Hansa Rostock und die Crux mit den Leihspielern

Winterneuzugänge sind zumeist ein kompliziertes Unterfangen. Ohne die ausgiebige Vorbereitung der Vorsaison werden über einen einmonatigen Zeitraum oft Spieler verpflichtet, die in Not Lücken füllen sollen, welche in der Hinrunde entstanden sind oder entdeckt wurden. Die Zahl der Verpflichtungen, die im Zuge der, aus dieser Notsituation entstehenden, mangelnden Vorbeobachtung später eine indiskutable Bilanz in ihrem jeweiligen Club aufweisen ist nicht gerade gering. Demgegenüber erinnert man sich beim FC Hansa Rostock auch an glanzvolle Wintertransfers wie Jari Litmanen. Das Spiel am vergangenen Sonntag in Halle diente nun als Beleg dafür, dass die Leihspieler, die in diesem Winter geholt wurden, eher zur Kategorie der Transferflops gehören. Das warf in der Nachbetrachtung des Spiels nicht nur Fragen zum kurzfristigen, sondern auch zum langfristigen Transferverhalten der Hanseaten auf.

Zimmermann die einzige Verstärkung

In der Elf der Hallenser fanden sich im heimischen ERDGAS-Sportpark alle fünf Neuzugänge der Saalestädter. Dabei agierte einer stärker als der andere. Der aggressive und kampfstarke Toni Leistner meisterte mit Bravour die Rolle des zuletzt unglücklichen Sören Eismann als rechter Verteidiger, Kristian Kojola war in der Innenverteidigung bärenstark, Mittelfeldspieler und Ex-Rostocker Björn Ziegenbein gestaltete das Spiel als dynamischer Mittelfeldspieler entscheidend mit und zwei Flanken von Daniel Ziebig landeten zweimal als Vorlagen beim Doppeltorschützen Timo Furuholm. Auf der anderen Seite walteten Maurice Trapp, Philipp Klement, Nico Zimmermann und Collin Quaner. Dabei agierte einer unglücklicher als der andere, was, im Falle von Nico Zimmermann, den man in Hinblick auf die gesamten Spiele 2013 als einzigen eine Verstärkung nennen könnte, mit Pech, im Falle der anderen aber ganz klar mit mangelnden Fähigkeiten und einer gewissen Lustlosigkeit zu tun hatte. Zimmermanns Ideen sind von Spiel zu Spiel interessant zu sehen, er hat die Fähigkeit, Kreativität und Robustheit in seinem Spiel verbinden zu können, was in der 3. Liga Gold wert sein kann. Was allerdings passiert, wenn man diese Fähigkeiten nicht unter einen Hut bekommt, zeigt Philipp Klement Woche für Woche. Klement ist ganz klar ein feiner Fußballspieler, kreativ, mit dem Auge für den besonderen Moment, mit dem Fuß und der Vision für den „tödlichen Pass“. Leider spielt Klement mit dem FC Hansa in der 3. Liga, auf Fußballplätzen, die zurzeit dem harschen Winter trotzen müssen und gegen Teams wie eben den HFC, wo Fußball gearbeitet wird. So passierte es Sonntag, dass der schmächtige Klement nicht nur seine Pässe auf dem holprigen Platz verschenkte, sondern im selben Moment oftmals auch noch robust umgerannt wurde. In Spanien würde er dafür reihenweise Freistöße bekommen, in Deutschlands 3. Liga nennt man das, in Anbetracht der zahlreichen Vertreter aus der ehemaligen DDR, gerne „ostdeutsche Härte“.

