Kommentar: KFC Uerdingen im Schrecken ohne Ende
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, lautet ein bekanntes Sprichwort. Beim KFC Uerdingen scheint dieser Moment längst erreicht. Der skurrile, in der Öffentlichkeit ausgetragene Streit mit dem Düsseldorfer Stadionbetreiber ist der vorläufige Gipfel einer Tragikomödie, an deren Ende der ohnehin gebeutelte Verein sein verbliebenes Image verspielen könnte. Ein Kommentar.
Bizarres Vorgehen
Es gibt kaum schlimmere Szenarien, als nicht zu wissen, ob der eigene Klub am kommenden Wochenende überhaupt noch antreten kann oder wird. Beim KFC Uerdingen kann das derzeit auf drei Arten und Weisen eintreten. Erstens: Die Krefelder können gegen Ingolstadt nicht spielen, weil sie sich aufgrund von mehreren Corona-Fällen – so meldete es der Verein – in Quarantäne begeben müssen. Zweitens: Sie können nicht spielen, weil sie es sich endgültig mit der Betreibergesellschaft der Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena verscherzt haben, die heimische Grotenburg ein Sanierungsfall ist und kein Ausweichstadion zur Verfügung steht. Die dritte und endgültigste Variante: Der Klub gibt auf, stellt für diese Saison den Spielbetrieb ein und steht als Absteiger fest. Ein Szenario, das offenbar jederzeit eintreten kann. Seit Investor Mikhail Ponomarev seinen Abschied angekündigt und durch das Niederlegen seines Präsidentenamtes zum Teil schon vollzogen hat, scheint die Zukunft des Klubs mehr als ungewiss – trotz aller Ankündigungen, wonach der Spielbetrieb bis zum Saisonende sichergestellt sei.
Man wünscht dem KFC Uerdingen nur noch, sich der aktuellen Situation schnellstmöglich bewusst zu werden. Doch so präsentiert sich der Verein nicht. Das Wort Insolvenz hat der Klub bei seiner Pressemitteilung, die ebenjenes Verfahren infolge eines fehlenden Investors für die Zukunft angekündigt hat, gekonnt umfahren. Jetzt folgte ein bizarrer Schlagabtausch mit "D.Live", Betreiber des Düsseldorfer Stadions, bei dem sich die Krefelder übereinstimmenden Berichten zufolge seit längerer Zeit als unzuverlässiger Mieter erweisen. Ob die Miete nun zu spät kam oder gar mehr überwiesen wurde: D.Live hat den KFC vor die Tür gesetzt. Und natürlich hat dieser das Recht dazu – ganz unabhängig davon, ob, wie Uerdingen argumentiert, das Spiel aufgrund der Corona-Fälle vielleicht ohnehin nicht stattfinden kann. Es ist eben noch nicht abgesagt worden.
Krisenkommunikation aus der Hölle
Das allein ist beschämend genug für Verantwortliche, die in einer Branche mit dem Zusatz "Profi" arbeiten. Und die einst bereits als Mieter des Duisburger Stadions mit rückständigen Zahlungen an Stadiondienstleister in Schlagzeilen geraten sind als auch Spielergehälter mehreren Berichten zufolge nicht immer pünktlich bedienen konnten oder wollten. Woher sich Uerdingen, dessen fragwürdige Zahlungsmoral längst das eigene Ansehen massiv beschädigt hat, nun die Chuzpe genommen hat, die Mietzahlung mit der Begründung zu verweigern, die Partie könne aufgrund der Corona-Fälle ja ohnehin nicht stattfinden, ist höchst rätselhaft. Aufgrund eines vermeintlichen "Vertrauensbruchs" nun "keine Grundlage für eine Weiterführung des Vertrags" zu sehen, sich als "Opfer" darzustellen und gar noch beim DFB Hilfe zu fordern, mutet ebenfalls mehr als skurril an. Es ist nicht weniger als Krisenkommunikation aus der Hölle.
Ist dem KFC bewusst, in welcher Verhandlungsposition er sich derzeit befindet? Selbst wenn ein vorläufiges Ende des Profifußballs in Krefeld mehr und mehr absehbar ist, darf man sich in der Öffentlichkeit nicht derart präsentieren. Es gibt doch weiterhin viel zu verlieren. Mikhail Ponomarev, der über die Vereinskanäle immer wieder verlauten ließ, dem KFC vor seinem Abgang eine Perspektive zu ermöglichen, erreicht mit seinen Statements eher das Gegenteil: Uerdingen wird beim schweren Gang in die ungewisse Zukunft noch für seinen Dilettantismus belächelt. Irgendwann wird man in Uerdingen doch neue Grundsteine legen müssen, beispielhaft in der Regionalliga. Wer will denn dann, ob als kleiner Sponsor oder großer Mäzen, in einen Verein investieren, dessen Ruf völlig ruiniert ist? Klar ist: Der KFC, dem laut dem "Kicker" zuletzt sogar das Internet aufgrund unbezahlter Rechnungen abgestellt wurde, gibt in diesen Tagen kein gutes Bild ab.
Qual für die Anhängerschaft
Jeder weitere Tag der Ungewissheit, die in Wahrheit keine mehr ist, wird für die Anhängerschaft des KFC zur Qual. Dass der taumelnde Klub nun noch selbstbewusst eine solche Schlammschlacht initiiert, dürfte einige Fans vor Scham im Boden versinken lassen. Passend dazu tauchte am Abend ein Foto von einem Spruchband auf, das offenbar vor der Geschäftsstelle des KFC platziert wurde: "Zahlt Miete", ist darauf zu lesen. Auch im Sinne der Fans sollte das Kapitel Ponomarev. Vielleicht wäre der Schrecken am Ende gar nicht mehr so groß – auch wenn es das Aus im Profifußball bedeuten würde. Allemal aber wäre er leichter zu ertragen als der vor einigen Wochen begonnene und immer desaströser anmutende Abgesang.
Ein Bild von der KFC-Geschäftsstelle. Eine Ansage in Richtung Mikhail Ponomarev…
Gepostet von RevierSport am Freitag, 22. Januar 2021