Hinrundenfazit Fortuna Köln: Aus Ratlosigkeit wird Leichtigkeit

Von allen 20 Drittligisten erlebte die Fortuna in dieser Spielzeit wohl die kontrastreichste Hinserie. Noch im Oktober standen die Kölner abgeschlagen am Tabellenende. Wochenlang lag das Gefühl von Ratlosigkeit wie ein großer grauer Schleier über der Südstadt. Erst ein schmeichelhafter Erfolg in der 1. Runde des Verbandspokals gegen den Viertligisten Alemannia Aachen gab der Mannschaft das nötige Selbstverständnis zurück. Aus Ratlosigkeit wurde Zuversicht, die sich schließlich in Leichtigkeit verwandelte und sich letztlich als entscheidender und leistungsfördernder Faktor für die restlichen Partien entpuppte. Sechs Siege aus den letzten neun Spielen katapultierten daraufhin die Mannschaft von Uwe Koschinat zum Jahreswechsel auf einen einstelligen Tabellenplatz.

Das lief gut

Die Heimspiele – 20 der 28 Punkte erspielte sich die Fortuna im heimischen Südstadion. Nur gegen Dynamo Dresden (1:5) und die Würzburger Kickers (0:3) gab es böse Klatschen. Uwe Koschinat wird nicht müde zu betonen, dass die Basis für den Klassenerhalt in den Heimspielen geschaffen werden muss. Stand jetzt hat seine Mannschaft diese Forderung erfüllt.

Die Offensive – Mit 32 erzielten Toren glänzte die Fortuna in dieser Hinserie vor allem im und um den gegnerischen Sechzehner. Damit hat die Mannschaft bereits zum jetzigen Zeitpunkt nur sechs Treffer weniger erzielt, als in der gesamten letzten Saison! Mit Dynamo Dresden (42) und der SG Sonnenhof Großaspach (38) sind nur die beiden derzeitigen Topteams der Liga in dieser Statistik stärker. Eine solche Treffsicherheit haben den Kölnern vor der Saison selbst die eigenen Fans kaum zugetraut. In der letzten Spielzeit hatte man noch den schwächsten Angriff der Liga.

Die Reaktion in der Krise – Wie schon im letzten Jahr kann der Verein auf ein funktionierendes Krisen-Management bauen. Als Anfang Oktober, nach einer desaströsen Heimniederlage gegen die Würzburger Kickers, die Angst vor dem Abstieg umherging, behielten auch diesmal die Verantwortlichen die Ruhe. Es wurden keine übereilten und emotionalen Entscheidungen getroffen. Vielmehr ging man gemeinsam mit den Spielern auf Fehlersuche, analysierte die Situation und arbeitete an den Schwächen. Die Mannschaft kämpfte sich anschließend selber aus der Krise heraus und zeigt sich nun stärker denn je.

Das lief nicht gut

Der Saisonstart – Eine vielzitierte Fußball-Weisheit besagt, dass das zweite Jahr als Aufsteiger am schwersten sein soll. Zu Beginn der neuen Spielzeit bewahrheitete sich dieses Sprichwort. Die Fortuna holte lediglich zwei Siege aus den ersten zwölf Spielen. Vor allem die zahlreichen, teils dummen, Platzverweise (2x Fink, Uaferro, Engelmann und Dahmani) und die verletzungsbedingten Ausfälle von Leistungsträgern (Poggenborg, Andersen) verhinderten die Entwicklung einer nötigen Stabilität. Das Resultat der ständigen Personal-Rochaden spiegelte sich vor allem in der Anzahl der Gegentreffer wieder. Am 12. Spieltag verzeichnete die Fortuna-Defensive einen desaströsen Schnitt von umgerechnet 2,4 Gegentoren pro Partie. Trotz des positiven Trends zum Ende des Jahres bildet die Mannschaft auch aktuell noch mit 39 Gegentoren die Schießbude der Liga.

Die Auswärtsbilanz – So gut und konstant die Fortuna in den Heimspielen auch punktete, so ernüchternd waren die Auftritte in der Fremde. Die Mannschaft hat es nicht geschafft das Selbstvertrauen und die mutige Spielweise die man im Südstadion an den Tag legte in die fremden Stadien zu transportieren. In den insgesamt elf Auswärtsspielen verzeichnete man lediglich zwei Siege. Gleich sieben Mal fuhr man ohne Zählbares nach Hause. So lange die Heimbilanz stimmt schlagen zwar diese Werte nicht all zu sehr ins Kontor. Es wäre allerdings fahrlässig sich darauf auszuruhen.

Bewertung der Neuzugänge

Mit Marco Königs landete der Verein in diesem Sommer einen Volltreffer. Koschinat äußerte sich vor der Saison optimistisch, traute seinem neuen Schützling eine zweistellige Trefferquote zu. Dass Königs seinem Trainer diesen Wert bereits als Geschenk unter den Weihnachtsbaum legt, hätten wohl beide nicht gedacht. "Ich bin so fit wie noch nie“, verrät Königs sein Erfolgsgeheimnis, der sich zudem in der Mannschaft und in der Stadt pudelwohl fühlt.

