Kommentar: Köhler-Entlassung entfaltet keinen Siegeshunger
Nach acht Jahren beim Halleschen FC muss Sven Köhler seinen Posten als Cheftrainer am Sonntagmittag räumen. Der schwache Saisonstart mit fünf Niederlagen aus sechs Spielen kosteten dem dienstältesten Trainer in Deutschland schließlich den Job. Die Verantwortlichen erhoffen sich von dem Trainerwechsel einen neuen Impuls. Doch hat der bisher fehlende Siegeshunger am Trainer gelegen? Ein Kommentar.
Der falsche Zeitpunkt!?
Immer wieder hatte Sven Köhler in Pressegesprächen betont, dass er seinen Trainerposten nicht als unantastbar ansieht. Im Zweifel würden die üblichen Mechanismen im Profifußball auch in seinem Fall wirken. Der bisher dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball sollte recht behalten. Das für heutige Verhältnisse außergewöhnlich lange Beschäftigungsverhältnis zwischen Sven Köhler und dem Halleschen FC endete letztendlich mit einigen sehr gewöhnlichen Begründungen, weshalb nun also der Schritt der Trennung erfolgen soll. Einen „neuen Impuls von außen“ wolle Michael Schädlich setzen – für die Verwendung dieses Satzes müsste der HFC-Präsident den Abfindungsbeitrag, den Köhler erhalten wird, eigentlich um drei Euro für das Phrasenschwein aufstocken.
Es stellt sich die Frage, warum diese Entlassung gerade jetzt erfolgt. Sicher, drei Punkte aus sechs Spielen sind eine miese Bilanz, die Hallenser haben einen klassischen Fehlstart hingelegt. Aber: Den gab es vor zwei Jahren auch. Trotz vier Niederlagen zum Auftakt erhielt Köhler gemeinsam mit seinen Spielern das Vertrauen des Vorstandes, was sich letztendlich auszahlte. Das Team beendete die Saison auf einem souveränen neunten Tabellenplatz.
Mannschaft wird Entschuldigung geliefert
Auch in der laufenden Saison gab es – bis auf das Heimspiel gegen Kiel – keine Partie, nach der sich sagen ließe, Halle habe zurecht verloren und es wäre nicht mindestens ein Punkt drin gewesen. Auch im Heimspiel gegen Münster zeigten die Saalestädter, dass sie von der spielerischen Klasse her in die Dritte Liga gehören. Präsident Schädlich betonte daher auch, dass er die Defizite nicht in der Fitness oder der Taktik sehe, sondern im Mentalen Bereich. "Die mannschaftliche Geschlossenheit ist so nicht gegeben, die Siegermentalität nicht ausgeprägt“, begründet der Vereinschef den Rauswurf von Köhler.
Statt dem Vertrauen, dass Coach und Team in der Vergangenheit oft stark gemacht hat, wird den Spielern nun mit der Trainerentlassung eine Entschuldigung geliefert. Dass die Mannschaft des Halleschen FC eine andere Mentalität braucht, wurde insbesondere im Derby gegen Magdeburg deutlich. Ob diese aus der Ausrede, der bisher fehlende Siegeshunger habe am Trainer gelegen, hervorgehen kann, ist fraglich.