Trapp ohne Qualität für die 3. Liga

Collin Quaner und Maurice Trapp agierten noch unglücklicher. Quaner bewies in einigen Spielen seine enorme Schnelligkeit, ließ sich aber auch vermehrt anmerken, dass ihm jegliche Torgefahr abgeht und ihm, selbst bei einem 2:1-Rückstand, nicht jedes Laufduell notwendig erschien. Warum Fascher zuletzt nur ergänzungsweise zu Quaner auf den ebenfalls flinken Sargis Adamyan setzte, statt Quaner zur Abwechslung durch ihn zu ersetzen, gibt Rätsel auf. Im Moment ist Quaner im Spiel nicht agiler, als der hungrige und vereinsverbundene Adamyan nach seinen Einwechslungen, auch wenn auch er am Sonntag völlig unsichtbar blieb. Maurice Trapps Stammplatz hingegen ist durch nichts zu erklären. Der 21-jährige Berliner knüpft in seinen Leistungen nahtlos da an, wo er beim 1. FC Union zuletzt stagniert hatte. Während seine Altersgenossen Quiring, Menz oder Joppek in Berlin direkt den Sprung in die erste Mannschaft schafften, konnte Trapp das Vertrauen, was Trainer Uwe Neuhaus in steter Regelmäßigkeit in ihn gesetzt hatte nie zurückzahlen. Er spielte bemüht, aber oftmals viel zu unkonzentriert und orientierungslos, was schon bei Union zu einigen Fehlern führte, bei Hansa in den Spielen gegen Chemnitz und Halle vor allem im Zusammenspiel mit seinem jeweiligen Kollegen auf der linken Seite deutlich wurde und im Spiel gegen Münster direkt zum Gegentor führte. Trapp mag in der Regionalliga für Union II gute Spiele absolviert haben, oberhalb der Regionalliga kann für ihn aber momentan kein Platz sein, vor allem nicht, wenn dafür Leader wie Matthias Holst auf der Bank bleiben müssen.

Bevorzugte Leihspieler?

So macht sich, bei aller Angst um den Klassenerhalt auch Sorge um die Folgesaison breit. Angenommen, man schafft den Klassenerhalt und setzt, wie angekündigt, weiterhin und vermehrt auf junge Leihspieler, wie hoch wird die Identifikation mit dem Verein sein? Gibt ein junger Spieler aus der ersten Bundesliga für einen Drittligisten in einem kampfbetonten Spiel bei scheußlichem Wetter sein letztes Hemd? Besitzt er die Reife, sich dafür zu motivieren, obwohl es für ihn im Grunde egal ist, wo der Verein am Saisonende landet? Natürlich geht ein 19-Jähriger für die ersehnte Spielpraxis gerne zu einem Drittligisten, läuft es allerdings langfristig oder nur im betreffenden Spiel anders als erhofft, bleibt die erhebliche Gefahr, dass der Spieler keine Motivation findet. Und so mutet es momentan so an, als würde Marc Fascher mit der anscheinenden „Bevorzugung“ der Leihspieler einen folgenschweren Fehler begehen, was im Umkehrschluss auch die vorab geäußerten Aufstiegsambitionen für die kommende Saison konterkariert. Mit anderen Worten: Wenn das System der jungen, hungrigen Leihspieler im Moment nicht funktioniert, wenn die verpflichteten Spieler kaum Verstärkungen sind, warum sollte das zur kommenden Saison schlagartig anders aussehen? Und wenn die sportliche Planung für die nächste Saison auf solch wackeligen Beinen steht, was würde dann noch ein Engagement Marc Faschers über diese Saison hinaus rechtfertigen?

Visionen ernsthaft überdenken

Natürlich ist es nicht des Trainers Schuld, dass die Kogge in den vergangenen vier Monaten nur gegen Burghausen siegen konnte. Aber bei aller Bodenständigkeit, bei aller ordentlichen Arbeit seit seinem Amtsantritt, auch bei aller Ruhe, die seine Person in den Verein gebracht hat, sollte man die vielzitierte Vision Vesters und Faschers für die kommende Saison ernsthaft überdenken, wenn das Modell „im Kleinen“ zuletzt fürchterlich scheiterte. Dass auch die Gegner dabei eine Rolle spielten, dass die gesamte Mannschaft schwach war, spielt durchaus eine Rolle. Und auch das Spiel gegen Halle sollte nicht als einzig wahrer Maßstab gesehen werden, sondern eher als Warnung davor, Spielern den Vorzug zu geben, die aufgrund ihrer Situation Schwierigkeiten haben, sich mit ihrem aktuellen Arbeitgeber identifizieren zu können. Man mag damit von Spiel zu Spiel kommen, aber eine ganze Saison auf dem Rücken solcher Spieler zu planen wäre fahrlässig für einen Verein wie den FC Hansa Rostock.

FOTO:  Sebastian Ahrens / rostock-fotos.de

   

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