Kosta Runjaic – Der stille Meistermacher
Kosta Runjaic ist kein Mann großer Worte. Der Fußballlehrer aus dem südhessischen Rüsselsheim wirkt stets ruhig, nüchtern, manchmal sogar etwas unnahbar. Aber genau diese Attribute sind es, die dem SV Darmstadt 98 in der Vergangenheit oft fehlten. Viel zu häufig sprach man am Böllenfalltor von einem Neuanfang, einem Angriff zurück auf die große Bühne Profifußball. Gescheitert sind die Versuche jedoch allesamt, seitdem die „Lilien“ im Jahre 1993 zum bislang letzten Mal auf der großen Fußballbühne auftraten und aus der zweiten Bundesliga abstiegen.
Hospitanz beim FC Barcelona
Was folgte, waren bittere Jahre für den Traditionsverein und ein stetiges Pendeln in Regional- und Oberliga, zwischenzeitlich stand der Verein sogar vor der Insolvenz und dem Absturz in die 6. Liga. Als Lilien-Präsident Hans Kessler dann schließlich den damals 39-jährigen Runjaic als Nachfolger des glücklosen Zivojin Juskic aus dem Hut zauberte, staunten die Fans nicht schlecht. Einen „unverbrauchten, aufstrebenden Trainer ohne Darmstädter Vergangenheit“ wollte man haben, so Kessler. Erwartet hatte man im Umfeld des Traditionsvereines jedoch einen etwas „größeren“ Namen. Dabei liest sich die Vita des jungen Fußballlehrers nicht schlecht: Hospitanzen bei Arsene Wenger in London, beim FC Barcelona, Fenerbahce Istanbul und Roter Stern Belgrad. Dazu von 2002 bis 2004 Stützpunkttrainer beim DFB in Bad Soden.
Das Runjaic vorher ansonsten lediglich als Co-Trainer beim VfR Aalen, dem 1. FC Kaiserslautern II und als Chefcoach beim SV Wehen-Wiesbaden II tätig war, spielte bei der Entscheidung des Vorstandes keine Rolle. Denn das ist der Weg, den der „neue“ SV Darmstadt 98 geht: Junge, talentierte Akteure, wenige große Namen. Dies gilt auch für den Trainer. Und dass dieser mit bescheidenen Mitteln viel erreichen kann, zeigte er bereits in Wehen, als er dort die 2. Mannschaft von der Oberliga in die Regionalliga führte: „In Wehen war damals alles auf die erste Mannschaft fokussiert, die in die Zweite Liga aufstieg.“ erklärt Runjaic.
Mit erfrischendem Offensivfußball zum Erfolg
Mit viel Akribie beförderte der dreifache Familienvater den erneut taumelnden Traditionsverein vom Böllenfalltor schnell aus der Abstiegszone und sicherte mit den Lilien in der Saison 2009/2010 am Ende vorzeitig den Klassenerhalt. Streng dem mittlerweile ausgegebenen 3-Jahres-Plan folgend, nach dem die Lilien in den nächsten drei Spielzeiten in die 3. Liga aufsteigen sollten, ging Runjaic als Trainer und sportlicher Leiter mit der Zielsetzung „gesicherter Mittelfeldplatz“ in die Regionalligasaison 2010/2011. Und der Rüsselsheimer bewies Augenmaß bei der Auswahl seiner Spieler. Eine gelungene Mischung aus erfahrenen und jungen Akteuren ließen schnell die Bedenken verschwinden, dass die „Lilien“ erneut gegen den Abstieg spielen würden. Mit erfrischendem Offensivfußball begeisterten Runjaic und sein Team zu Saisonbeginn die Fans und hielten bis zur Winterpause Anschluss zum Tabellenführer aus Kassel.
17.000 Fans feierten den Aufstieg
Es kann wohl keiner sagen, wie die Saison verlaufen wäre, hätten nicht die SpVgg. Weiden und der SSV Ulm während der Saison Insolvenz angemeldet und den Spielbetrieb eingestellt. Die Lilien profitierten von den damit verbundenen Punktverlusten der Konkurrenz und zogen nach anfänglichen Startschwierigkeiten mit neun Siegen in Serie ihren Gegnern davon. Clevere Verstärkungen in der Winterpause wie der ehemalige Eintracht-Keeper Jan Zimmermann oder Ex-Bundesligaprofi Abdelaziz Ahanfouf waren ohne Frage ein Schlüssel dazu. Am Ende stand mit dem 4:0-Erfolg im abschließenden Heimspiel gegen den FC Memmingen vor rund 17.000 Zuschauern die verdiente, aber zu Beginn der Saison kaum für möglich gehaltene Rückkehr in den bezahlten Fußball. Kosta Runjaic hatte es wieder einmal geschafft, aus einem für unterlegen gehaltenen Team das Maximum herauszukitzeln.
Der SV Darmstadt 98 geht als Aufsteiger nun mit einem für Drittligaverhältnisse bescheidenen Etat von rund 3 Mio. Euro in die neue Saison. Doch Kosta Runjaic wird auch mit diesen beschränkten Mitteln wieder einen konkurrenzfähigen Kader zusammenstellen. Und so ist den „Lilien“ auch in der neuen Spielzeit durchaus zuzutrauen, das Überraschungsteam der Liga zu werden.