zu den Münchener Bayern für einen Eklat sorgte sind eher selten. Ebenso wie direkte Übergriffe von gewalttätigen Anhängern einiger Vereine, wie 2012 auf den Leverkusener Abwehrspieler Michal Kadlec durch Kölner Fans oder der „Hausbesuch“ von Magdeburger Ultras bei ihrem Kapitän Daniel Bauer 2011. Neben dem durchorganisierten oder eben dem kriminellen Wege, kommt es selten dazu, dass Fans, Spieler und Trainer sich zum Gespräch treffen, von Mensch zu Mensch, was langfristig erfahrungsgemäß dazu führt, dass der Fußballer per se zu einer Art „Übermensch“ hochstilisiert wird. Selbst in der 3. Liga gilt dieses Bild, gerade bei den ehemaligen Bundesligisten, zum Teil noch immer. So auch in Rostock, wo Trainer Marc Fascher seit seinem Antritt für mehr Menschlichkeit im Verein wirbt. Dass diese Parole keine Phrase des Trainers ist, zeigte sich am vergangenen Samstag nach dem Spiel gegen Bielefeld bereits zum zweiten Mal und hat laut "Bild-Zeitung" dem Trainer wohl vorerst den Job gerettet."

Fans und Spieler eine Einheit

Bereits vor dem Spiel gegen Osnabrück hatte die Mannschaft des FC Hansa, trotz eines geschlossenen Trainings in der DKB-Arena, Besuch von rund 50 Anhängern des Vereins bekommen. Statt auf die entsprechenden Sicherheitskräfte zu setzen, bat Fascher die Fans zur Mannschaft und man lauschte mehrere Minuten lang den Sorgen der Fans, den Erwartungen, die sie in die Mannschaft legen und es kam zu einem konstruktiven Austausch, der dem Übungsleiter der Hanseaten nach eigener Aussage „eine Gänsehaut“ verschaffte. Prompt zeigte die Mannschaft in Osnabrück ein völlig neues Gesicht und drückte eine Stunde lang auf das Tor der Osnabrücker, ehe sie dann trotzdem in kuriosester Weise noch mit 3:2 verlor. Am Samstag, nach der 0:2-Niederlage gegen Bielefeld, verließen bereits nach dem zweiten Gegentor ein großer Teil der aktiven Fans die Südtribüne, um, wie sich im Nachhinein herausstellte, vor dem VIP-Parkplatz auf die Spieler zu warten. Die Mannschaft, sich nach dem Trainingsbesuch vor einer Woche den Sorgen der Fans bewusst, stellte sich bereitwillig nach dem Spiel den enttäuschenden, zum Teil auch erbosten Anhängern, versuchte die Niederlage zu erklären. Mittendrin bewegte sich Trainer Marc Fascher, der sich einerseits höchst verständnisvoll für die Reaktion der Fans zeigte, andererseits auch erfreut war über seine Spieler, die sich ohne zu zögern den besorgten Fans stellte, was sowohl für Führungsspieler wie Matthias Holst oder den verletzten Kapitän Sebastian Pelzer, als auch für Talente wie Sargis Adamyan oder Ronny Marcos galt, die keinerlei Scheu hatten, mit den Fans zu diskutieren und sich auszutauschen. Trotz der Niederlage, trotz der schlechtesten Saison der Vereinsgeschichte, bildeten Fans und Spieler mehr denn als FC Hansa Rostock eine Einheit, fühlten sich die Fans mehr denn je als wichtiger und ernstgenommener Teil des Vereins und zeigten die Spieler mehr denn je Menschlichkeit und Empathie. Während bei anderen Vereinen schon mal im potenziellen Abstiegsfall plakativ mit Totschlag gedroht wurde, gab man sich Samstag erneut größte Mühe zusammenzustehen und sich den Standpunkt des jeweils anderen anzuhören.

Vertrauen in Fascher tief bei den Fans verankert

Auch wenn die sportliche Ausbeute momentan in Rostock miserabel ist, so ist dieser Wandel im Verein vor allem der Person zuzuschreiben, die am Samstag von den Medien und wohl auch vom Vereinsvorsitz am kritischsten unter Beobachtung stand: Trainer Marc Fascher. Dass sich Spieler wie Fans dessen bewusst sind, zeigte sich Samstag ebenfalls in aller Deutlichkeit. Interims-Kapitän Matthias Holst stellte nach dem Spiel ohne Schnörkel und mit allem Nachdruck klar, dass die Mannschaft „absolut“ hinter dem Trainer stehe, von der Tribüne kamen nach dem 0:1 lautstarke Sprechchöre wie „Außer Fascher, könnt ihr alle geh’n!“. In den Gesprächen nach dem Spiel soll laut "Bild"-Bericht auch ein Appell der Fans an die Spieler Thema gewesen sein, im tatsächlichen Entlassungsfall beim Vorstand auf die Barrikaden zu gehen und klarzustellen, dass man mit Fascher weiter arbeiten wolle. Tatsächlich scheint die tief verankerte Unterstützung der Fans Marc Fascher vorerst den Job gerettet zu haben. Nachdem Sportvorstand Uwe Vester unmittelbar nach dem Spiel Fragen über Faschers Zukunft noch ausgewichen war, zeigte er sich gegenüber der Schweriner Volkszeitung am Sonntag etwas klarer: „Im Augenblick gibt es keinen Grund, irgendwelche aktionistischen Dinge zu tun. Wir spielen schon wieder am Freitag in Aachen, und alleine darauf kommt es an". Auch Vorstandsvorsitzender Michael Dahlmann, laut "Bild" der letzten Woche einer der größten Befürworter einer Entlassung Faschers, stieß nach der Niederlage gegen Bielefeld ganz andere Töne an und würde nach eigenen Angaben gerne weiter mit Fascher arbeiten. Eine endgültige Entscheidung soll heute auf einer Vorstandsitzung fallen. Sollte Fascher, mittlerwele wider Erwarten, entlassen werden, stehen dem Vorstand vor allem durch die eigenen Fans, stürmische Zeiten bevor.
FOTO: Flohre Fotografie

   

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