Heraf: "Befürchten, dass Ende März alles vorbei sein könnte"
Zwei Spiele noch, dann könnten bei Türkgücü München endgültig die Lichter ausgehen. Der Rückzug einer Mannschaft aus dem laufenden Spielbetrieb, das gab es in der Geschichte der 3. Liga noch nie. Wie es weitergeht, weiß niemand – nichtmal Trainer und Spieler bei Türkgücü.
Kivran? "Es ist mir ein Rätsel"
Andreas Heraf ist derzeit wahrlich nicht zu beneiden: Im Winter mit großen Versprechungen – etwa im Hinblick auf Transfers und Ambitionen – zu Türkgücü gelockt, muss er nun eine Mannschaft trainieren, die eigentlich keine Zukunft mehr hat. "Schon bevor ich anfing, wurde mir erzählt, dass alles mit Präsident Hasan Kivran steht und fällt", erzählt der Österreicher in der "Bild"-Zeitung. "Es hieß, er mische sich auch in die Aufstellungen ein und möchte bei allen sportlichen Belangen mitreden. Doch das Gegenteil war der Fall, ich habe immer sehr gute Gespräche mit ihm geführt, alles war auf den Klassenerhalt ausgerichtet und die Marschroute klar: Im Sommer wieder den Aufstieg ins Visier zu nehmen."
Dann sei aber alles anders gekommen. "Am 11. Januar saßen wir noch zusammen, zwei neue Spieler waren kurz vor der Vertragsunterschrift, alles klang optimistisch." Doch schon ab dem 12. Januar habe Kivran nicht mehr auf Nachrichten reagiert, zwei Wochen später mussten die Münchner Insolvenz anmelden. "Es ist mir ein Rätsel. Er versteht viel von Fußball, ich weiß nicht, warum er sein Investment so abrupt aufgibt."
Kontakt zu Investor in den USA?
Der Ausstieg Kivrans könnte nun dafür sorgen, dass die Lichter in Kürze endgültig ausgehen. "Ich, beziehungsweise wir befürchten, dass Ende März alles vorbei sein könnte, sollte sich nicht ein neuer Investor finden." Wie "dieblaue24" erfahren haben will, sollen die Münchner zuletzt mit einem Investor aus den USA in Kontakt gestanden haben. Problem: die fehlende Perspektive. Durch den Elf-Punkte-Abzug ist der Abstieg kaum noch zu verhindern. Und als künftiger Viertligist sind die Münchner nicht wirklich interessant für Geldgeber.
Bleibt die Suche erfolglos, wird sich Türkgücü nach den nächsten beiden Partien wohl vom Spielbetrieb zurückziehen müssen, was eine Annullierung aller Spiele der Münchner zur Folge hätte – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Tabellenbild. Profitieren würden vor allem 1860 München (ein Punkt Abzug) und Wehen Wiesbaden (kein Punkt), während der 1. FC Saarbrücken satte sechs Zähler verlieren würde. "Für den einen oder anderen Verein spielt es eine große Rolle, ob wir die Saison zu Ende spielen können oder nicht", weiß Heraf um den Umstand.
"Spieler spielen um ihre Zukunft"
Die Mannschaft, besonders die jungen Spieler, würden dem 54-Jährigen zufolge aber "sehr gut" mit der Situation umgehen. "Die Spieler wissen: Jedes Spiel, dass sie jetzt noch absolvieren können, steigert ihre Chance auf dem Markt. Sie spielen um ihre Zukunft, ihre Karriere. Das hat man jetzt wieder bei dem Sieg in Dortmund gesehen." Und wie ist es um die Zukunft von Heraf selbst bestellt? In den letzten Wochen gab der Österreicher den souveränen Krisenmanager, während sich die Verantwortlichen des Vereins in Schweigen hüllten. Sein Auftreten in der Öffentlichkeit wird in der Branche hoch angesehen, dazu passt auch diese Aussage: "Solange ich keinen neuen Job habe, stehe ich auch bereit, weiter Training anzubieten – die Spieler müssen fit bleiben, sonst wird es bei einem neuen Verein für sie ganz schwer."
Die übrigen Klubs hoffen unterdessen darauf, dass möglichst bald Klarheit herrscht, was die Zukunft von Türkgücü angeht. Doch vieles deutet darauf hin, dass die Münchner bis zum Schluss versuchen werden, einen Geldgeber zu finden. Somit wird eine Entscheidung wohl erst Ende März fallen. Die Frage ist auch: Wie geht der DFB mit der Situation um? Dem Verband dürfte sehr daran gelegen sein, dass die Münchner die Saison regulär zu Ende spielen können. Ein vorzeitiges Aus würde die Liga so kurz vor dem Saisonfinale in ein Chaos stürzen, das es so in dieser Form noch nicht gegeben hat.