Kommentar: Stefan Krämer gebührt Respekt

Seit Dienstag ist auch die zweite Amtszeit von Stefan Krämer beim KFC Uerdingen Geschichte. Nach nur drei Siegen aus 14 Spielen in diesem Jahr zogen die Verantwortlichen um Investor Roman Gevorkyan die Reißleine. Ob der Trainerwechsel für den erhofften Impuls im Abstiegskampf sorgen wird, ist offen. Klar ist nur: Stefan Krämer gebührt Respekt. Ein Kommentar.

Probleme in allen Bereichen

Als Krämer Anfang März 2020 zum KFC Uerdingen zurückkehrte, staunten viele nicht schlecht. Schließlich war er im Januar 2019 entlassen worden, obwohl er einen Punkteschnitt von 2,28 aufweisen konnte und der KFC dicht hinter den Aufstiegsplätzen stand. Seine zweite Amtszeit verlief mit einem Schnitt von 1,07 Zählern pro Partie weitaus schlechter – und dennoch ist es bemerkenswert, wie Krämer den Widrigkeiten beim KFC trotzte. Da wären zum Beispiel die Trainingsbedingungen, die nur wenig mit Profifußball zu tun haben. Ende Februar hatte der 54-Jährige diese mit denen einer schlechten Betriebsmannschaft verglichen, da die Krefelder zeitweise nur in der Halle oder auf Kunstrasen trainieren konnten. Unter diesen Umständen – und aufgrund der Tatsache, dass dem KFC aufgrund der Insolvenz drei Punkte abgezogen worden sind – ist es alles andere als selbstverständlich, dass der Rückstand auf das rettende Ufer nur einen Zähler beträgt.

Die Unruhe hinter den Kulissen war ein weiterer Punkt, die Krämers Job erschwerte. Wochenlang war nach dem Anfang Dezember angekündigten Ausstieg von Investor Mikail Ponomarev nicht klar, wie es mit dem KFC weitergehen würde. Und selbst mit dem Einstieg des neuen Investors im Februar war zunächst nicht sicher, ob der Spielbetrieb bis zum Saisonende aufrechterhalten werden kann. Hinzu kam das Insolvenzverfahren, zwischenzeitlich hangelte sich der KFC von Spiel zu Spiel. "Wir wissen nicht, was ab morgen ist", sagte Krämer Ende Februar. "Mit mir hat noch keiner gesprochen." Die Ungewissheit war eine Belastung für Spieler und Trainer.

Zumal die Bedingungen ohnehin schon nicht drittliga-tauglich sind: "Die Spieler müssen ihr Wasser selber kaufen und erhalten seit Monaten kein geregeltes Gehalt, die Physiotherapeuten müssen das Massage-Öl selber bezahlen und die Video-Analysten haben kein Schneideprogramm", monierte Krämer. Erst am 4. März stellte sich Roman Gevorkyan der Mannschaft vor – vier Wochen, nachdem der KFC seinen Einstieg vermeldet hatte. Und auch, dass der KFC noch immer in fremde Stadien ausweichen muss, da die Grotenburg auch fast drei Jahre nach dem Aufstieg weiterhin keine Profibedingungen bietet, hat Krämer die Arbeit erschwert.

Allen Widrigkeiten zum Trotz

Und dennoch ist es dem 54-Jährigen vor allem in den letzten Wochen gelungen, aus den Spielern eine verschworene Einheit zu formen. Erstmals seit dem Aufstieg hatte man das Gefühl, die Mannschaft tritt wirklich als Team auf. Besonders deutlich wurde das beim 4:0 gegen Meppen sowie beim 3:2 in Unterhaching, als der KFC eine zwischenzeitliche 2:0-Führung aus der Hand gegeben hatte. Kurzum: Dass der KFC derzeit unter dem Strich steht, ist Krämer nur bedingt anzulasten – zumal er in den letzten beiden Partien aufgrund von Verletzungen und Corona komplett ohne echten Stürmer agieren musste. Entsprechend bitter war die 1:2-Pleite in Halle am vergangenen Freitag, als Uerdingen bis zur 89. Minute in Führung lag. Natürlich kann man die Aufstellungen und die Wechsel des 54-Jährigen hinterfragen, klar ist mit Blick auf die letzten Monate aber: Vielmehr war nicht möglich. Und ob es ein anderer Trainer besser gemacht hätte?

Dass Krämer trotz der schlechten Trainingsmöglichkeiten, den widrigen Bedingungen im Umfeld und der wochenlangen Ungewissheit nicht das Handtuch geworfen hat, ist ihm hochanzurechnen. Dafür, was er aus den Umständen gemacht hat, gebührt Krämer Respekt. Und selbst sein sicherlich nicht freiwilliger Abschied hat Stil: "Ich wünsche ihnen das Allerbeste und hoffe, dass diese Entscheidung dazu beiträgt, dass der KFC die Liga halten kann." Ob den Krefeldern nun ohne Krämer die Wende gelingt? Nach seiner ersten Entlassung im Januar 2019 war das Gegenteil der Fall. Und auch in Erfurt und Magdeburg ging es anschließend bergab.

   

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