Kommentar: Der VfL hat bereits viele Patronen verschossen

Trainerwechsel, Torwarttausch, Systemumstellung: Der VfL Osnabrück hat im Kampf gegen den Abstieg bereits einige Maßnahmen ergriffen, um das Worst-Case-Szenario zu verhindern. Bisher sind alle Methoden verpufft. Ein Kommentar.

90.+6: Der Anfang vom Ende

Groß war der Jubel, als Jannes Wulff den VfL Osnabrück am 27. Mai 2023 in einem Herzschlagfinale unter damaliger Führung von Trainer Tobias Schweinsteiger in der sechsten Minute der Nachspielzeit doch noch in die 2. Bundesliga schoss. Doch genauso unerwartet wie dieser Aufstieg zustande kam, präsentierte sich die seiner Zeit von Sportdirektor Amir Shapourzadeh zusammengestellte Mannschaft in der zweithöchsten Spielklasse als zu unerfahren. Ziemlich schnell stand folgerichtig der abermalige sofortige Abstieg der Lila-Weißen fest.

Doch anstatt diese Tatsache zum eigenen Vorteil zu nutzen, blieb eine frühzeitige Transferoffensive aus. Vielmehr setzte der seit März des Jahres verantwortliche Sport-Geschäftsführer Philipp Kaufmann in Zusammenarbeit mit Abstiegstrainer Uwe Koschinat auf ein Grundgerüst der Abstiegsmannschaft. Neu-Verpflichtungen zogen sich bis weit in die Vorbereitung in die Länge, und auch bei unter Vertrag stehenden nominellen Leistungsträgern war ein Verbleib lange offen.

Trainer- und Torwartwechsel verpuffen

Als der Saisonstart mit nur fünf Zählern dann missglückte und auch die Spielweise keinen Mut zur Hoffnung machte, musste Koschinat gehen. Dass der VfL in dieser Situation auf den im Profibereich gänzlich unerfahrenen Pit Reimers setzte, kam anschließend überraschend. Und die Kritiker sehen sich bislang bestätigt, ist ein Trainereffekt bislang doch vollständig ausgeblieben. In den sieben Partien unter Reimers' Führung konnten die Osnabrücker lediglich gegen Kellerkind Stuttgart gewinnen.

Der gebürtige Hamburger selbst verschoss ebenfalls bereits eine weitere Patrone, als er nach der 1:3-Niederlage in Bielefeld den völlig verunsicherten David Richter im Tor folgerichtig durch Lukas Jonsson ersetzte. Der seitdem gesetzte Schwede strahlt zwar mehr Selbstbewusstsein in letzter Reihe aus, erwies sich bisher aber ebenfalls noch nicht als starker Rückhalt. Dass der abgelöste Richter in der Kaderplanung vor der Saison als klare Nummer eins verpflichtet wurde, offenbarte sich schnell als Trugschluss.

Systemumstellung ohne Wirkung

Doch nicht nur die Torhüterleistungen sind ein Faktor für die derzeitige Lage beim VfL. Mit einem 4-3-3-System als Grundlage in die Saison gegangen, schaffte die zwischenzeitliche Umstellung auf Fünferkette mehr Unsicherheiten als Besserungen. Nach der Rückkehr zum angestammten System probierte es Reimers gegen Dresden dann mit zwei Spitzen und einer Raute im Mittelfeld. Doch auch diese taktische Anpassung brachte keine Veränderung im Ertrag. Insbesondere das Duell gegen Dresden und das vorherige Spiel in Rostock bestätigen, dass vielmehr die gesamte Kaderzusammenstellung als die taktische Ausrichtung Grund für den aktuellen Tabellenstand sind.

Ob die Verpflichtung von Heiko Flottmann als erfahrenen Co-Trainer nun für Besserung sorgt? Einerseits holt sich der VfL zwar einen Assistenten mit Stallgeruch, der bereits in sämtlichen Positionen im Verein tätig war. Andererseits agierte Flottmann in den letzten Jahren sowohl bei Werder Bremen und auch zuletzt bei Arminia Bielefeld als sportlicher Leiter der Nachwuchsabteilung und hatte dabei wenig mit der täglichen Arbeit auf dem Platz zutun. Auch wenn Geschäftsführer Kaufmann den personellen Zugang als "absoluten Fußballexperten" empfing, der das Trainerteam "perfekt ergänzen" werde, bleibt die Arbeit des neuen Gespanns abzuwarten. Sollte auch diese neue Konstellation nicht zum gewünschten Erfolg führen, bleiben dem VfL – insbesondere Philipp Kaufmann – nicht mehr viele Patronen.

   

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