Kadercheck: Wo sich der VfL Osnabrück verstärken muss
Sechs Punkte fehlten dem VfL Osnabrück in der Vorsaison zum Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga – ein Ergebnis, das die Saison treffend widerspiegelte, denn für das zumindest vage erhoffte Ziel war die Qualität im Team nicht ausreichend. Wo die Lila-Weißen nun nachrüsten müssen und es teils schon getan haben, soll diese Bestandsaufnahme zeigen.
Torhüter
Eine feste Nummer eins zu haben, ist in der 3. Liga viel wert. Der VfL besitzt diese in Form von Philipp Kühn, der sich zu Zweitliga-Zeiten als Stammbesetzung etablierte und sich in den vergangenen drei Jahren längst ins Herz der Osnabrücker Anhängerschaft gespielt hat. Er soll einen Vertrag bis zum Ende der nächsten Saison haben.
Gleiches gilt für Laurenz Beckemeyer, der 2019 aus der A-Jugend aufrückte und seitdem klarer Reservekeeper ist. Offen ist noch die Zukunft des weiteren Ersatztorwarts Tim Wiesner. Einen ebenbürtigen Herausforderer für Kühn zu holen, wäre angesichts seiner Zuverlässigkeit fast schon verschwenderisch. Nach jetzigem Stand wird es genügen, im Fall der Fälle einen neuen Stellvertreter zu holen.
Außenverteidiger
In der 4-3-3-Formation, an der Trainer Daniel Scherning im Verlauf der Saison nicht rüttelte, waren Florian Kleinhansl (35 Einsätze) auf der linken sowie Omar Haktab Traoré (32 Einsätze) auf der rechten Seite meist die erste Wahl – sollten die noch bis 2023 gebundenen Flügelverteidiger nicht den Abflug machen, steht die solide Basis auch hier. Auch die derzeitigen B-Lösungen Manuel Haas und Davide Itter stehen noch unter Vertrag. Können sich alle weiterhin mit diesen Rollen anfreunden, ist der Bedarf auf diesen Positionen grundsätzlich gering.
Innenverteidiger
Maurice Trapp, Lukas Gugganig und Timo Beermann: Gemessen an den Leistungen früherer Tage ist dieses Verteidiger-Trio für Drittliga-Verhältnisse auf höchstem Niveau anzusiedeln. Allerdings passte insbesondere im Endspurt der Saison, in dem die Niedersachsen erschreckend viel einstecken mussten, nichts mehr zusammen, auch Tempodefizite wurden deutlich. Bei Gugganig ist noch offen, ob es zu einer weiteren Zusammenarbeit über den 30. Juni hinaus kommt. Dazu kommt die Sprunggelenks-OP bei Beermann, die zwar schon zwei Monate zurückliegt, deren Folgen sich aber durchaus noch in die neue Saison ziehen könnten.
Nachgerüstet wurde bereits: Benat Satkus kommt vom 1. FC Nürnberg II, ist als litauischer Nationalspieler eine spannende Personalie und bringt mit 21 Jahren auch altersmäßig frischen Wind in die Riege der Erfahrenen. Das Interesse an Jamil Siebert (Fortuna Düsseldorf) und Lars Dietz (Würzburger Kickers) zeigt, dass der VfL um Sportdirektor Amir Shapourzadeh gewillt ist, weiter nachzurüsten.
Zentrales Mittelfeld
Drei Startelfpositionen sind hier für gewöhnlich zu vergeben, zwei Achter und ein Sechser werden vorzugsweise nominiert. Lukas Kunze (2024) und Sven Köhler (2023) bringen hier das Profil guter Drittliga-Allrounder mit, die zudem überdurchschnittliche Torgefahr erzeugen. Dass Ulrich Taffertshofer als Leader im defensiven Mittelfeld nach einer schwierigen Saison nun zu neuen Ufern aufbricht, ist schmerzhaft. Paterson Chato (zuletzt Türkgücü) soll in diese großen Fußstapfen treten – er hat aber seit Monaten kein Pflichtspiel mehr bestritten.
Dazu verlässt den VfL die stärkste Waffe im eigenen Ballbesitz, Sebastian Klaas wechselt zum SC Paderborn. Dieser Verlust kann kaum gleichwertig kompensiert werden, da Klaas schon Zweitliga-Niveau hatte. Potenzial zur positiven Überraschung hat Jannes Wulff, der von Südwest-Regionalligist Steinbach kommt und in der Zentrale mehrere Positionen besetzen kann. Eine erfahrene Neuverpflichtung wäre auf dieser Position Gold wert. In der Hinterhand ist nach einem verkorksten Jahr dazu noch Oliver Wähling. Ulrich Bapoh verlässt die Bremer Brücke nach zwei unscheinbaren Jahren.
Außenstürmer
Der dritte, besonders schmerzhafte Abgang nach Taffertshofer und Klaas betrifft HSV-Leihgabe Aaron Opoku. Ob auf der linken oder rechten Seite – der 23-Jährige war von der Drittliga-Konkurrenz mit seinem Tempo, seiner Beweglichkeit und Übersicht kaum zu stoppen und sammelte starke 15 Torvorlagen, traf dazu noch dreimal selbst. Vielleicht nicht gleichwertig, aber solide ersetzt ist Opoku auf dem Papier mit Leandro Putaro, der vom SC Verl kommt und dort etwas abseits der Drittliga-Scheinwerfer ebenfalls 15 Scorerpunkte für sich einheimste.
Dort wird er sich mit den wechselhaften Ba-Muaka Simakala und Felix Higl, dem just von einer schweren Meniskusverletzung zurückgekehrten Sören Bertram und Winter-Neuzugang Emeka Oduah, der sein Potential noch nicht entfalten konnte, messen. Dazu hat Talent Jannik Zahmel einen Profivertrag erhalten. Quantitativ passt es also – hinter der Qualität des Flügelspiels steht noch ein Fragezeichen.
Mittelstürmer
Die Zusammenarbeit mit Andrew Wooten entpuppte sich als ein erstaunliches Missverständnis und wurde nach einer Saison wieder beendet. Wer macht künftig die Tore? Etwa einmal mehr Kapitän und Publikumsliebling Marc Heider, der vor wenigen Wochen 36 Jahre alt geworden ist? In der kommenden Saison gibt es eine – auf dem Papier – schlagkräftige Alternative: Der 24-jährige Erik Engelhardt kommt mit der Empfehlung von 18 Toren und 14 Vorlagen für Nordost-Regionalligist Cottbus, schaffte aber zuvor bei Hansa Rostock den Durchbruch in der 3. Liga nicht. Womöglich bleibt es nicht bei dieser immer noch dünnen Besetzung: Will der VfL spieltaktisch variabler werden und auch für Gedankenspiele mit zwei Stürmern ausreichend besetzt sein, sollte noch mindestens ein Neuer kommen, vielleicht auch zwei. Noch sind fast drei Monate Zeit, bis das lange Sommertransferfenster am 1. September schließen wird.