Mit Oliver Schröder hatten sich die Verantwortlichen vor der Saison erhofft einen erfahrenen Führungsspieler verpflichtet zu haben. Diese Erwartungen konnte der 35-Jährige allerdings bislang kaum erfüllen. Die starken Eindrücke aus der Sommervorbereitung konnte Schröder in der Liga nur selten bestätigen. Nach wenigen Wochen wurde er zudem durch einen Muskelfaserriss ausgebremst und verlor seinen Platz im defensiven Mittelfeld an Markus Pazurek. Dieser wiederum fällt nun bis zum Saisonende aufgrund eines Kreuzbandrisses aus. Dadurch wird Schröder in der Rückrunde mehr denn je im Fokus stehen. Der ehemalige Bundesliga-Spieler muss im Jahr 2016 seine Qualitäten abrufen. Schafft er das, wird er der erhoffte Gewinn für die Fortuna sein.

Für Tim Boss war es ein schwieriger Start bei der Fortuna. Mitten in der Krise bekam der junge Schlussmann aufgrund einer Verletzung von Stammtorwart Andre Poggenborg seine Chance. In einem, zu diesem Zeitpunkt nicht immer funktionierenden Teamgefüge, erhielt der 22-Jährige nur wenig Unterstützung seiner Vorderleute. Nach sechs sieglosen Spielen in Folge mit Boss in der Startelf trug der gebürtige Kölner aber auch entscheidend zur Wende der bisherigen Saison bei. Seine zahlreichen Paraden im Verbands-Pokalspiel gegen Alemannia Aachen verschafften der Mannschaft das ersehnte Erfolgserlebnis. Aus diesem schmeichelhaften Erfolg entwickelte sich schließlich der bis heute andauernde positive Trend.

Jannik Schneider, Can Serdar und Kai-David Bösing sind aufgrund ihrer geringen Einsatzminuten nicht zu bewerten. Alle drei müssen sich in der Rückrunde mehr den je dem Konkurrenzkampf im Training stellen um sich einen Platz im 18er-Kader zu ergattern.

Bester Spieler

Der beste Spieler der Hinrunde bildet sich aus einem Duo. Sowohl Marco Königs, als auch Julius Biada ragten bei der Fortuna in der ersten Saisonhälfte heraus. Gemeinsam sind die beiden Angreifer an über 62% aller erzielten Treffer direkt beteiligt. Königs hat sein persönliches Saisonziel („zweistellig treffen“) bereits zur Winterpause erfüllt. Biada spielte die gesamte Hinrunde auf einem konstant hohen Niveau und hat sich körperliche extrem weiterentwickelt. Als Sturmduo innerhalb des von Koschinat favorisierten 4-4-2-Systems harmonieren sie optimal, was nicht nur ihr eigens kreierter Torjubel beweist.

Schwächster Spieler

Gemessen an seinem Erfahrungsschatz und an seinem Potential war Oliver Schröder der schwächste Spieler der Hinrunde. Der Neuzugang aus Aue hat es in den schweren Wochen zu Saisonbeginn nicht geschafft, der Mannschaft mit seiner Routine eine gewisse Stabilität zu verleihen. Nach seinem langwierigen Muskelfaserriss wird Schröder nun in der Rückrunde gefordert sein.

Fazit

Die Hinrunde hat mal wieder gezeigt, dass es bei der Fortuna ohne Drama anscheinend nicht geht. Im Oktober plagte sich die Mannschaft noch mit akuten Abstiegsängsten. Jetzt starten die Südstädter aus der oberen Tabellenhälfte voller Zuversicht und Selbstvertrauen in die Mission Klassenerhalt. Insgesamt beweisen die Kölner auch in ihrem zweiten Drittligajahr, dass man mit schmalem Geld und begrenzten Mitteln eine gewisse Rolle im Profifußball spielen kann. In dieser Saison vor allem auf eine spektakuläre Art und Weise. Spielt die Fortuna, fallen im Schnitt 3,4 Tore pro Partie. Ein 0:0 gab es bislang noch gar nicht. Eine nicht unwichtige Erkenntnis dieser Hinrunde ist zudem die Tatsache, dass es der Mannschaft nur sehr schwer gelingt verletzungsanfällige Schlüsselspieler wie Kristoffer Andersen zu ersetzen. Daraus ergibt sich ein dringender Ansatzpunkt für künftige Spielerverpflichtungen. Der jüngste Transfer von Christopher Theisen zielt bereits auf diese Problematik ab. Laut Koschinat hat der 22-Jährige durchaus das Potential in den kommenden Jahren in die Andersen-Rolle hineinzuwachsen. "Theisen bringt defensive Stabilität sowie Körpergröße mit und verfügt außerdem über eine starke Passqualität für die Offensive. Er ist in der Lage auf der Sechs und auf der Acht zu spielen“, äußert sich der 44-Jährige.

Ausblick & Prognose

Bereits im ersten Spiel des Jahres kann die Fortuna einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen. Sollte das Heimspiel unter Flutlicht am Freitagabend (22.1.) gegen Hansa Rostock gewonnen werden, würde man einen weiteren direkten Konkurrenten deutlich auf Distanz halten. Die Aussicht darauf dürfte die Spieler in motivierender Art und Weise durch die harte Wintervorbereitung tragen. Zudem empfangen die Kölner in den darauffolgenden Wochen mit Kiel, Erfurt und der U23 des VfB Stuttgart noch weitere abstiegsbedrohte Mannschaften im Südstadion. Wie von Koschinat vor dieser Spielzeit prophezeit, bilden die Heimspiele den Schlüssel zum Erfolg. Wenn die Mannschaft die Form zum Ende Hinrunde auch zu Beginn der Rückrunde bestätigen kann, wird die Fortuna frühzeitig den Klassenerhalt schaffen. Ein erneuter Einbruch wie zu Beginn der Saison könnte dagegen fatale Folgen haben.

 

 

   

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