Helmut Sandrock: Tradition allein reicht nicht aus
Mit Alemannia Aachen, dem Wuppertaler SV, dem MSV Duisburg und den Kickers Offenbach stehen gleich vier traditionsreiche Vereine vor dem finanziellen Ruin. Auch einige Andere, wie zum Beispiel der F.C. Hansa Rostock und Rot-Weiß Erfurt, müssen jedes Jahr aufs Neue schauen, wie sie die vom DFB geforderten Gelder auftreiben können und dürfen sich der Lizenzen nicht sicher sein. Dennoch verteidigt DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock gegenüber der "Bild"-Zeitung das Prinzip dritte Liga und appelliert an den OFC, den Lizenzentzug als eine Chance wahrzunehmen.
Vorstellungen und Erwartungen stimmen mit der Realität oft nicht überein
Aller finanzieller Probleme zum Trotz sagt Sandrock, dass die "3. Liga ein Erfolgs-Modell" ist, da in diesem Jahr aller Voraussicht nach zehn Drittligisten mit einer positiven Bilanz abschließen werden. Natürlich wird auch beim DFB registriert, dass es Klubs gibt, "die Probleme haben". Doch die aktuellen Liquiditätslücken seien hausgemacht und nicht von den angeblich zu niedrigen Geldern abhängig. Laut dem 56-Jährigen bahnte sich dies seit Jahren an, da es an Beständigkeit im Management mangelte. Erschwerend kamen "hohen Investitionen, beispielsweise in Infrastruktur-Projekte wie Stadion-Neu- oder Umbau" hinzu, und brachten die Vereine in die Lage, in der sie sich momentan befinden. Warum es in den meisten Fällen Traditionsvereine trifft, ist für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des MSV Duisburg leicht erklärt: "Das hängt mit Vorstellungen und Erwartungen zusammen – ausgehend von der Tradition– die mit der Wirklichkeit nicht immer übereinstimmen". Deshalb ruft er die Oberen der Klubs zur Besinnung auf: "Es gibt dieses Gefühl: ‚Wir müssen einfach, weil wir die Tradition haben‘. Aber: Tradition allein reicht nicht aus, um erfolgreich zu sein." Eine Lektion, die diese Vereine spätestens jetzt gelernt haben werden. Ein positives Beispiel, das den Spagat zwischen Tradition und Realisierung geschafft hat, ist Bundesliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig: "Die haben seit Jahren ein beständiges Management, sind überall sehr gut aufgestellt – und stehen jetzt in der Bundesliga", so der ehemalige Junioren-Nationalspieler. Auch der SC Paderborn, Fortuna Düsseldorf, Arminia Bielefeld und Union Berlin haben laut Sandrock die Chance der Konsolidierung in Liga 3 wahrgenommen und stehen sportlich und finanziell gut dar.
Kein Exempel an Offenbach statuiert
Deswegen weißt der DFB die Schuld von sich, die Auslöser für die Misere diverser Vereine zu sein. Der frühere Geschäftsführer von Red Bull Salzburg hofft nun, dass die Teams dies nach gründlicher Analyse erkannt haben und am Beispiel vom OFC, der keine Lizenz für die dritte Liga erhielt und im Anschluss dessen einen Insolvenzantrag stellte, diese Situation nun als Chance sehen, sich in Ruhe zu konsolidieren und zu entschulden. Den Unmut, der dem DFB von vielen Seiten der Fans entgegengebracht wird, kann Sandrock verstehen. Doch man wolle den Kickers Offenbach in keinem Falle schaden. "Aber wenn der wirtschaftliche Rahmen über Jahre nicht eingehalten wurde und der Verein an einer Stelle angekommen ist, wo es einfach nicht mehr geht, dann ist es im Sinne der Gleichbehandlung, zu sagen: Jetzt ist Schluss.“ Und auch die Behauptungen, die Organisation hätte an den Vereinen, die keine Lizenz erhielten, ein Exempel statuieren wollen, weist Sandrock harsch zurück: "Blödsinn! Das würde ja bedeuten, dass wir in den vergangenen Jahren ein Auge zugedrückt haben. Nochmals: Es wird nach allen sachgerechten Regeln absolut seriös und objektiv geprüft, am Ende werden Lizenzen erteilt. Oder eben nicht. Ich bin sicher, die Verantwortlichen sind selbstkritisch genug zu erkennen, dass es so einfach nicht mehr weiter gehen konnte.“
FOTO: Cello Klettermaxe / fototifosi.de