Hansa Rostock: Wieder einmal eine beunruhigende Leere
Da war sie dahin, die Euphorie aus dem 1:0-Sieg des vergangenen Spieltag gegen Mainz II. Der F.C. Hansa Rostock blieb nicht nur im achten Anlauf auswärts sieglos, sondern verlor am späten Samstagabend auch seinen Cheftrainer Karsten Baumann und Sportdirektor Uwe Klein. Abermals steht die Kogge vor einer ungewissen Zukunft. Ein Kommentar.
Kurz nach dem Schlusspfiff in Halle und auch nach dem Sieg gegen Mainz hatte das noch ganz anders geklungen. "Die Mannschaft steht hinter dem Trainer; er steht nicht auf dem Platz. Er stellt uns immer super ein“, so Innenverteidiger Dennis Erdmann nach der Niederlage. Aber es kam dann doch so, wie es immer kommen muss. Wenn die Leistung nicht stimmt, muss der Trainer dran glauben. Der natürliche Mechanismus im knallharten Fußballgeschäft. Dass die Leistung der Kogge nicht stimmte, belegen die nackten Zahlen. Mit nur einem Sieg aus den vergangenen 15 Spielen belegen die Hanseaten zum Abschluss der Hinrunde den 18. Tabellenplatz. Lediglich über drei Siege durften sich die Hansa-Fans in dieser Saison freuen (zwei Heimsiege, ein Auswärtssieg). Saisonübergreifend betrachtet, wirkt die Negativserie noch bedrohlicher: von 23 Partien gewannen die Rostocker nur drei. 69 möglichen Punkten stehen am Ende 18 erzielte gegenüber. Und somit endete Karsten Baumanns Beschäftigung beim FCH nach nur 361 Tagen Amtszeit.
Entlassung Baumanns logische Konsequenz
Nach dem dramatischen Saisonfinale 2014/15 und dem gerade so eben verhindertem Abstieg in die Regionalliga klang die Vorgabe für die neue Saison sehr verhalten. Die Kogge in ruhigeres Fahrwasser bringen, lautete die Aufgabe für Baumann und Co. Noch auf der Mitgliederversammlung im November betonte der Hansa-Trainer eindringlich, dass das Training umgestellt werden würde. Die Offensive – das Problemkind der Rostocker – mehr betont werden sollte und dass es nur gemeinsam ginge… Auch wenn sich die Mannschaft bis zuletzt vor ihren Trainer stellte, war die Entlassung die logische Konsequenz einer desaströsen Hinrunde. Fußballerisch war es das Schlechteste, was in den vergangenen Spielzeiten geboten wurde. Viel zu oft vermissten die Hansa-Anhänger einen Plan; wenigstens den Ansatz einer zündenden Spielidee. Mit 17 Toren aus 19 Spielen krankt gerade die Offensive gewaltig an der Ostsee. Vorne viel zu harmlos präsentierten sich Benyamina und Co. Waren Chancen vorhanden, blieben diese meist ungenutzt. Deutlich machen dies die drei bislang erzielten Stürmertore (Benyamina und Perstaller).
Sommerneuzugänge schürten Hoffnung
Als Baumann im Dezember 2014 mit einer 1:4-Niederlage beim FCH startete, folgte nach der Heimklatsche gegen Kiel eine gute Serie (bis auf die Niederlage in Bielefeld) von neun ungeschlagenen Spielen. Diese waren Grundlage für die Aufholjagd der Rostocker in der 3. Liga, die sich bei Baumanns Amtsantritt auf dem 19. Tabellenplatz befanden. Dass den Hanseaten zum Saisonende gehörig die Luft ausging und der Klassenerhalt nur mit fremder Hilfe geschafft werden konnte, vergisst man sicherlich nicht so schnell in Rostock. Und dennoch: Mit Beginn der neuen Saison sollte alles besser werden. Die von Uwe Klein verpflichteten Neuzugänge schürten Hoffnung und stimmten weitestgehend positiv. Dem entgegen standen die verletzungsbedingten Ausfälle von Leistungsträgern wie Marcel Ziemer, Aleksandar Stevanovic und auch Tommy Grupe sowie der überraschende Abgang von Christian Bickel zum Erstliga-Absteiger aus Paderborn, die nie kompensiert werden konnten.
„Same procedure as last year. Same procedure as every year!”
So lautet das Hansa-Motto auch in diesem Jahr… War es im Vorjahr noch Peter Vollmann der im Dezember seinen Hut nehmen musste, heißt dessen Nachfolger nun Karsten Baumann. Er reiht sich ein in eine Riege illustrer Trainernamen (Lottner, Roelofsen, Bergmann, Fascher, Hartmann, Baumgart, Wolf, Kostmann, Finck, Zachhuber, Eilts, Schlünz), die seit 2008 allesamt nie länger als ein Jahr an der Ostsee beschäftigt waren. Einzig Peter Vollmann sprengt hier den Rahmen mit seiner ersten Amtszeit (Juli 2010 bis Dezember 2012) bei den Hanseaten. Die Halbwertzeit eines Trainers in Rostock ist äußerst gering. Dies nur als Vorwarnung für eventuelle Nachfolger…
Sportliche Grundidee fehlte
Mit der Entlassung von Karsten Baumann musste auch Sportdirektor Uwe Klein die Segel streichen. Im November 2014 beerbte er Cheftrainer Peter Vollmann, der diese Position in Personalunion ausübte. Nach den Unruhen im Herbst noch im Vorstand beim FCH, muss er sich nun ankreiden lassen, dass er ein unzureichendes sportliches Konzept präsentierte. Seine (sehr schwammigen) Aussagen auf der Mitgliederversammlung im November ließen bei vielen Mitgliedern einen sportlichen Plan vermissen. Fakt ist: der personelle Umbruch beim Drittligisten im Sommer war groß. 17 Spieler verließen den FCH, 14 neue Akteure wurden verpflichtet. Der erhoffte Aufschwung blieb dennoch aus. Zwar konnte die schlechteste Defensive der Liga (68 Gegentore) stabilisiert werden, dennoch krankte es im Mittelfeld und gerade in der Offensive. Einige der als Hoffnungsträger verpflichteten Neuzugänge (Benyamina, Perstaller, Baumgarten) konnten die in sie gesetzten Erwartungen nicht gänzlich erfüllen.
Viele gute Ansätze waren da, doch zu oft unterlag das Team von Ex-Trainer Karsten Baumann Schwankungen; zeigte sich vielmehr nervös und überließ sichergeglaubte Punkte dem Gegner. Ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr stehen die Rostocker wieder einmal vor einem Neuanfang. Und wieder einmal bleibt an der Ostsee eine beunruhigende Leere…